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241 - Splitterzeit

241 - Splitterzeit

Titel: 241 - Splitterzeit
Autoren: Manfred Weinland
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alle Brände erstickt sind.« Er seufzte. »Ja, Regen. Ein ergiebiger Schauer wäre das Wunder, auf das alle hoffen!«
    Matt nickte. »Danke.« Er wollte weiter.
    »Warten Sie.«
    »Ja?«
    »Wohin wollen Sie? Wenn Sie Ihr Heim verloren haben, sollten Sie zusehen, dass sie aus der Stadt herauskommen – nicht tiefer in sie hineinlaufen.«
    »Das geht nicht. Ich habe auch einen Freund. Und niemand weiß, wie es ihm geht. Ich muss zur Fillmore Street.«
    Der Fremde nickte. »Viel Glück. Die Fillmore steht noch. Beeilen Sie sich!«
    Matt lächelte. »Das werde ich.«
    Unter dem Hall immer neuer Detonationen tauchte er in die Schatten ein. Aber es dauerte noch Stunden, bis er sich zur Fillmore durchgekämpft hatte.
    Gegen Mitternacht erreichte er sie. Aber die Suche nach dem Schuppen, in dem Whiteheads Werkstatt untergebracht sein sollte, beanspruchte noch eine quälend lange Zeit, in der die Zweifel und Sorgen um den eigentlich völlig Fremden minütlich wuchsen.
    Im Grunde wusste Matt selbst nicht, was ihn so nachhaltig nach Gustave Whitehead forschen ließ – wahrscheinlich wäre es vernünftiger gewesen, sich sofort den Pacific Heights zuzuwenden. Dem Ort, wo sich die Zeitblase befand, die ihn hierher befördert hatte.
    Wahrscheinlich war Crow ebenfalls dort – oder dort gewesen. Matt hegte keinerlei Zweifel über die Absichten des Generals.
    Aber da war etwas, das ihn daran hinderte, mit leeren Händen zur zerstörten Whitehead-Farm zurückzukehren: Louise und Rose. Er hatte ihnen versprochen, nach ihrem Ehemann und dem Vater der Kleinen Ausschau zu halten, und Louise hatte ihm sogar ein Foto gezeigt, das ihm helfen sollte, Gustave in all dem Chaos zu identifizieren…
    Nein, entschied er. Ich breche kein Versprechen. Crow mag ohnehin längst über alle Berge sein. Ich werde herausfinden, was aus Whitehead geworden ist, und dann kehre ich zum Zeittor zurück.
    Er wusste nicht, ob er wirklich so verschwenderisch mit der Zeit haushalten durfte. Aber nun war er ohnehin kurz vor dem Ziel – der Adresse, die ihm Louise genannt hatte.
    Da vorne ragte sie auf: die kleine Wellblechhalle, die den Widerschein der Brandherde reflektierte, ansonsten aber völlig finster dalag.
    Hier ist niemand mehr, war Matts erster Gedanke.
    Doch er sollte sich in einer Weise irren, die er nie erwartet hätte.
    ***
    Zur gleichen Zeit, in der Zeltstadt
    »Warum hat der Mann gelogen?«, fragte das kleine Mädchen seine Mutter, die im Inneren einer der provisorischen Unterkünfte auf einem Hocker saß und krampfhaft ins Leere starrte. Wenigstens hatten sie ein Dach über dem Kopf und etwas zu essen bekommen. Auch wenn es nur Brot gewesen war und nichts außer Wasser dazu, hatte die kleine Rose mit Appetit gegessen, während Louise Whitehead kaum einen Bissen herunterbekam. Die Verzweiflung war wie eine Monsterwelle über sie hereingebrochen, und seither war nur noch ein Gefühl von Leere und Betäubung in ihr.
    Ja, warum hatte der Mann, der sich Crow nannte, sie angelogen? Gustave war hier nirgendwo. Sie hatten jedes einzelne Zelt abgeklappert, jeden Menschen, dem sie begegneten, nach ihm gefragt und sein Bild herumgezeigt.
    Vergeblich.
    Hatte Crow sie nur trösten wollen? Mit jeder Stunde, die verstrich, glaubte Louise mehr daran.
    »War der Mann böse, Mum?«
    Sie zwang sich dazu, ihren Blick aus der dunklen Ferne zurückzuholen, und schüttelte den Kopf. »Nein, Liebes. Er hat dich aus dem brennenden Haus gerettet – schon vergessen? Böse Leute tun so etwas nicht.«
    Das Mädchen schien mit der Antwort nicht zufrieden. »Kann jemand nicht manchmal gut und ein anderes Mal böse sein, Mum?«
    Doch, dachte Louise traurig, das geht. Aber ein Kind muss das noch nicht wissen. Erst recht kein Kind, das gerade seinen Vater verloren hat und dessen Mutter selbst noch nicht weiß, wie sie das ertragen soll…
    Sie fasste ihre Tochter am Arm und zog sie zu sich heran. »Ach, Kind.«
    »Du weinst ja, Mum…«
    »Das ist der Rauch… Spürst du nicht, wie er in den Augen brennt?«
    Rose schüttelte den Kopf. Das Tuch, das vor dem Zelteingang hing, wurde beiseite geschlagen. Ein Mann trat ein. Seine Augen mussten sich erst an den Schein der Petroleumlampe gewöhnen. Dann aber gab es kein Halten mehr.
    Lange vor ihrer Mutter erkannte die kleine Rose den Besucher. Als sie »Dad!« rief und sich von der Hand ihrer Mutter befreite, starrte Louise immer noch in die andere Richtung, hatte den Eintretenden gar nicht bemerkt. Zögerlich nur wandte sie ihr
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