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2278 - Brennpunkt Talan

Titel: 2278 - Brennpunkt Talan
Autoren: Unbekannt
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meldete LAOTSE. „Er misst an der breitesten Stelle 110 Meter und ist 223 Meter lang. Nähere Angaben kann ich nicht machen, da soeben alle Mikrosonden und Messgeräte im Umkreis von fünf 'Kilometern um den Kristall ausgefallen sind. Nur die Kamerasonden funktionieren noch."
    Zwei Stunden dauerte es, bis das Gebilde den bodennahen Luftraum erreichte. Es erinnerte an einen gewaltigen Splitter. Inzwischen war es in den Kernzonen der Schattenwürfe vollkommen finster geworden, denn draußen brach die Nacht über Europa herein. Als es in den Lichtschein der vielen kleinen Lampen geriet, glitzerte und schimmerte das Gebilde in tief schwarzer Farbe.
    Der Brocken schwebte heran. Synchron dazu bewegte sich Gon-Orbhon zur Seite.
    Dicht neben seiner linken Schulter sank der Hyperkristall in das Loch, wo er nach einer Weile zur Ruhe kam. „Dies ist das Geschenk Gon-Orbhons für die Menschheit", verkündete Carlosch Imberlock. „Möge sie sich seiner würdig erweisen."
    „Des Geschenks oder des Gottes?" Noviel Residor sezierte die doppeldeutige Aussage mit der Schärfe seiner Stimme. „Wohl beides." Homer fragte sich, was es mit dem Nocturnenstock - oder besser: dem Bruchstück eines solchen Stockes - auf sich hatte. War er der dunkle Moloch aus dem Traum? Um Menschen unter seinen Willen zu zwingen, brauchte Gon-Orbhon ihn nicht. Das hatte er schon allein durch die Existenz des Jetstrahls geschafft. Wenn Gon-Orbhon es wollte, verwandelte sich jeder seiner Anhänger in einen Selbstmordattentäter. Und wenn der Gott es wollte, würden sie sich auch nicht scheuen, Terra zu zerstören.
    Solange der Gott seinen Wohnsitz auf dieser Welt nahm, war der Planet einigermaßen sicher.
    Irgendwann aber - so glaubte Homer - würde Gon-Orbhon dieser Welt überdrüssig.
    Ihm reichte die Sonne, an der er sich labte. Die Menschen waren für ihn sekundär.
    Ein Hilfsvolk mit hoher Technik, dessen er sich gern bediente, um seinen Machtbereich zu erweitem.
    Und der zweite Kybb-Titan?, fragte Homer sich. Was ist mit dem?
    LAOTSE meldete, dass sich von dem Giganten im Süden ein kleines Beiboot näherte. Es zielte direkt auf den Vesuv, näherte sich der Bergflanke und landete in unmittelbarer Nähe des Loches.
     
    EPILOG
     
    Leben! Einfach nur leben. Mehr wollte er nicht. Längst gab ihm der Splitter im Rucksack nicht mehr genug Kraft. Enkrine, sein Symbiont, fehlte ihm. Eine Weile hatte er geglaubt, die Ankunft im Talan-System nicht mehr zu erleben.
    Er, der Herr von Arphonie. Tagg Kharzani! Vor dem die Welt zitterte.
    Er lag am Boden, neben ihm der Rucksack. Ein leises Stöhnen drang über seine Lippen. Zum Glück ließen sie ihn allein, respektierten seinen Wunsch, die letzte Phase bis zur Landung mit sich selbst zu verbringen.
    Seine Hände krampften sich um den Rucksack mit dem Splitter aus Satrugars Leib.
    Verlass mich nicht!, flehte Kharzani.
    Gib mir die Kraft, die ich für den Weg brauche!
    Das Fremde in ihm wühlte und lachte. Gon-Orbhon war ihm jetzt ganz nahe, das spürte er. Genauso, wie die TITAN-09 im Talan-System gewartet hatte, genauso wartete Gon-Orbhon jetzt dort unten auf ihm.
    Ich verlange nichts, ich will nur leben!
    Sein eigenes Stöhnen kam ihm plötzlich fremd vor.
    Bin ich wirklich Tagg Kharzani? Ein schrilles Lachen drang aus seinem Mund. „Was hast du erwartet? Du hast dein Reich verspielt, jetzt bettelst du um dein Leben. Mach ihm ein Ende!"
    Er erschrak fast bis zur Bewusstlosigkeit. War er das wirklich selbst, der da gesprochen hatte? Oder narrte ihn seine Fantasie? Redete er im Delirium? Enkrine!
    Du hattest Recht, von Anfang an! Ich Narr!
    Vor seinen Augen wogten rote Schleier, verwischten die Aussicht auf die Schleuse, diese einzige Pforte, die ihn noch vom ersehnten Ziel trennte.
    Ich will leben, in Freiheit, nicht als Sklave, hörst du?
    Hätte er nur auf Enkrine gehört. Aber jetzt war es zu spät. Er hatte sich dem Bann des Kristalls hingegeben, für ein paar Tage Leben. Mit knochigen, fleischlosen Fingern betastete er das ausgemergelte Gesicht, die Haut wie sprödes Pergament, ebenso rissig wie die an den Fingern.
    Ein bisschen Leben nur! Nicht sterben zu müssen, mehr wollte er in diesen Augenblicken gar nicht.
    Ein Luftzug zeigte ihm, dass sich die Schleuse geöffnet hatte. Er hatte es nicht gesehen. Halb blind robbte er vorwärts, mit einer Hand immer den Rucksack mit dem Splitter hinter sich herziehend.
    Leben! Ich will leben! „Hier bin ich!", ächzte Tagg. Er wollte aufstehen, aber es ging nicht.
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