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230 - Gilam'esh'gad

230 - Gilam'esh'gad

Titel: 230 - Gilam'esh'gad
Autoren: Stephanie Seidel
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verdeckt! Warum? Was verbarg sich dort?
    Das Beben schwächte sich ab. Doch es hatte ganze Arbeit geleistet: Aus den Wänden brachen Stücke heraus. Überall, immer mehr. Das Gebäude stand kurz vor dem Einsturz.
    »Quart’ol, was machst du denn da?«, rief Aruula verzweifelt.
    Er konnte nicht anders. Er musste in die verborgene Kammer tauchen. Ergründen, warum sie existierte. Sehen, was dort vor den einstigen Stadtbewohnern geheim gehalten wurde.
    Quart’ol glitt durch die Öffnung, richtete seine Lampe nach vorn… und da waren sie: Datenkristalle über Datenkristalle, aufbewahrt in Muscheln, die das Siegel von Gilam’esh’gad trugen!
    Quart’ol zerrte seinen Brustpanzer herunter, hielt ihn wie einen Korb und begann zu sammeln. Schnell, nur schnell! Diese Kristalle durften nicht verloren gehen! Der Scheinwerfer fiel herunter. Quart’ol arbeitete im Dunkeln weiter. Er glühte förmlich vor Aufregung, spürte sein Doppelherz pochen.
    »Aruula! Bitte hilf mir!« Es war unverantwortlich, die Barbarin herzurufen, und doch tat er es. Schon lösten sich Teile aus der Decke, schlugen die Muscheln und ihren kostbaren Inhalt herunter. Quart’ol stellte seinen Brustpanzer ins Scheinwerferlicht, raffte mit beiden Händen Kristalle zusammen. Schneller! Schneller!
    »Du bist verrückt, weißt du das?« Aruula tauchte durch den Eingang. »Wir werden sterben wegen dieser blöden Dinger!«
    »Sie sind nicht blöd. Siehst du die Herrschersiegel an den Muscheln? Das ist Pozai’dons private Datensammlung! O ihr Götter! Wir müssen sie retten!«
    Doch die Götter interessierten sich nicht für Hofintrigen und Geheimprojekte längst vergangener Zeit. Sie rührten keinen Finger, um dem verzweifelten Wissenschaftler zu helfen. Stück für Stück kam die Decke herunter, und als der Boden am Eingang wegbrach, gab Quart’ol auf. Er weinte fast, als er mit Aruula und den geborgenen Kristallen aus dem Gebäude floh. Beinahe lautlos stürzte es ein.
    ***
    Im nächsten Leben, dachte Matthew Drax, als ein weiterer Stoß des Bebens die Transportqualle erschütterte, kauf ich mir eine Datscha auf dem Land, anstatt elftausend Meter unter dem Meer… Er kam nicht dazu, den Gedanken zu Ende zu führen. Die Transportqualle krümmte sich wie unter einem Stromschlag, als sie ein Trümmerteil dicht unter der Kanzel traf. Matt, der vor den bionetischen Kontrollen auf dem Boden hockte, wurde nach vorn geschleudert und landete auf dem, was in einem U-Boot der Boden gewesen wäre.
    Glücklicherweise war der Untergrund so nachgiebig wie eine Trampolinbespannung. Als das Zucken endete, hatte Matt das Gefühl, dass er sich rückwärts bewegte. Offenbar reagierte der Prototyp auf den vermeintlichen Angriff: Er machte sich länger und dünner und sparte so die Zentimeter ein, die er brauchte, um sich aus dem Torbogen zu befreien.
    Rückwärtsgang. Matt hörte es gurgeln und sprudeln. Ein Blick aus dem Bugfenster zeigte ihm, dass es heller wurde. Der sandige Boden war jedoch so aufgewühlt, dass er nur eine Unterarmlänge weit blicken konnte.
    Dass der Krake nicht mehr zu sehen war, bedeutete also noch lange nicht, dass er sich verzogen hatte. Vielleicht lag er irgendwo auf der Lauer und wartete auf eine neue Gelegenheit, ihm den Garaus zu machen. Der Blick des Kraken beschäftigte Matt: Im Auge der Bestie hatte Intelligenz geleuchtet.
    Die Situation war haarig, sowohl im übertragenen wie im wörtlichen Sinn: Neben Abermilliarden aufgewirbelten Sandkörnern schwebten vor ihm gigantische spinnennetzartige Gebilde durch die Unterwasserlandschaft. Waren es Pflanzenreste, die sich durch die Erschütterungen losgelöst hatten, oder Lebewesen, die darauf warteten, dass sie etwas umfangen, auflösen und verdauen konnten?
    Das Seebeben hatte nicht nur Bodensegmente in die Höhe geworfen. Etliche Mauern und Gebäudewände waren in dem Viertel, in das es ihn verschlagen hatte, zusammengebrochen. Scharen monströser Krustentiere waren aufgescheucht worden. An ihnen taten sich Schwärme muränenartiger Schlangenfische gütlich. Wohin Matt auch blickte – überall war Kleinvieh im Begriff, gierig geöffneten Schlünden zu entwischen. Die silbernen Leiber oberschenkeldicker Schlangenfische jagten wie Raketen um die Qualle herum. Hin und wieder streiften ihre Schwanzfinnen die Außenhaut, bis die Qualle wie unter elektrischen Schlägen zuckte. Doch sie schien zu erkennen, dass die muränenartigen Biester keine Gefahr darstellten: Sie sank gelassen dem Boden entgegen,
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