Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

2310 - Strukturpiloten

Titel: 2310 - Strukturpiloten
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
eigener Kraft. Da war es wohl besser und aus pragmatischer Sicht sinnvoller, keine Hoffnungen mehr an verschollene Wohltäter zu vergeuden, sondern in einem radikalen Schnitt mit der Vergangenheit zu brechen.
    Nur in religiös verbrämter Form, also völlig abgehoben von der Realität, gedachten manche Nationen noch der Schutzherren. Aus Gönnern waren Götter geworden, sieben an der Zahl (damit es mit den bewohnten Planeten zusammenpasste); in himmlische Höhen entrückte Wesen, die sich nach der Erschaffung der Welt nicht weiter um ihre Geschöpfe kümmerten.
    Kempo Doll’Arym schlief schlecht in jener Nacht. Träume quälten ihn, aus denen er wiederholt schweißgebadet aufschreckte. Erst im Morgengrauen fand er Ruhe; den Weckruf ignorierte er.
     
    *
     
    Zum Frühstück erschien Kempo zu spät. Die Großtanten schimpften ihn: Was er für ein Rüpel sei, sich nicht von seinen Eltern zu verabschieden!
    Danoit und Sreda waren soeben zur weiten Reise nach Grissom aufgebrochen. Sie würden sich insgesamt gut dreißig Tage durchs Strukturgestöber kämpfen, um den Waren- und Informationsaustausch zu sichern – und somit ihrer aller Wohlstand –, und Herr Kempo erachtete es nicht der Mühe wert, ihnen auf Wiedersehen zu sagen.
    Hach, die heutige Jugend, nichts als Undank und Eigensinn und bla und bla und blablabla.
    In der Schule langweilte er sich wie immer; an diesem Tag umso mehr, als er zu müde war, sich und seine Mitschüler während des träge dahinfließenden Unterrichts mit Späßen aufzuheitern.
    Schlafen wiederum war nicht gestattet.
    Also stierte er Löcher in die Luft und wartete, dass die Stunden verstrichen.
    Überhaupt bestand sein Leben seit einiger Zeit größtenteils aus Langeweile. Fast alle Bücher der Stadtbibliothek hatte er bereits gelesen; zumindest die für sein Alter freigegebenen (und etliche andere dazu). Mit den Trideos und Rechnerspielen verhielt es sich ebenso.
    Auch die Schule hielt kaum Herausforderungen für ihn bereit. Ohne sich anstrengen zu müssen, gehörte er in sämtlichen Fächern zu den Jahrgangsbesten.
    Nur beim Sport brillierte er nicht; ganz im Gegenteil. Körperlich war er den Gleichaltrigen so weit unterlegen wie geistig voraus.
    Das ließen sie ihn mit Freuden spüren. Bei jedem Mannschafts-Wettkampf legten sie es darauf an, ihn zu rempeln, zu treten oder sonst wie zu demütigen.
    Bis er weinte, und sie ihn erst recht verhöhnen konnten.
    Kempo war ihnen nicht einmal sonderlich böse deswegen. Er verstand, dass sie diesen Ausgleich brauchten.
    Nicht auszudenken, welchen Hass sie erst entwickelt hätten, wäre seine Überlegenheit umfassend gewesen.
    Freilich half ihm dieses Verständnis wenig, wenn seine Mitschüler ihn wieder einmal übel zurichteten. Wann immer er konnte, drückte er sich vor der Leibesertüchtigung. Sollten ihn die Großonkel ruhig wegen seines Bäuchleins verspotten. Während der Pilotenausbildung würde er das bisschen Speck in Windeseile loswerden.
    Ach, wäre er doch schon zwölf und könnte zur Charon-Prüfung antreten!
    Dann hätten die Tristesse und die Torturen ein Ende.
    Aber bis dahin musste er noch zwei fürchterlich lange, öde Jahre absitzen ...
    Einen Trost wenigstens gab es, seit der letzten Nacht: Sheerdurn. Der Alte hatte versprochen, sich nochmals mit ihm zu treffen. Er hatte ihm sogar einen gemeinsamen Ausflug zu den Wartungsdocks in Aussicht gestellt – falls Kempo dafür keine weiteren Erkundungen auf eigene Faust unternahm.
    Ob er sich daran halten würde? Mal sehen.
     
    *
     
    Der Schultag endete mit einer schriftlichen Arbeit in Heimatkunde.
    Kempos Erregung hielt sich in Grenzen.
    Die Fragen waren läppisch einfach.
    Nenne den Durchmesser der Grundfläche sowie die Höhe von Aram Tachady.
    3030 beziehungweise 520 Meter.
    Wie viele ständige Einwohner leben in der Pilotenstadt?
    31.724.
    Was verhindert, dass sich die Atmosphäre verflüchtigt?
    Ein kuppelförmiger Prallschirm, der 2800 Meter durchmisst und im Zenit eine Höhe von einem Kilometer erreicht.
    Und so weiter. Babykram.
    Auf dem Heimweg trödelte Kempo.
    Immer wieder blieb er stehen, um beim Aufbau der Buden zuzuschauen, die entlang von Straßen und Grünflächen errichtet wurden. Sie verhießen ein wenig Abwechslung in der Routine.
    Die Wochen der Charon-Prüfung waren unbestritten der einsame Höhepunkt des Jahres. Außer den spärlichen, vom Beisein der Tanten getrübten Urlaubs-Aufenthalten auf dem Planeten Bocyn boten sie die einzige Gelegenheit, über
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher