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2216 - Tau Carama

Titel: 2216 - Tau Carama
Autoren: Unbekannt
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Frühere Generationen hatten Pfade und Treppen in den harten Stein gehauen. Jetzt stiegen die Motana im Eiltempo aufwärts. Manche wollten nicht warten, bis sie an die Reihe kamen. Sie kletterten an den steilen Felswänden links und rechts der Schneisen nach oben.
    Inzwischen eilte der Warnruf um die Insel. „Tau Carama!"
    Intake konnte nicht mehr laufen. Sie musste langsam gehen. Die linke Seite ihres Körpers schmerzte fast so schlimm wie ihr Bauch unter den Stichen des Messers ihrer Wachtrance.
    Unter dem weithin zu hörenden Klang der Muschelhörner' erreichten sie schließlich eine der Treppen.Intake schrie auf. „Es zerreißt mich. Ich platze!"
    Noreike packte sie und schubste sie die Stufen hinauf. „Schneller, Inta-Inta!"
    Intakes Beine schienen sich in schwere Baumstämme zu verwandeln, die sich kaum bewegen ließen. Jeder Schritt wurde ihr zur Qual. Mühsam versuchte sie, die ausgetretenen Stufen richtig zu treffen. Ich schaffe es nicht!
    Aber da war Norei-Norei hinter ihr, keuchend und ächzend, die nicht lockerließ und sie beharrlich bergauf schob. „Ja, so ist es gut. Noch einen Schritt, noch einen. Gleich sind wir oben!" Noreike zählte ihr die Schritte vor. Intake setzte einen Fuß vor den anderen, konnte aber nie dem vorgezählten Tempo folgen.
    Endlich tauchte die Oberkante des Felshangs auf. Sechs Stufen noch - sie wusste hinterher nicht mehr, wie sie die noch geschafft hatte.
    Oben knickten ihre Beine ein. Die Freundin ließ sie los. Intake sank zu Boden, den Blick unaufhörlich zum Meer gerichtet. „Es tut so weh!" Tränen liefen über ihre Wangen.
    Noreike kniete neben ihr nieder und schlang die Arme um sie. „Beim Schutzherrn, da kommt sie tatsächlich. Du machst mir Angst, Inta-Inta."
    Aus verschleierten Augen entdeckte Intake den leicht gekräuselten Saum auf dem Wasser.
    Die Welle raste mit hoher Geschwindigkeit heran. Aus der Ferne erklangen Schreie. Ein Schauer lief über Intakes Rücken. Die Fischer und Bootsbauer hatten ihre Warnung nicht ernst genommen. Jetzt rannten sie um ihr Leben. Umsonst!
    Intake stockte der Atem. Die Tau Carama erreichte Ore. Dort, wo die Welle auf den ansteigenden Meeresboden und die Brandung traf, türmte sie sich blitzartig zu einer hohen Wand auf. An ihrer Oberseite kräuselte sich noch immer das Wasser. Gischt sprühte. Die Tau Carama überrollte das Ufer.
    Intakes Körper zitterte und bebte. Jetzt, da das eintrat, was sie vorausgesehen hatte, brach sie unter der Last der Verantwortung zusammen. „Warum ich?" Sie weinte. „Was habe ich getan, dass ich das erdulden muss?"
    Eine ganze Weile brauchte sie, bis sie die Massage Noreikes endlich wahrnahm. Wieder erbebte ihr Körper, aber diesmal handelte es sich um entspannende Wogen, die sie durchfluteten. Fast hätte sie die Tau Carama vergessen. Erst das Bersten und Krachen des Waldes lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Naturereignis.
    Intake fühlte sich empor und weg vom Abgrund gerissen. Erst an den Hütten ließ Noreike sie zu Boden sinken.
    Die Woge bahnte sich ihren Weg. Stämme und dicke Äste brachen, schleuderten hoch hinauf in die Luft. Manche stieß die Wasserwand vor sich her. Geschossen gleich flogen sie in Richtung Oreschme. Die ersten schlugen am Fuß des Felsmassivs ein. Die nächsten prallten schon ein Stück höher gegen das Gestein. Aus der Wasserwand ragten Baumgruppen wie Holzbündel. Es donnerte, als sie gegen die Anhöhe krachten. Der Boden zitterte kurz, dann trat wieder Ruhe ein.
    Einen Augenblick später krachte die Wasserwand selbst gegen das Felsmassiv. Die Hütten schüttelten sich. Die Nestkapseln oben in den Bäumen begannen hin und her zu schwingen.
    Die Tau Carama kam zum Stillstand. Zumindest jener Teil der Welle, der das Felsmassiv getroffen hatte. Der Rest wälzte sich weiter, um den Berg herum, brach sich seinen Weg und rollte langsam bis zum gegenüberliegenden Ende der Insel aus.
    Ein Regen aus Gischt und Wasserfontänen platzte über Oreschme und seine Bewohner herein. Ein paar Vorratshäuser brachen unter der Wucht einschlagender Wassermassen zusammen. Motana, die nicht rechtzeitig ausweichen konnten, erhoben sich nicht mehr, als Augenblicke später das Wasser ablief und in kleinen Wasserfällen vom Felsmassiv hinab in den Wald stürzte. Übergangslos herrschte eine fast gespenstische Stille. „Es ist vorüber", hauchte Noreike an ihrem Ohr. „Beim Schutzherrn. Er hat uns einen Boten gesandt."
    Mühsam kam Intake am Arm der Freundin auf die Beine. Ihr war
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