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230 - Gilam'esh'gad

230 - Gilam'esh'gad

Titel: 230 - Gilam'esh'gad
Autoren: Stephanie Seidel
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möglich sein, mehr über ihn herauszufinden! Wenn er schon hier war, als die Hydriten noch lebten – meinst du nicht, dass es dann irgendwelche Aufzeichnungen gibt?«
    »Glaubst du ernsthaft, das hätte ich noch nicht überprüft?« Quart’ol seufzte. »Ich habe das ganze Stadtarchiv auf den Kopf gestellt. Ohne Erfolg! Da ist nichts zu finden.«
    »Vielleicht hast du nur nicht richtig hingesehen!«
    »Klar! Ich bin bekannt für meine Schusseligkeit!«, knurrte der Wissenschaftler.
    Wie gern hätte er sich jetzt verabschiedet, um seine marsianische Kollegin Clarice zu besuchen! Sie überwachte im Forschungslabor von Gilam’esh’gad die Entwicklung neuer Klonkörper für Gilam’esh und Nefertari, und dieses Projekt faszinierte Quart’ol. Doch er gab sich keinen Illusionen hin. Aruula würde ihn nicht gehen lassen, ehe sie eine zufrieden stellende Antwort bekam.
    Matt ist zu beneiden um diese Frau, dachte Quart’ol. Wenn ich eine Gefährtin hätte, die mich nur halb so liebt wie Aruula ihn, wäre ich der glücklichste Hydrit unter den Wellen!
    Laut schlug er vor: »Wenn du willst, können wir das Stadtarchiv gemeinsam durchsuchen. Vielleicht ist mir ja tatsächlich etwas entgangen. Wie heißt es bei euch Menschen so schön: Vier Augen sehen mehr als zwei.«
    »Ich hole meinen Tauchanzug!«, sagte die Barbarin hastig.
    Kurze Zeit später schwammen Quart’ol und Aruula die so genannte Rote Allee hinunter zum Stadtarchiv.
    Gilam’esh’gad war auf einem der Orientierung dienenden Wegenetz errichtet, das den Himmelsrichtungen folgte. Seine Baumeister hatten dabei eine konsequente Trennung eingehalten. Alle Nord-Süd-Verbindungen waren breite Promenaden, nach der Farbe ihrer Muschelbeschichtung benannt und von öffentlichen Gebäuden flankiert. Die erheblich schmaleren Querstraßen, deren Namen zumeist auf örtliche Besonderheiten hinwiesen – Schlotweg, beispielsweise –, waren reine Wohngebiete. Diese Aufteilung gab der Hydriten-Metropole nicht nur eine schöne Struktur. Sie sorgte auch dafür, dass man sich gut zurecht fand.
    Die gut durchdachte Stadtplanung beeindruckte Aruula nicht. Es war ihr auch egal, was für seltene, zum Teil sogar exotische Fische einst in Gilam’esh’gad angesiedelt wurden, deren Nachfahren noch heute das Zentrum bevölkerten. Ohne Scheu kamen die schillernden Langflossen heran, um zu prüfen, ob die Barbarin und Quart’ol vielleicht essbar waren.
    Allerdings blieben sie nicht lange, denn es wurde Abend und man tat gut daran, seine Verstecke und Zufluchtsorte aufzusuchen, ehe die nachtaktiven Jäger erwachten. Das Signal zum Rückzug kam von den Leuchtmikroben am Felsendach. Sie reduzierten ihre Helligkeit nach der Anziehungskraft des Mondes. Täglich, und ohne vom Licht der Sonne je berührt worden zu sein.
    Quart’ol hatte zwei bionetische Handscheinwerfer beschafft. Er hielt seinen nach unten gerichtet, auf die schnurgerade Allee. Es war die einfachste Art, das Stadtarchiv auch in der zunehmenden Dämmerung zu finden… für einen Hydriten. Quart’ol bewegte sich in seinem Lebensraum; er wusste instinktiv, wie man sich hier am besten verhielt. Entspannt schwamm er dahin.
    Aruula hingegen wurde zunehmend nervös, als sie den Hydriten durch die stille Unterwasserlandschaft begleitete. Meterlange Algenschleier hingen wie Fangnetze herunter, kaum zu erkennen in der trüben Umgebung. Die Barbarin zuckte jedes Mal unwillig zurück, wenn das kalte Gespinst an ihr entlang glitt. Plankton wurde im Scheinwerferlicht zu einer Wand aus leuchtenden Punkten, ließ die eigentlich weite Freifläche über der Roten Allee klaustrophobisch zusammenschrumpfen.
    Und dann die Fische! Wie frech sie an einem herumzupften mit ihren dicken Lippen!
    »Was glotzt du so blöde?«, fauchte Aruula einen besonders aufdringlichen Flossenträger an. Er schwebte genau vor ihrem Taucherhelm. Sein Maul unter der wulstigen Stirn klappte träge auf und zu. Die Barbarin stieß ihn weg. Sofort kehrte der Fisch zurück, an exakt dieselbe Stelle.
    Aruula holte aus.
    »Lass das lieber!«, warnte Quart’ol über das bionetische Headset.
    »Soll ich mich von dem zahnlosen Mistvieh ärgern lassen?«, brauste die Barbarin auf.
    »Wäre klüger, ja.« Quart’ol nickte. »Er wird gleich von alleine verschwinden. Du darfst ihn nur nicht provozieren. Das ist ein Molukkenbarsch! Die bilden Reviere, und wir schwimmen gerade durch seines.«
    »Mir doch egal.« Aruula schlug mit ihrem Handscheinwerfer nach dem aufdringlichen
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