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2309 - Die Augen von Charon

Titel: 2309 - Die Augen von Charon
Autoren: Unbekannt
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kein gezielter Angriff, wenn du darauf hinauswillst."
    Ich winkte ab. Nein, darauf wollte ich nicht hinaus. Ich fragte mich kurz, was geschehen war, wieso der Schlund solch einen Himmelskörper hatte ausspucken können. Hatte er irgendwann ein ganzes Sonnensystem verschlungen? War einer seiner Planeten vielleicht bewohnt gewesen? Von einer raumfahrenden Zivilisation oder von Primitiven, die nicht einmal gewusst hatten, wie ihnen geschah, als sie ausgelöscht worden waren?
    Das galaktische Zentrum der Milchstraße war zu einem noch unangenehmeren und gefährlicheren Ort als zuvor geworden. Schon früher waren wir nie gerne hierher geflogen, selbst bei aller hochgezüchteten Technik. 1344 NGZ jedoch war die Lage noch wesentlich brisanter. Die Bedingungen für die Raumfahrt zeigten sich nicht nur massiv erschwert, man musste darüber hinaus auch damit rechnen, jederzeit in eine bedrohliche oder sogar lebensgefährliche Situation zu geraten. So gesehen war unsere Mission nicht mehr und nicht weniger als ein Himmelfahrtskommando.
    Diese Region war nach dem Hyperimpedanz-Schock absolute terra incognita, unbekanntes Land, das jahrelang nicht zugänglich gewesen war und nun von neuem erobert werden musste - unter erschwerten Bedingungen, von denen man vorher nicht einmal in Alpträumen etwas erahnt hatte. „Neue Kursberechnung", sagte ich. „Wir steuern den nächsten Rendezvouspunkt mit der TABASCO und der AU-BERG an."
    „Verstanden!" Die Kommandantin gab Fiorenzo Anthos ein Zeichen.
    Der Pilot nickte und gab Daten in die Positronik ein. Sanft kehrte die VERACRUZ in den Normalraum zurück.
    Die Holos zeigten atemberaubende Bilder, die mir wieder einmal einen Eindruck von der Pracht der Schöpfung und der relativen Bedeutungslosigkeit des Einzelnen vermittelten.
    Alles war in Bewegung. Trübe brodelte der unermessliche Abgrund.
    Trübe von Unrat, dachte ich.
    In der eigentlichen Kernregion des Milchstraßenzentrums, in dem wir unterwegs waren, befand sich das supermassive Schwarze Loch, das seit dem fünften Jahrhundert NGZ als „Dengejaa Uveso" bezeichnet wurde, ein Begriff aus dem Sothalk, der Verkehrssprache, die in den Zwölf Galaxien Estartus verwendet wurde. Merkwürdig, dass dieser Terminus all die alten Bezeichnungen - Sagittarius-A bei den Terranern, Thelak-Holur bei den Arkoniden, Zyürfityür-Piilike bei den Blues - verdrängt hatte. Wahrscheinlich wussten heute nur noch Linguisten, dass Dengejaa Uveso ein außergalaktischer Begriff war.
    Das Gebilde musste einmal ein Stern gewesen sein, dessen Masse weit mehr als das Dreifache der Sonne betragen hatte. Irgendwann war er kollabiert, doch nicht zu einem Neutronenstern geworden. Er hatte dieses Stadium rasend schnell durchlaufen und war in seiner Verdichtung nicht aufzuhalten gewesen. Die Schwerkraft an seiner Oberfläche strebte nun dem Wert unendlich entgegen, sein Volumen hingegen dem Wert null. Am Ende war dabei ein Schwarzes Loch entstanden, dessen Schwerkraft so gewaltig war, dass selbst das Licht ihm nicht mehr entfliehen konnte. Die Fluchtgeschwindigkeit von knapp 300.000 Kilometern pro Sekunde reichte nicht aus, um sein Schwerefeld zu verlassen.
    Daher war das Dengejaa Uveso ebenso wenig sichtbar wie jedes andere Schwarze Loch. Es konnte nur rechnerisch und aufgrund der von seiner unvorstellbaren Schwerkraft ausgehenden Raum-Zeit-Krümmung nachgewiesen werden. Und es war umgeben von zahlreichen anderen Schwarzen Löchern und Neutronensternen. Früher waren es noch viel mehr gewesen, doch es hatte im Lauf der Jahrmillionen zahlreiche verschluckt und war dadurch zu dem gewaltigen Moloch geworden, als der es sich heutzutage präsentierte.
    Die Holos zeigten die farbenprächtigen Schlieren des Gases und Staubs, die diesen schwarzen Fleck in der Ortung umkreisten, dieses schwarze Nichts und die Sternhaufen, SupernovaÜberreste und riesigen Gas- und Molekülwolken, die ihm früher oder später anheim fallen würden.
    Was aus der Ferne wie kaum substantielle Wolken aussah, die sich in allen Schattierungen von Rot- und Blautönen ineinander verschoben, war aus der Nähe ein energetisches Chaos.
    Das Black Hole hatte genug Nahrung, musste nur warten, bis seine unglaubliche Anziehungskraft ihm das nächste Festmahl bescherte. Hier im Zentrumsbereich betrugen die Entfernungen zwischen den Sternen häufig nur Lichtmonate oder gar -wochen.
    Im rund 1000 Lichtjahre durchmessenden Kernballungsgebiet befanden sich rund eine Milliarde Sonnenmassen, und die Massendichte
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