Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

2310 - Strukturpiloten

Titel: 2310 - Strukturpiloten
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
den „Tellerrand" von Aram Tachady hinauszublicken. Denn privater Personenverkehr zwischen den sieben Systemen fand grundsätzlich nicht statt.
    „Für persönliche Freizeit-Vergnügungen dürfen Leben und Gesundheit der Besatzungen nicht aufs Spiel gesetzt werden", hieß es.
    Nicht erst seit dem, was er letzte Nacht erfahren hatte, argwöhnte Kempo, dass die Gefahren maßlos aufgebauscht wurden. Solang er sich erinnern konnte, waren alle seine Verwandten heil von ihren Einsätzen zurückgekehrt.
    Eher ging es wohl darum, den Status der Strukturpiloten zu erhalten – und die große Mehrheit der planetaren Bevölkerung in kleinkarierter Dumpfheit versauern zu lassen.
     
    *
     
    Vor dem Abendessen, am Tisch der Gemeinschaftsküche, wurde das traditionelle Gebet an die Schutzherren gesprochen. Kempo lief es dabei kalt über den Rücken.
    War er wirklich der Einzige in der gut dreißig Köpfe zählenden Runde, der nicht felsenfest daran glaubte, dass die Lebenssphäre eine Kugel war? Beschränkt auf einen Radius von zwölf Lichtjahren mit dem verbotenen – warum auch immer „Golden" genannten – System im Mittelpunkt?
    Aber er fragte nicht. Stattdessen erkundigte er sich, während er half, die Dessertteller abzuräumen, bei einer seiner dienstfreien Tanten nach Sheerdurn.
    „Wie kommst du denn auf den?", erwiderte sie. „Lebt er überhaupt noch?"
    „Mein Kumpel Petak prahlt damit herum, ihn kürzlich getroffen zu haben.
    Der Alte hätte ihm allerlei wirres Zeug vorgebrabbelt."
    „Das könnte passen", meinte die Tante nachdenklich. „Warum interessiert dich das?"
    „Petak sagt, Sheerdurn sei früher ein legendärer Pilot gewesen, noch viel wagemutiger als alle aus unserer Familie.
    Ich würde dem Blödmann gern sein großes Maul stopfen."
    Diese etwas frisierte Form der Geschehnisse hatte sich Kempo vorsorglich zurechtgelegt; er agierte auf gefährlichem Terrain und wollte sich nicht verplappern.
    „Bedaure, Kleiner. Dein Freund hat Recht. Zu seiner Zeit war Sheerdurn einer der berühmtesten Flieger unserer Zunft; ein Vorbild, dem wir Jungen nacheiferten. Übrigens gehörte er auch zu den Prüfern und späteren Ausbildern deines Vaters."
    „Aber warum ist er dann heute so ...
    komisch? Verwahrlost, ein regelrechtes Wrack? – Hat Petak gesagt", fügte Kempo rasch hinzu.
    „Er geriet in einen Struktursturm.
    Ohne eigenes Verschulden, soviel ich weiß." Bei diesen leisen, düsteren Worten war ihr Blick in unbestimmte Fernen gerichtet. „Danach war er nur mehr ein Schatten seiner selbst."
    „Wieso? Was bewirkt ein ...?"
    Die Tante drückte das Kreuz durch, stemmte den Busen heraus. „Das verstehst du nicht. Dafür bist du noch zu jung. Komm, sei brav, sammle die restlichen Löffel ein und trag sie zur Spüle, dann darfst du dir zur Belohnung ein Leckerli nehmen."
    „Danke."
    Innerlich kochte Kempo. Darauf lief es immer hinaus, wenn endlich einmal ein packendes Thema auf dem Tisch lag: Das verstehst du nicht, bist noch zu klein, ab zur Spüle.
    Steckt euch eure Leckerlis sonst wohin!
     
    *
     
    Sheerdurn hielt Wort.
    Er erschien eine Halbstunde zu spät am vereinbarten Treffpunkt, dem Einstieg beim Frachthafen, aber immerhin, er kam angewackelt, gebückt, Unverständliches vor sich hin fluchend. Vielleicht hatte er ja auch aus einem Versteck beobachtet, ob Kempo seinerseits ihre Abmachung einhielt und nicht doch ohne ihn loszog.
    „Die Unterstadt hat es dir angetan, was?", brummelte er an Stelle einer Begrüßung.
    „Oh ja. Dir etwa nicht?"
    „Weil ich dort meinen Frieden habe.
    Und jetzt halse ich seniler Idiot mir dich Quälgeist auf! Na schön, gehen wir, damit wir’s flott hinter uns bringen."
    Sie kletterten die Leiter hinab. Auf der dritten Sub-Ebene nahm Sheerdurn nicht den breiten Gang, der vom Besucherfoyer zum Planetarium verlief; sondern er führte Kempo durch ein Labyrinth von engen Tunneln, Nottreppen und Schächten. Der Alte schien sich hier so gut auszukennen wie in den ausgebeulten Taschen seiner Montur, wenn nicht sogar besser. Das Hinken, das er oben noch an den Tag gelegt hatte, war auf einmal wie weggeblasen.
    Irgendwann zwängten sie sich durch ein niedriges, quietschendes Schott – und dann standen sie plötzlich vor der Dolbe.
    Kempo stockte der Atem. Der Saal, in den sie blickten, war riesig, die gewaltigste Halle, die er je gesehen hatte.
    Dennoch schien das ovale Schiff sie beinahe zu sprengen: vor schierer Masse und geballter, schlummernder, doch spürbar präsenter
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher