Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

2229 - Zuflucht der Motana

Titel: 2229 - Zuflucht der Motana
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
Kischmeide hatte in den Jahren, seit sie zur Planetaren Majestät aufgestiegen war, an Leibesfülle gewonnen. Und zumindest hier draußen, wo die Stadt sie nicht vor den Stürmen schütze, war ihre erhöhte Standfestigkeit von Vorteil.
    Der Pfad führte in gleich bleibender Höhe um die Stadt. In unregelmäßigen Abständen zweigten weitere Wege nach oben oder unten ab, so schmal, dass nur das geübte Auge sie wahrnahm. Diese Pfade waren das Revier der Graugärtner, der einzigen Einwohner Kimtes, die die Stadt regelmäßig verließen - und zwar täglich. Ganz gleich, wie furchtbar die Stürme wüteten. Ein Sprichwort besagte, dass Kimte an dem Tag untergehen würden, an dem die Graugärtner sich nicht hinauswagten.
    Kischmeide gab im Allgemeinen nicht viel auf Sprichwörter, stellten sie doch ihrer Meinung nach nichts weiter dar als den verbrämten und überhöhten Unsinn früherer Generationen. Doch in diesem einen fand sie ein Samenkorn der Wahrheit: Ohne die unermüdliche Arbeit der Graugärtner wäre Kimte tatsächlich zum Untergang verurteilt. Das komplizierte Zusammenspiel der verschiedenen Pflanzen, die das Grundgerüst der Stadt bildeten, bedurfte ständiger Überwachung. Verwilderte auch nur ein kleiner Teil des Kantblätterpanzers, der nächste Orkan hätte die Bresche zielsicher aufgespürt und die Stadt verheert.
    Die Majestät winkte einem Graugärtner, der in einiger Entfernung über ihr an einem Kantblatt arbeitete. Ein Sturm hatte das Blatt eingerissen. Der Gärtner nähte die Wunde, ähnlich, wie er die Wunde einer Motana genäht hätte, nur dass sein Werkzeug ungleich gröber war. Der Mann winkte fröhlich zurück und tauchte die Hand anschließend in einen Topf mit Salbe, die er über die Wundränder strich.
    Er und seinesgleichen hatten längst aufgehört, sich über die einsamen Spaziergänge der Majestät zu wundern. Anfangs, hatte Kischmeide sich zutragen lassen, hatten die Graugärtner sie verlacht, inzwischen war der Spott aufrichtigem Respekt gewichen. Kischmeide ließ ihren Spaziergang entlang der Außenhaut der Stadt nur bei schlimmstem Orkewetter ausfallen, gewöhnliche Stürme konnten sie nicht schrecken. Die Graugärtner begriffen die einsamen Touren der Planetaren Majestät mittlerweile als Verbeugung vor ihrer Arbeit.
    Und auch in dieser Auffassung liegt der Same der Wahrheit, dachte Kischmeide.
    Die Planetare Majestät schätzte die Arbeit der Graugärtner - ebenso wie die ihrer Wegweiserinnen, die ihr mit Rat und Tat zur Seite standen, die der Baumpfleger, die dafür sorgten, dass die Basis der Stadt nicht abstarb, und natürlich -ihr Werdegang ließ es nicht anders zu die der Grauarchitekten, die die Grenzen Kimtes beständig nach außen trieben, um Platz für das wachsende Gemeinwesen zu schaffen.
    Doch die Spaziergänge dienten nicht der Begutachtung der Arbeit anderer, sondern der Verrichtung ihrer eigenen. Nirgends sonst gelang es ihr so gut, die Flut ihrer Pflichten und Aufgaben zu ordnen, die zahllosen - unweigerlich unverzüglich zu erfüllenden - Wünsche, mit denen man sie tagtäglich konfrontierte. Hier draußen, wo die Stürme Tom Karthays ihr in den Ohren rauschten, fand sie eine Ruhe wie an keinem anderen Ort. Hier schöpfte sie seelische Kraft, um ihr Amt auszufüllen.
    Das Amt verlangte ihr alles ab, angefangen bei den alltäglichsten, grundlegenden Fragen, und mochten sie auf Außenstehende noch so banal wirken: nach dem Ausbau des Müllentsorgungssystems der Stadt beispielsweise. Ein Teil ihrer Beraterinnen sah keine Notwendigkeit dazu. Ein anderer prophezeite, dass die Bewohner Kimtes in wenigen Jahren in ihrem eigenen Müll ersticken würden, schritte man nicht unverzüglich zur Tat. Da waren aber auch die privaten Streitigkeiten um Pflanzen, die in den Bereich des Nachbarn wuchsen, und Ähnliches. Jeder der Kontrahenten war von der überragenden Wichtigkeit seines Anliegens überzeugt und ebenso davon, dass ausschließlich die Planetare Majestät über seinen Fall befinden konnte.
    Und über allem hing die große Sorge: Tom Karthay war ein Versteck, der einzige Ort im Sternenozean von Jamondi, an dem die Motana noch in Freiheit lebten. Nach der Blutnacht von Barinx hatten die Flüchtlinge an diesem Ort, aus dem später die Stadt Kimte heranwachsen und erblühen sollte, ihre Behelfsquartiere aufgeschlagen. Sie waren vor den Kybb-Cranar geflohen. Sollten die Igelwesen jemals auf Tom Karthay stoßen, würden die Tage der freien Motana gezählt sein. Es erwartete
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher