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2250 - Zeuge der Zeit

Titel: 2250 - Zeuge der Zeit
Autoren: Unbekannt
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Zeitpunkt verfolgen, was geschah.
    Er war sich darüber im Klaren, dass das Wahlverfahren keinem terranischen Modus entsprach. Dass es keine Gegenkandidaten gab, keine Gegenproben, dass die Möglichkeit einer Enthaltung nicht vorgesehen war. Aber dies war ein Motana-Konvent. Er brauchte eine Lösung, die den Motana gerecht wurde, und die hatte er. Die Lösung schien ihm sicher und klar genug. „Geehrtes Auditorium!", rief er. „Ich bitte nun als erste Majestät Kischmeide von Tom Karthay!"
    Im Saal regte sich niemand, außer einer einzigen Frau.
    Rhodan gab Kischmeide ihren Wahlzettel, zeigte auf die von Hand geschriebenen zwei Sätze und reichte ihr den Schreibstift.
    Das Verfahren war nicht geheim.
    Rhodan vermerkte nicht allein Kischmeides Gesicht, die Miene zwischen Zorn und Missvergnügen, sondern auch ihre Wahl: Ja, ich wähle Zephyda zur Stellaren Majestät.
    Die Majestäten votierten schnell und mit Disziplin. Jede zehnte konnte weder lesen noch schreiben; Rhodan brauchte etwas länger für sie. Einige verließ der Mut in dem Moment, da das Papier vor ihnen lag. Andere vergaßen vor Nervosität ihre Wahl; Rhodan bat sie dann vom Podium und schob ihre Stimmabgabe nach hinten. Doch das Gros kam nach vorn, schrieb ein Kreuz und machte der Nächsten Platz.
    Die Leute des Karthogs brachten Feste-Brot und Wasser nach, und unter den Majestäten machte sich Unruhe breit, je länger es dauerte. Rhodan hörte aus dem Vorraum einen Choral, der vermutlich beruhigen sollte, aber nur die Ruhelosigkeit unter den Nicht-Sängerinnen verstärkte.
    Am Ende dauerte die Prozedur sieben Stunden. Der dreihundertsiebente Zettel fiel in die Urne.
    Rhodan zählte die Stimmen mit Rorkhete und Atlan aus, überwacht von Kischmeide und einer pausbäckigen Majestät, die Ikhete hieß. „Was ist mit Zephyda?", raunte er Atlan zu.
    Der Arkonide grinste. „Draußen. Eigentlich benimmt sie sich ganz tapfer. Aber du kennst ja diese Wahlnächte, Terraner. Da flattert jeder."
    Die Zählung dauerte nicht lange.
    Nach einer halben Stunde lagen vor ihnen zwei Haufen.
    Ein großer und ein sehr kleiner.
    Rhodan schrieb das Ergebnis auf den Zettel, den er verlesen wollte. Er trat auf das Podium zurück, in den Bereich des Akustikfeldes, und rief: „Ich bitte sämtliche Majestäten auf ihre Plätze, das Ergebnis liegt jetzt vor!"
    Die Plätze füllten sich in erstaunlicher Geschwindigkeit, und selbst die Galerien, fünf Stockwerke hoch Richtung Kuppeldach, waren binnen zwei Minuten so umlagert wie zu Beginn der Sitzung.
    Rhodan wartete, bis alle auf ihren Plätzen saßen und Ruhe eingekehrt war. „Geehrte Majestäten der Motana, eure Wahl ist sehr deutlich ausgefallen. Die Stimmzettel wurden von mir und Atlan ausgezählt, unter Aufsicht der Majestäten Ikhete und Kischmeide. Jede Person mit einem Zweifel hat jedoch das Recht, nach dem Konvent eine eigene Zählung vorzunehmen."
    Vor Rhodans Augen ereignete sich ein Tumult: Die sehr große, greisenhafte Tordhene begann zu zucken und versuchte aufzustehen, doch die Majestäten neben ihr hielten sie mit Gewalt auf dem Sitz.
    Rhodan ignorierte den Vorfall. „Die Entscheidung", gab er bekannt, „fiel mit dreihunderteins zu sechs Stimmen.
    Sämtliche Wahlzettel waren gültig. Dreihunderteins Stimmen entfallen auf ..."
    Im Augenblick der Entscheidung hielt der Saal den Atem an - bis auf Majestät Tordhene.
    Ein würgender Laut tönte von da, wo sie saß. Ihre dürren Arme zitterten heftig, sie rutschte aus dem Sessel zu Boden, und der Rest spielte sich am Boden ab, wo Rhodan nichts sehen konnte. „Eine Heilerin!", gellte eine Stimme direkt daneben. „... ist hier vielleicht eine Kräuterärztin im Saal...?"
    „... und helft uns, die Bänke müssen weg!"
    Rhodan gab dem Karthog Zeichen. Corestaar verstand, er eilte nicht zum Pulk, sondern hinaus, um einen Feste-Arzt zu alarmieren.
    Nach zwei Minuten kam der Aufruhr zum Erliegen; ohne dass ein Heiler oder Arzt den Saal erreicht hätte.
    Kischmeide trat aus dem Pulk hervor. „Majestät Tordhene", verkündete sie, „ist tot. Ihr Herz steht still."
    Der Saal hielt den Atem an. Endlich ein Heiler, vorn an der Pforte, aber zu spät.
    Rhodan kehrte auf das Podium zurück und wartete ab, bis der leblose Körper auf einer Bahre abtransportiert war. Die Gesichter der Motana wirkten müde und bedrückt, aber keine verließ den Saal. Allein Tordhenes Sitz blieb leer. „Die Entscheidung", begann Rhodan noch einmal, „fiel mit dreihunderteins zu sechs Stimmen.
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