Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

2377 - Escher

Titel: 2377 - Escher
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
stummelförmige Flügel aus und erhob sich in die Luft. Er schwirrte über einen Tümpel, aus dem blaue Wasserpflanzen ragten, deren Blütenkelche nach ihm schnappten, ohne Aussicht, ihn zu erreichen. Stattdessen kappte der Insektoide mit dem hornigen Ende eines Hinterbeins den armdicken Stiel einer Pflanze und schlürfte die weißlichschleimige Flüssigkeit, die daraus rann. „Er saugt sie aus", flüsterte Savoire und kicherte. Der Anblick löste eine Assoziation aus: Es atmet Dunkelheit und spuckt Licht.
    Savoire wankte weiter und schalt sich selbst einen Narren. Er durfte nicht überall Verfolger sehen, das verschlimmerte alles nur. Er war entkommen, und diesen Triumph konnte ihm niemand nehmen.
    Nun musste er nur noch seine Zielperson erreichen.
    Ohne weitere Zwischenfälle verließ er den Bereich des Feuchtbiotops, zog an Hainen aus Olivenbäumen vorbei, in denen er niemandem begegnete außer zwei terranischen Teenagern, die sichtlich mit sich selbst beschäftigt waren und nichts davon ahnten, welche Gefahr nicht nur draußen im All, sondern ganz in ihrer Nähe wuchs. Nur wenige Gehminuten entfernt, mitten in der Thora Road im Herzen Terranias.
    Eine Schweißperle rann ihm über die Stirn; er wischte sie weg. Ihm wurde übel, als er dabei ein zähes Sekret im Augenwinkel spürte. Das war nicht gut. Gar nicht gut. Er kam nur langsam voran, aber irgendwann stand er vor dem Residenz-See, über dem die Solare Residenz schwebte. Die gewaltige Stahlorchidee ragte mehr als 1000 Meter in die Höhe.
    Er hatte sein Ziel erreicht.
    Zumindest fast. Bis hierher wäre jeder gekommen. Dr. Laurence Savoire wollte nicht nur den öffentlich zugänglichen Teil der Residenz aufsuchen, sondern den am besten abgesicherten Bereich.
    Ein Schauer lief ihm über den Rücken, als er neben sich eine Bewegung erahnte. Als er sich drehte, war nichts zu sehen. „Immer ruhig", sagte er und kümmerte sich nicht darum, ob ihn jemand hörte und womöglich für verrückt hielt. Er hatte genug damit zu tun, den neuerlichen Anfall von Panik und Verfolgungswahn abzuschütteln.
    Er ging weiter, stumpfsinnig wie eine Maschine, und als sich die Tür des volltransparenten Lifts schloss, wusste er nicht, wie er hineingelangt war. Die Kabine setzte sich in Bewegung und sauste nach oben.
    Der Ausblick über den Residenzpark und weite Teile Terranias war angeblich überwältigend. Savoire war das in diesen Momenten völlig gleichgültig - er hielt das Auge geschlossen, um die stetig zunehmende Übelkeit zu unterdrücken. Die Hände zitterten ihm, der Magen schlug in der Kehle Kapriolen. Nur weil er sich anlehnte, stand er noch aufrecht.
    Irgendjemand redete mit ihm. Die Worte wanden sich in seinen Ohren und verwandelten sich auf dem Weg ins Gehirn in völlig sinnlose Laute, die ihn zum Kichern reizten. Er beherrschte sich nur mühsam.
    Ein kaum merklicher Ruck ging durch die Kabine. Savoire öffnete das Auge. Er spürte schmerzhaft, wie sich die beiden dicht nebeneinander liegenden Pupillen ruckartig verengten. Das Licht bohrte sich wie glühende Nadeln durch seinen Kopf. „Untere Spitze."
    Diese Worte, gesprochen von einer perfekt modulierten mechanischen Stimme, verstand er, weil er auf sie gewartet, sie mit jedem Atemzug herbeigesehnt hatte.
    Der Lift hatte seine Endstation erreicht.
    Savoire stieß sich mit beiden Händen von der transparenten Außenhülle ab und ging einige Schritte. „Ich fühle mich wohl, ich bin nur müde", sagte er, so laut er konnte.
    Er wusste, welchen erbärmlichen Anblick er bot, und musste verhindern, dass irgendjemand Ordnungskräfte rief. „Meine Tochter wartet auf mich."
    Außer ihm verließen drei weitere Besucher die Kabine. Keiner kümmerte sich um ihn.
    Seine Lüge erfüllte ihren Zweck.
    Er sah sich um. Alles strahlte zwar Zweckmäßigkeit, aber auch unbestreitbare Eleganz aus. Das Design der Beleuchtungskörper, die dezent positionierten Pflanzen ... die holografischen Hinweisschilder ... die Infoterminals ... die schlicht gestalteten Stühle an den Wänden ... die sich in Farbräuschen ergehenden Bilder... Infoterminal.
    Darin lag die Rettung. Dr. Laurence Savoire musste nur drei Schritte zurücklegen, um eines zu erreichen.
    Eine dürre, beinahe filigrane Gestalt stand davor und brachte mindestens tausend Details in Erfahrung, während sich Savoire erneut Schweiß aus dem Gesicht wischte.
    Wann war dieser Kerl endlich fertig? Und welchem Volk gehörte er überhaupt an?
    Diese zartgrüne Haut, die übergroßen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher