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2284 - Die Fliegenden Rochettes

Titel: 2284 - Die Fliegenden Rochettes
Autoren: Unbekannt
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Belang...
    Bereits auf dem Herweg'hatte Matti sich gewundert, wie stoisch die Wiener hinnahmen, dass jetzt Kampfgleiter und Kybb-Soldaten das Bild ihrer Stadt prägten. Nun, „Verdrängung" war eine Entdeckung des Wieners Sigmund Freud - 19./20. Jahrhundert n. Chr. -, und die österreichische Grundhaltung hatte sein Zeitgenosse Karl Kraus definiert: „Nicht einmal ignorieren - wir werden s' schon demoralisieren."
    Beide hatten, wenn man einer verblassten Tafel traute, in diesem Kaffeehaus verkehrt.
    Matti fragte den Kellner, welcher ihn an Sirenes magenkranken Pinguin erinnerte, nach dem „Geologischen Stammtisch" und wurde mürrisch auf das Hinterzimmer verwiesen.
    Die Runde, die sich dort versammelt hatte, zeichnete sich selbst in diesem Ambiente durch besondere Schrulligkeit aus.
    So weitschweifig geriet die gegenseitige Vorstellung, dass Matti mit Mühe seine Ungeduld zügelte. Einige der Herren - es gab nur zwei Damen - hörten sich offenbar ungeheuer gern selbst reden, wobei sie sich ganz selbstverständlich auch zum Sprachrohr der Schweigsameren machten. Immer wieder erwähnten sie dabei einen Kongress, den sie in ein, zwei Dekaden zu veranstalten gedächten, was sie wegen der schrecklich geringen verbleibenden Vorbereitungszeit in beträchtliche Aufregung versetzte.
    Matti drohte seine Zeit ebenfalls davonzulaufen. Doch er erkannte, dass mit hektischem Drängen hier nichts auszurichten war.
    Nägel kauend ließ er sich etwa siebenhundert Bilddokumente von früheren Treffen zeigen.
    Denn deren Verfertiger, ein Herr Tirman, hatte nebenbei erwähnt, dass er auf die Restaurierung und Archivierung historischer Informationsträger spezialisiert war, bis hin zu gebundenen Büchern.
    Ja, auch über Vulkanismus ...
    Dann packten alle ihre Rucksäcke, Koffer, Tornister und überstrapazierten Tragtaschen aus.
    Stapelweise wuchteten sie Gesteinsproben, Datenkristalle und Speichermedien aller Art auf die sich unter der Last biegenden Tische. Jetzt ging es ans Vorzeigen und Bewundern der jüngst erworbenen Schätze. Leider waren weder canine Fossilien noch Materialien über den Vesuv dabei.
    Nachdem ausgiebig gefeilscht und getauscht worden war, gelang es Matti endlich, das Gespräch auf den Klubraum und die dortigen allen Mitgliedern zur Verfügung stehenden Nachschlagewerke zu lenken. Vergleichsweise prompt stieg man tief hinab in düstere Kellerräume, die wegen der Ziegelgewölbe an Katakomben gemahnten.
    Die sehr netten Herren Tirman, Fredman, Rosman und nicht zuletzt der von allen als „Sammlerkönig" verehrte Herr Uherman erklärten Matti, welches Ordnungsschema der gemeinsamen Datothek zugrunde lag: nämlich keines beziehungsweise das pure Chaos. Bei aller Freundschaft hatte man sich nie auf ein System einigen können, da jeder unumstößlich davon überzeugt war, im Lauf der Jahrzehnte das absolut einzig perfekte entwickelt zu haben.
    Matti wühlte sich durch die Bestände und wurde sogar recht bald fündig. Doch war klar, dass er unmöglich in der Viertelstunde, die ihm maximal noch blieb, bis er zurück zum Zirkus rasen musste, alles Benötigte kopieren konnte. Er bat also, sich diverse Bücher und Datenspeicher für einige Tage ausborgen zu dürfen.
    Die Herren zögerten.
    Innerlich bebte Matti vor Nervosität. Er verstand die Stammtischleute gut, gab er doch selbst nur äußerst ungern seine Schätze aus der Hand. Und was er mitzunehmen begehrte, war nicht wenig. Darunter befanden sich Stücke von höchstem Sammlerwert, zumal Matti Materialien aus verschiedensten Fachgebieten zusammengerafft hatte, um von seinem Interesse am Vesuv abzulenken. „Wisst ihr was?", sagte er fröhlich, wobei er hoffte, dass man seiner Stimme die Erregung nicht anmerkte. „Ihr kommt übermorgen alle zusammen zu uns in den Zirkus! Seht euch die Vorstellung an, ich zeige euch hinterher mein bescheidenes Labor, und dann gebe ich euch das Geliehene wieder zurück."
    Matti machte sich keine Illusionen, auf welchen Köder sie letztlich anbissen. Der Zirkus war ihnen relativ egal, den nahmen sie höchsten's en passant mit.
    Doch in einem fremden Labor stöbern zu dürfen ...
    Er würde die Krakatoa-Sonden verbergen müssen, am besten zerlegen. Sei's drum, eine Wartung der einzelnen Module stand ohnehin an.
    Die Amateurforscher willigten ein. Ja, als sie sich einmal durchgerungen hatten, ihm ihr Vertrauen zu schenken, drängten sie ihm sogar noch weitere Kleinodien auf.
    Matti verließ das Kaffeehaus so schwer bepackt, dass er
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