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2310 - Strukturpiloten

Titel: 2310 - Strukturpiloten
Autoren: Unbekannt
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ungleich verhängnisvollere Komponente innewohnte, verschwieg Sheerdurn. Sich selbst gegenüber rechtfertigte er diesen Vorbehalt damit, dass in zwei Jahren noch eine Menge passieren konnte.
    Einstweilen wollte er Kempo nicht unnötig verängstigen.
    Wie es bei dem hellwachen Jungen nicht anders zu erwarten gewesen war, fragte er, wieso er nicht schon in diesem – oder wenigstens im nächsten – Jahr zur Charon-Prüfung antreten durfte.
    Grund dafür war, erläuterte Sheerdurn, die erwähnte Pubertät, welche bei Kempo körperlich definitiv noch nicht eingesetzt hatte. Diese musste unbedingt abgewartet werden. Manchmal stellte das Kollegium extreme Spätentwickler sogar bis zum dreizehnten Lebensjahr zurück. Denn sehr oft manifestierten sich die Gaben erst im Rahmen der hormonellen Umschwünge.
    Andererseits – und diese Sorge konnte er dem Bengel nicht ersparen – kam es selten, aber doch vor, dass sich dadurch ein bereits rudimentär entfaltetes Talent auch wieder zurückbildete.
    Mit dieser kleinen Ungewissheit musste er leben.
    Sheerdurn zweifelte freilich keine Sekunde daran, dass sein Schützling zum Strukturpiloten berufen war wie wenige vor ihm. Dessen erstes Zusammentreffen mit der DORYNA war einem Offenbarungs-Erlebnis gleichgekommen. Und Kempo wurde sowieso derart von Selbstvertrauen durchglüht, dass er die Möglichkeit eines Scheiterns bei der Charon-Prüfung gar nicht in Betracht zog.
    Ja, die Prüfung. Sie diente dazu, jene Jugendlichen zu identifizieren, die für eine Laufbahn als Strukturflieger geeignet waren. Den entscheidenden, wenngleich nicht allein ausschlaggebenden Faktor stellten dabei die Gaben dar.
    Der Piloten-Sinn ermöglichte, die Ströme von Raum und Energie, die im Gestöber außerhalb der Sonnensysteme herrschten, paranormal zu erfassen.
    Die Piloten-Kraft gestattete ihnen, je nach individueller Stärke die Strömungen ringsum willentlich zu beruhigen und räumlich begrenzt zu stabilisieren.
    Besonders Fähige vermochten kugelförmige „Strukturaugen" von bis zu vier Kilometern zu erschaffen.
    Nur wenn sie, nach gediegener Ausbildung, beide Fertigkeiten vollkommen beherrschten, waren sie in der Lage, eine Strukturdolbe durch die Hyper-Verwirbelungen zu steuern. Da es sich um zwei verschiedene Talente handelte, die aber ausnahmslos gemeinsam auftraten, wurde stets im Plural von „den Gaben" gesprochen.
    Um diese zu entfalten und wach zu halten, benötigten die Flieger permanente Nähe zum Strukturgestöber. Deshalb kreuzte Aram Tachady wie alle Pilotenstädte hart an der Systemgrenze.
    Wurden nämlich die Hirnregionen, die als Sitz der Pilotenkraft und des Pilotensinns galten, nicht oft genug entsprechenden Reizen ausgesetzt, kam es zu Degenerationen, die sich im Alter fast immer zu Schwachsinn summierten.
    Strukturpiloten mussten also die meiste Zeit ihres Lebens in der Nähe des Gestöbers verbringen. Dies galt auch für aus dem aktiven Dienst ausgeschiedene oder solche, deren Potenzial sich während der Fortbildung als zu gering erwiesen hatte: War das Talent erst einmal erweckt, gab es kein Zurück.
    Viele von ihnen fanden Betätigungsfelder in den fliegenden Städten; so wie Sheerdurn, der als technischer Berater bei der Generalüberholung der DORYNA assistierte. Manche verdingten sich auch als Piloten für die Flüge innerhalb der Systeme.
    Umgekehrt erlitten gewöhnliche Charonii mit der Zeit ähnliche Deformationen der Hirnstruktur, falls sie zu oft und zu lange den Strahlungen im Nahbereich des Gestöbers ausgesetzt waren. Mit demselben Ergebnis: fortschreitende Demenz. Somit waren für beide Bevölkerungsgruppen bestimmte Wohngebiete zwingend vorgegeben.
    Auch das Kernstück der Charon-Prüfung, die Messung der Hirnströme, um das Psi-Potenzial zu eruieren, musste in unmittelbarer Nähe zum Strukturgestöber vorgenommen werden. Daher wurden alle Jahre wieder sämtliche Zwölfjährigen in den drei Pilotenstädten jedes Systems versammelt.
    Sheerdurn tauchte in diesen Wochen so tief wie nur möglich im Untergrund ab. Er verabscheute den Trubel ebenso sehr, wie sich Kempo dafür begeisterte.
    Eine Frage der Reife. Jüngere Pilotinnen und Piloten mochten es genießen, wenn bodensässig aufgewachsene Kinder und deren Begleitpersonen sie anhimmelten. Sie warfen sich in Festtagsmonturen und setzten mit allerlei Schnickschnack verzierte Brillen auf, um nur ja als Strukturflieger erkannt und um Autogramme gebeten zu werden. Auch auf der amourösen Ebene lief in diesen
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