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218 - Nefertari

218 - Nefertari

Titel: 218 - Nefertari
Autoren: Christian Schwarz
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Selbst nach dreißig Tagen war sein Rücken noch immer wund.
    Kurz vor Einbruch der Nacht gaben die Küchenbullys das Essen aus. Es gab Geschnetzeltes aus Wakuda- und Croocfleisch in Feigensoße, Drogbahs Lieblingsgericht. Der Standartenführer stand in der langen Schlange seiner Kamraads. Als er endlich dran kam, musterte ihn der Küchenbully. »Du bist Drogbah, stimmt’s?«
    »Ja, und?«
    »Du bekommst heute kein Geschnetzeltes, nur Hirsebrei.«
    »Bist du verrückt?«, begehrte der Standartenführer auf. »Sofort haust du mir einen Schlag Geschnetzeltes auf den Teller, sonst bist du morgen selbst im Topf drin, verstanden?«
    Der Küchenbully zeigte sich wenig beeindruckt. »Befehl vom Mombassa. Weil du die Übung nicht geschafft hast. Er sagt, du seist noch immer zu dick und musst weiter abnehmen.«
    Drogbah schnaubte vor Wut. Seine Hand fuhr zur Pistool, die er im Gürtel trug. Diese Demütigung wollte er sich nicht gefallen lassen. Als aber plötzlich Mongoo neben den Küchenbully trat, ließ Drogbah sofort ab. Mongoo, der kleine, drahtige Mittdreißiger, den man nie ohne seine bunte, hoch aufragende Pfauenfederkrone sah, musterte ihn mit verkniffenem Gesicht. Das reichte schon. Der Standartenführer wusste genau, dass Mongoo, der zum engsten Kreis um Mombassa gehörte, ein gefährlicher Kämpfer war.
    Der Standartenführer holte sich eine große Schüssel Hirsebrei ab. Er setzte sich zu Oliseh und Kanute, zwei anderen Standartenführern, die in den Genuss von Geschnetzeltem gekommen waren. Sie wagten es allerdings nicht, ihm etwas abzugeben.
    Drogbah war kein Feigling. Und so langsam platzte ihm der Kragen. Viele Jahre hatte er ein sattes, bequemes Leben als Standartenführer in der Huutsi-Armee geführt. Ein gutes Leben. Mit Wohlgefallen hatte er seinen Bauch wachsen sehen und sich lustvoll jeden Abend betrunken. Seit sich aber dieser verdammte Yao die Königswürde erschlichen hatte, war das alles vorbei. Lustlos stocherte Drogbah in der Hirse. Das Kopfweh, das ihn plagte, seit er nicht mehr trinken durfte, nahm wieder zu. »Findet ihr es richtig, dass König Yao uns so schinden lässt?«, fragte er laut seine beiden Kamraads.
    Oliseh und Kanute versteiften sofort. Sie sahen sich furchtsam um. »Der König wird schon seine Gründe haben«, murmelte Oliseh halblaut und senkte den Kopf über die Schüssel mit dem Geschnetzelten.
    Drogbah lachte kurz und trocken. »Ach ja? Hat er? König Yao behauptet, dass er die Armee gut ausbilden muss, weil ein mächtiger Feind die Huutsi bedroht. Aber wer, so frage ich euch, Kamraads, ist denn nun dieser mächtige Feind, der uns demnächst angreifen will? Wo ist diese zweite Großmacht, die neben den Huutsi existieren soll? Niemand weiß etwas von ihr. Da stellt sich mir die Frage, ob es sie überhaupt gibt.«
    »Hör auf mit diesem Gerede, Drogbah«, zischte Kanute. »Du stürzt uns alle ins Verderben. Der Geheimdienst des Königs ist überall, und niemand weiß, wer dazu gehört. Hast du schon vergessen, dass man Huutsi tot aufgefunden hat, die den neuen König angezweifelt haben?«
    »Ist mir doch egal.« Die Stimme des Standartenführers wurde lauter. »Ich sage nur, was endlich mal gesagt werden muss, Kamraads. Es gibt keine Macht, die die Huutsi bedroht. Dazu sind wir selbst viel zu mächtig. Stattdessen munkelt man, dass König Yao irgendwelche Fliegenden Städte anzugreifen gedenkt. Was soll das? Sollte das der Wahrheit entsprechen, gefährdet er dadurch die Existenz der Huutsi unnötig. Er macht uns unter Umständen tatsächlich einen mächtigen Gegner zum Feind, der sonst niemals etwas von unserer Existenz erfahren hätte. Ja, das ist der wahre Grund, warum wir leiden müssen: König Yao will einen Angriffskrieg führen.«
    »Sei endlich still«, zischte nun auch Oliseh. »Oder wir gehen weg von dir. Wir wollen das nicht hören.«
    »Ach ja? Dann seid ihr so erbärmliche Feiglinge wie alle anderen auch. Ich jedenfalls weiß, was ich tun werde. Sobald ich aus diesem verdammten Lager wieder raus bin.«
    ***
    Auf dem Weißen Nil
    Nordafra, Mitte Februar 2524
    Daa’tan bewegte sich seit gut zwei Stunden auf dem Vorderdeck des schlanken Segelschiffes und ließ sein Schwert Nuntimor kreisen. Dabei duckte er sich immer wieder, steppte zur Seite und stieß plötzlich zu. Wenn ihm bei seinem Schattenkampf ein Tau oder ein anderer Gegenstand in die Quere kam, mussten sie dran glauben. Daa’tan stieß dann jedes Mal einen triumphierenden Schrei aus.
    Grao’sil’aana,
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