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240 - Zeitsplitter

240 - Zeitsplitter

Titel: 240 - Zeitsplitter
Autoren: Manfred Weinland
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aus seinem eigenen Körper kam. Doch es blieb still, und beides, Stille und Einsamkeit, legte sich wie ein Tonnengewicht auf seine Schultern.
    Er wollte sich gerade im Inneren des Wracks verkriechen, weil es dort erträglicher schien als hier draußen, da…
    … veränderte sich doch etwas in seiner Umgebung.
    Zuerst sah Staff Sergeant Jefferson Parker nur eine tanzende Aureole. Sie war grünviolett, und sie bildete Figuren, die den Betrachter mit offenem Mund dastehen ließen. Ein Polarlicht!
    Parker hatte das Gefühl, sich in den Mustern zu verlieren, die in permanenter Bewegung waren. Gewaltsam riss er sich davon los… und merkte zu seiner Verblüffung, dass er sich gut zwanzig Schritte vom Wrack entfernt hatte und auf die Lichterscheinung zumarschiert war.
    Abrupt blieb er stehen. Sein Verhalten schien ihm haarsträubend, und er konnte nicht sagen, dass es ihm gefiel, wenn er Dinge tat, die ohne sein willentliches Zutun geschahen. Unwillkürlich ballte er die Hände zu Fäusten und starrte fast zornig zu der Aureole, die noch immer so weit von ihm entfernt zu sein schien wie am Anfang.
    Dafür stieg aus dem Boden unter ihr plötzlich Dampf auf, und Parker hörte etwas, das klang wie… ja, wie ein Zischen, das von ganz weit weg – oder von ganz tief unten – zu ihm drang.
    Und dann… ging alles ganz schnell.
    Kreisrund war die Fläche, die vor ihm plötzlich absackte. Gleichzeitig wurde das Geräusch lauter, hörte sich jetzt an wie das Rumoren im Magen eines ausgehungerten Riesen.
    Oder –
    Verdammt!, dachte Parker, als ihm die einzig logische Erklärung in den Sinn kam, die so etwas vielleicht auslösen konnte.
    Sie hatte nichts Beruhigendes und ließ wenig Spielraum für Hoffnung. Aber was sonst sollte dahinter stecken, als ein Vulkan unter dem Eis, der kurz vor dem Ausbruch stand?
    Er warf sich herum und begann zu rennen.
    ***
    Eben noch hatte er damit gehadert, nicht anstelle von Huxley beim Absturz umgekommen zu sein. Und nun trieben ihn seine Instinkte wie mit Peitschenschlägen aus der Gefahrenzone.
    In Parkers Vorstellung erwachte hinter ihm der brüllende Vulkan zum Leben. Er hatte keine Ahnung, ob es überhaupt Vulkane am Südpol gab, aber das Zittern, das sich durch die Eis- und Schneedecke bis in seine Füße fortpflanzte, gepaart mit dem aufsteigenden Dampf, jagte ihm das Adrenalin durch die Adern und ließ ihn alle Strapazen der vergangenen Stunden vergessen.
    Die Panik mobilisierte Reserven, von deren Existenz Parker nicht einmal geahnt hatte. Er rannte, stolperte, fiel, rappelte sich wieder auf, rannte weiter, strauchelte…
    Ein Blick zurück ließ seine Beine vergessen, wozu sie gebraucht wurden. Wie weiland Lots Weib erstarrte er zur Salzsäule. Wenn das Vorboten eines Vulkanausbruchs waren, dann musste die Magmaglut gleich über Parker kommen. Hinter ihm staute sich eine Nebelwand, die hoch in den Himmel stieg und jeden Blick auf das verhinderte, was die Dampfentwicklung verursachte.
    Fakt war, dass sich der Boden unter Parkers Stiefeln beruhigte. Die Vibration verebbte. Auch das dumpfe Rumoren verstummte.
    Nichts bewegte sich mehr. Die Natur, oder was immer hier wirkte, belegte alles mit lähmender Starre, inklusive Parker und den hohen Dampfvorhang. Vermutlich nicht nur wie eingefroren stand die Mauer aus winzigsten Wassertröpfchen in der Luft.
    Dann stürzte die Wand ein. Mit dem ganz leisen, doch abermilliardenfachen Klimpern und Klirren klitzekleiner Eiskristalle fiel sie in sich zusammen, verschwand, wie es aussah, direkt im Boden und gab nun endlich frei, was dahinter versteckt entstanden war. Oder einen Teil davon wenigstens.
    Denn mehr als die ersten Ausläufer eines riesigen Kraters im Eis konnte Parker zunächst nicht erkennen.
    Fließendes Wasser und Dampf malten seltsam lebendig wirkende Muster auf die wie ein Trichter nach unten führende Wand. Dann gewann die Kälte die Oberhand, und die Muster gefroren – zu bizarren, fremdartigen Bildern, wie es Parker im allerersten Moment vorkam. Auch dieser Eindruck verging, und nun sah er nichts weiter als den Teil einer ringförmigen Schräge aus wie poliert wirkendem Eis.
    Darüber hing und waberte immer noch wie eine eigenwillig geformte und gefärbte Wolke das Polarlicht… das in Wahrheit etwas ganz anderes sein mochte.
    Aber was?, fragte Parker sich. Weiter ließ ihn plötzliches Erschrecken nicht denken.
    Wieder hatte er sich nämlich in Bewegung gesetzt, ohne es zu wollen. Schon hatte er die halbe Strecke bis zum
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