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2416 - Mythos Scherbenstadt

Titel: 2416 - Mythos Scherbenstadt
Autoren: Unbekannt
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ich nicht so leicht die Ruhe. Wahrscheinlich hatte ich selbst zu viel Zeit damit verbracht, mit der SOL das Universum zu erforschen und Abenteuer zu erleben. Auch wenn ich nur einen lächerlich kleinen Teil ihres „Lebens" geteilt hatte.
    Ich merkte, wie mir unwillkürlich die Augen vor Erregung tränten. Wie oft hatte ich die SOL schon verloren geglaubt. Und dann ... wie sie wieder erstanden war nach den Jahrhunderten als Orakel von Krandhor, wie sie durch Shabazza umgerüstet in ihrer goldenen Carit-Hülle aufgetaucht war ... dramatische, starke Erlebnisse ...
    Ich ließ mich in den Sessel fallen, der direkt neben Indicas stand. Wie zufällig berührte meine Hand dabei ihre. Weder Indica noch ich zogen sie zurück. Ein leichtes Kribbeln ging von der Stelle der Berührung aus.
    Etwas Tröstliches lag darin, etwas, das mir innere Ruhe verlieh, die ich dringend nötig hatte. Zwar gab es für mich als Expeditionsleiter des Hangay-Geschwaders momentan keine besonderen Aufgaben, aber zu viele Fragen quälten mich.
    Die RICHARD BURTON samt den drei LFT-BOXEN ATHOS, PORTHOS und ARAMIS reisten im Linearraum in Richtung Kosichi, dem Stützpunkt der Noquaa-Kansahariyya Hangay, des „Neuen Bundes der Zweiundzwanzig von Hangay", der womöglich einzige Widerstand in dieser Galaxis gegen die Herrschaft der Terminalen Kolonne. Dort warteten die übrigen Einheiten des Hangay-Geschwaders auf unsere Rückkehr.
    Im Linearraum befanden wir uns in Sicherheit; deshalb hatte ich darauf gehofft, die Zeit nutzen und ungestört mit Dao-Lin-H’ay sprechen zu können.
    Doch Amanaat-Marmeen, die zuständige Medikerin, hatte uns vertröstet. Es dauere mindestens eine Stunde, bis die Patientin aus dem Heilkoma geweckt werden könne.
    Ein Blick auf das Armbandchronometer ergab, dass von dieser Stunde bereits neunundfünfzig Minuten vergangen waren.
    Zeit genug, die ich untätig verbracht hatte.
    Ich stand auf.
    Dr. Indica warf einen Blick auf ihre nun wieder einsame Hand – beiläufig und wie nebenbei, aber mir entging er nicht. „Was hast du vor?"
    „Ich gehe rein. Die Wanderpflanzen-Medikerin wird Dao-Lin-H’ay wecken, und wenn ich es ihr befehlen muss."
    „Du kannst einer Medikerin nichts befehlen."
    „So?", fragte ich. „Kann ich das nicht?"
     
    *
     
    Nein, kannst du nicht, sendete Amanaat-Marmeen telepathisch, ehe wir in die Medostation eintraten. Die Wanderpflanze kommunizierte entweder telepathisch oder mithilfe von Duftwolken, die von einem Analysegerät aufgenommen und in verständliche Sprache verwandelt wurden. Herkömmliche akustische Sprache stand ihr nicht zur Verfügung.
    Unverdrossen drückte ich trotz ihrer spitzen Bemerkung auf den Auslöser, der das Schott zur Seite zischen ließ.
    An den bizarren Anblick der Medikerin hatte ich mich inzwischen gewöhnt.
    Ich war bereits einige Male auf die Morannii getroffen. Der knollenförmige Körper samt dem großblättrigen Kopfsegment maß über zwei Meter. Amanaat-Marmeens medizinische Fähigkeiten brauchten sich hinter denen eines Aras nicht zu verstecken, auch wenn sie auf den ersten Blick wie eine etwas zu groß geratene Zierpflanze wirkte.
    Rote Dornen saßen auf dem grünen Leib und signalisierten, dass es nicht klug war, sich ihr zu nähern – die Wirklichkeit sah ganz anders aus. Wer sich in ihre Obhut begab, hatte die besten Aussichten auf Heilung. Die Dornen waren wohl ein evolutionäres Überbleibsel aus der Frühzeit ihres Volkes.
    „Ich kann was nicht?", fragte ich beiläufig.
    Mir etwas befehlen.
    „Du hast gelauscht?" Ich legte einen vorwurfsvollen Unterton in die Worte. Es konnte nichts schaden, der Wanderpflanze ein schlechtes Gewissen zu suggerieren. Ihr Volk legte besonderen Wert auf höflichen Umgang – vielleicht fühlte sie sich mir auf diese Weise verpflichtet.
    Doch da täuschte ich mich gewaltig.
    Ich weiß, was du vorhast, Atlan. Vergiss es. Wer hier unhöflich ist, bist du, denn du zweifelst meinen Umgang mit der Patientin Dao-Lin-H’ay an. Das kratzt an meiner Ehre, und es gefällt mir gar nicht.
    Ihr Kopfsegment neigte sich. Aus der Fangklappe löste sich ein Wassertropfen, der direkt vor meinen Füßen auf den Boden platschte. Morannii-Wanderpflanzen ernährten sich teilweise durch Aufnahme von Fleisch über die Fangklappe – war das, was ich soeben beobachtet hatte, also eine Art Speichelabsonderung gewesen?
    Eine gänzlich unpassende Analogie, belehrte mich der Extrasinn, und es verwirrte mich, gleich mit zwei Gesprächspartnern
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