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218 - Nefertari

218 - Nefertari

Titel: 218 - Nefertari
Autoren: Christian Schwarz
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Schritte vor ihm bei den Lianen und hangelte sich auf den untersten Ast hoch. Kalu und Bokah standen bereits oben, hielten mühsam das Gleichgewicht auf der schrundigen Rinde und richteten ihre Pistools auf eine Eisenfigur mit menschlichen Umrissen zwischen den Blättern am Ende des Astes.
    Auch Drogbah wollte die Liane hoch. Aber nun versagten seine Kräfte endgültig. Nach zwei Zügen rutschte er wieder ab, während über ihm Schüsse knallten. Keuchend lag er auf dem Boden. Sein schlank gewordener Bauch hob und senkte sich hektisch und seine Arme zitterten. Kalu und Bokah sprangen neben ihm auf den Boden. Auch sie keuchten. Eine hünenhafte Gestalt trat aus dem Schatten des Maulbeer-Feigenbaumes. Sie trug den Kopf eines selbst erlegten Lioon auf dem Schädel. Die Mähne fiel bis auf ihre mächtigen Schultern herab. Ihr gut zwei Meter zwanzig großer Körper war in Lepaadenfell gehüllt.
    Mombassa! Der Wawaa war Drogbah unheimlich, seit er einmal gesehen hatte, dass ein wuchtig geworfener Speer einfach von dessen tief schwarzer Haut abgeprallt war. Nicht wenige Huutsi sahen einen Deemon in dem Mann, der nicht nur zu König Yaos engstem Vertrauten aufgestiegen war, sondern auch, zusammen mit anderen Wawaas, den Drill der Huutsi-Soldaten leitete. Die Zahl derer, die es als Affront empfanden, dass sich die glorreiche Armee der Huutsi von dahergelaufenen Wanderkriegern schinden lassen musste, wuchs täglich. Aber niemand wagte dies offen zu sagen. Die Folgen konnten unabsehbar sein.
    »Kalu und Bokah, mit euch könn’mer zufrieden sein«, sagte Mombassa mit seiner dröhnenden Stimme. »Ihr habt die Übung grade noch innerhalb von der geforderten Zeit geschafft. Der Atu-Ba war einen kleinen Zeitstrich drüber. Kann ich grade noch akzeptieren, wenn das morgen besser wird.«
    Mombassa fixierte Drogbah und rollte seine großen Augen. »Und bei dir, Standartenführer, war es Hyeenascheiße. Aber das weißte wahrscheinlich selber. Nicht mal die Lianen biste hoch gekommen, und wenn doch, hättste mit der Pistool weit daneben geschossen, so fertig biste. Das garantier ich dir. König Yao wird nicht zufrieden sein, denn er sagt ja immer, dass gerade seine Standartenführer Vorbilder sein müssen, immer vorne dran, die Besten. Und wenn’se das nicht sinn, dann sinn’se auch schnell wieder einfache Laandser. Und ich sag dir was, Drogbah, da hat König Yao verdammt Recht, wenn du mich fragst. Sieh zu, dass du morgen die Übung schaffst.«
    Die Papagoos zeterten in den Bäumen über ihnen, als würden sie ihn ebenfalls auslachen. Und genau in diesem Moment veranstalteten die Monkees ein Höllengebrüll. Drogbah schluckte schwer. Am liebsten wäre er diesem verdammten Kerl an die Gurgel gegangen, aber das hätte er nicht überlebt.
    Banta – die Wawaa, der ein Auge fehlte – betrat die Szenerie. Sie ging nahe an dem immer noch daliegenden Drogbah vorbei und verpasste ihm wie unabsichtlich einen Tritt. Dabei fletschte sie ihre zugespitzten Zähne, die ihr die Grausamkeit von Menschenfressern verliehen. Vor ihr schauderte es Drogbah noch mehr als vor Mombassa. Und beide stanken schlimmer als Zilverbaks. Aber er musste zugeben, dass die Wawaas tapfere und trickreiche Kämpfer waren, auch wenn er dies nur widerwillig tat.
    Drogbah rappelte sich wieder hoch und klopfte sich den Staub vom Körper und dem kurzen braunen Waffenrock aus Wakudaleder. Um sich keine weitere Blöße zu geben, ging er trotz Schmerzen aufrecht ins Ausbildungslager zurück.
    Es lag etwa drei Kilometer außerhalb Kiegals, der Hauptstadt der Huutsi, dort, wo die weite Grasebene, die an die Maisfelder zu Füßen von Papa Lava anschloss, allmählich in den Dschungel überging. Vor etwa vierzig Tagen hatte der Vulkan mal wieder zu rauchen aufgehört und Drogbah hoffte, dass es noch lange so blieb. So konnte Kiegal Atem schöpfen, denn die Gefahr ausfließenden Magmas war allgegenwärtig, wenn Papa Lava dampfte.
    Im Ausbildungslager standen lang gezogene Holzhäuser, in denen Laandser und Offiziere gleichermaßen schliefen. Die vier Einheiten der Huutsi-Armee mussten im Wechsel jeweils für zwanzig Tage hier einrücken und wurden dann von den Wawaas gedrillt. In dieser Zeit durften die Soldaten nicht zu ihren Familien nach Kiegal, obwohl sie die stolze Stadt am sanft ansteigenden Hang von Papa Lava von hier aus sehen konnten. Ein junger Rekruut, der es aus schmachtender Liebe zwei Mal getan hatte, war erwischt und von Mombassa höchstselbst ausgepeitscht worden.
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