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220 - Die Reise nach Taraganda

220 - Die Reise nach Taraganda

Titel: 220 - Die Reise nach Taraganda
Autoren: Ronald M. Hahn
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Matt, ich bin gleich wieder da.« Er ging ins Hinterzimmer. Eddie knutschte gerade eine dürre Braut. Ostwald blieb stehen und hüstelte diskret.
    »Yeah?« Eddie drehte sich um. Er sah aus wie Peter Fonda in Easy Rider. »Wat is, Opa?« Dann erkannte er Ostwald und knallte die Hacken zusammen. Vor sechs Jahren hatte er unter ihm gedient. »Herr Hauptmann!«
    »Stehen Sie bequem.« Ostwald grinste. »Ich hab wenig Zeit, deswegen mach ich’s schnell: Ich muss zum Flughafen, ‘ne Maschine kriegen. Ist Ihr Ofen einsatzbereit? Ich lass mir die Sache auch was kosten.«
    »Klar, Captain.« Eddie ließ die Braut los, ein im Übermaß geschminktes Blondchen, das sich bemühte, Gülcan Kamps zu ähneln, und gab ihr einen Klaps auf den Popo. »Bis später, Schatz. Das Vaterland ruft.« Er folgte Ostwald in die Gaststube, wo Matt gerade die Zeche bezahlte. »Ich geh schon mal raus, die Karre steht in der Einfahrt um die Ecke.« Eddie schnappte sich eine Lederjacke, die am Eingang hing.
    »Ich komm dann auch gleich.« Ostwald zwinkerte ihm zu und begab sich zu Matt und seinem Einsatzkoffer. »Tut mir wahnsinnig leid, Matt, dass ich schon aufbrechen muss.« Er seufzte. »Hat mich wirklich gefreut, dich zu sehen.«
    Matt hielt ihm ein frisches Glas Kölsch hin. »Du warst eingeladen, Omar. Beim nächsten Mal bist du dran.«
    »Gebongt.«
    Sie prostete sich zu. »Ex«, sagte Matt. »Damit du zu deinem Flieger kommst.« Sie kippten den Inhalt der 0,2er und stellten sie ab.
    Ostwald nahm seinen Koffer. »Ich komm mal nach Berlin.« Er zückte sein Handy. »Gib mir deine Nummer.« Während Matt diktierte und Ostwald eingab, ging die Tür auf und Eddie schob den sturzbehelmten Kopf herein. »Können wir, Captain?«
    »Bin sofort da.« Ostwald speicherte die Zahlen ab und nickte Matt zu. » Bis die Tage, wie man im Bergischen Land sagt.«
    »Halt die Ohren steif.« Matt stand auf und klopfte ihm auf die Schulter.
    »Weißt du schon, wo du heute Nacht pennst?«, fragte Ostwald.
    Matt deutete über seine Schulter. »Zwei Häuser weiter ist ‘ne Pension. Mach dir keine Sorgen.«
    »Bye, Matt. Wir sehen uns.« Ostwald ging hinaus. Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss. Die ihm entgegenschlagende Kälte haute einen fast um.
    »Hier entlang, Captain«, sagte Eddie und führte ihn zu seiner Harley.
    Eine Minute später bahnten sie sich knatternd einen Weg durch den stehenden Verkehr.
    ***
    Viktoriasee, Afrika, Ende Juni 2524
    Als Matthew Drax an diesem Morgen die Augen aufschlug, ging ihm das leichte Schaukeln der Stadt gegen den Strich. Nun ja, als Pilot hatte er viele tausend Stunden über den Wolken verbracht, doch über ihnen zu schlafen war nicht sein Bier.
    Eine halbe Stunde später verließ er das für postapokalyptische Verhältnisse äußerst luxuriöse Bad des kaiserlichen Gästehauses und strebte seiner Restauration entgegen. Der stahlblaue Himmel wirkte wie ein Gemälde. Langschädelige Amazonen, die aus Gassen kamen oder in ihnen verschwanden, zwinkerten ihm zu. Barock gekleidete Soldaten mit weißen oder rosafarbenen Perücken, an deren Gürteln Degen hingen, grinsten freundlich. Ein krausköpfiger Wicht, der am Rockzipfel einer Frau hing, streckte Matt die Zunge heraus. Matt tat es ihm gleich, was der Kleine wohl für witzig hielt, denn er schüttete sich vor Lachen aus, bis seine Mutter herumfuhr und Matt strafend anschaute. Er eilte weiter, froh darüber, dass man ihn überhaupt wieder wahrnehmen konnte.
    Allem Anschein nach hatte sich in der über dem Südwestufer des Victoriasees schwebenden Stadt schon herumgesprochen, dass der Kaiser in der Nacht zuvor von seiner geheimen Expedition zurückgekehrt war. Dass die Menschen Matt so freundlich begegneten, konnte eigentlich nur bedeuten, dass sie wussten, wer ihrer altfranzösische Majestät das Leben gerettet hatte.
    Die Restauration war so einfach gestrickt wie fast alle Unterkünfte der in luftiger Höhe schwebenden Plattform: Die Möbel bestanden aus Bambus; geschickte Hände hatten sie mit Schilf aneinander gebunden. Farbige Frauen mit rosa Kraushaar bedienten die Gäste, mehrheitlich Offiziere der Palastgarde, schlanke ebenholzfarbene Burschen mit großen weißen Zähnen. Hier und da kniffen sie der Bedienung auch schon mal in den Po.
    Matt bestellte auf Französisch das, was auch die anderen zu sich nahmen: Brot, Butter und Käse, dazu ein Getränk, das an Kaffee erinnerte. Auch die Gardisten nickten ihm zu. Ein Offizier knallte gar die Hacken zusammen. Die Preußen
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