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2170 - Das Reich der Güte

Titel: 2170 - Das Reich der Güte
Autoren: Unbekannt
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zufällige Begegnung unwahrscheinlich. Unser Zusammenstoß war in einer der vielen Passagen erfolgt, welche verschiedene Einkaufszentren und Freizeiteinrichtungen sowie die Foyers der eigentlichen Wohntürme miteinander verbanden. Wegen des besonders angenehmen Hyperklimas, hatte Tirotu erklärt, galt dieses Habitat als sehr exklusiv. Außerdem zählte es eher zu den kleineren seiner Art. Es beherbergte nur etwa fünfhunderttausend Guyar. Nur!
    Die gesamte Einwohnerschaft der Goldenen Kuppeln machte nicht einmal ein Hundertstel davon aus. Die junge Leuchterin hatte schon Recht gehabt: Ich war tatsächlich ein Hinterwäldler. Nie und nimmer hätte ich mich in diesem gigantischen, von Leben wimmelnden Bauwerk ohne meinen Armbandservo zurechtgefunden. Ich ließ mich von ihm zu einem der zahlreichen Antigravs dirigieren, die das Wolkenheim mit der Oberfläche des Planeten verbanden. Es gab keinen Schacht wie auf Raumschiffen oder in den Gebäuden von Siv'Kaga. Man trat einfach ins Leere... ...und schwebte nach unten. Etwa eineinhalb Bhinon oder tausendfünfhundert Varnon. In deinen Längenmaßen ausgedrückt, die wir eher verwenden sollten, weil sie in der Zukunft gelten: rund 3800 Meter. Nur damit du dir ungefähr ausmalen kannst, wie mulmig mir dabei zu Mute war. Der erste, entscheidende Schritt kostete mich einige Überwindung. Du merkst schon, ich zögerte ein bisschen an der Kante der Bodenluke herum. Schwindel empfand ich nicht, doch mein Tymcal-Kreislauf hatte sich ganz schön beschleunigt. Bei allem Vertrauen in die vaianische Ingenieurskunst - wenn diese Antischwerkraft-Geräte ausfielen, half einem rein gar nichts mehr.
    Zwar wusste ich, dass das theoretisch wie praktisch unmöglich war. Derartig sensible Transportsysteme waren dutzendfach redundant abgesichert. Aber Wissen und Erfahren ...
    Die Antigravs wurden wenig frequentiert. Klar: Wer es eilig hatte, nahm lieber den Personentransmitter. Nur Müßiggänger und Neulinge wie ich wählten diese viel langsamere, doch ungleich spektakulärere Beförderungsart. Daher schrak ich zusammen, als plötzlich hinter mir eine raue Stimme ertönte. „Na, was ist, junger Mann - soll ich dich schubsen, oder traust du dich von allein?"
    Ich fuhr herum.
    Er war alt, an der Grenze zur Gebrechlichkeit oder bereits darüber hinaus. Stand tief gebeugt und unsicher, auf zwei Stöcke gestützt. Und seine Angugoles hatte er wohl schon länger nicht mehr gewechselt. Sie waren grau und abgeschmuddelt. Wenigstens bedeckten sie seinen schmächtigen Körper lückenlos. Und immerhin, er stank nicht. Seine Aura wirkte sogar recht sympathisch. „Ijotha spricht: Unsere Lebenszeit ist zu kurz, als dass wir uns überhastete Entscheidungen leisten könnten", zitierte ich an Stelle einer Antwort mein Idol, den Verkünder.
    Der Alte vollführte eine zustimmende Kopfbewegung. Kleine lila Flecken um seine Mundpartie verrieten Belustigung. „Der Dhasaren sagt aber auch: Wer nicht zur rechten Zeit die Initiative ergreift, läuft Gefahr, selbige an andere zu verlieren", entgegnete er. „Ich hätte dich längst hinunterstoßen können."
    „Das stimmt. Doch wenn du in Ijotha Hyndalins Merksätzen so gut bewandert bist, kennst du sicher auch jenen: Andere zu ihrem Glück zu zwingen ist eines der übelsten Verbrechen, die Sterbliche begehen können."
    „Gut, schön, ich geb's auf." Der Alte wackelte ungeduldig mit dem Oberkörper. „Also willst du jetzt diesen Schritt tun, Junge, oder doch lieber stehen bleiben und schlaue Sprüche klopfen, bis mir der andere Fuß auch noch einschläft?" Lachend trat ich ins Nichts.
    Es war nett, mit dem Alten zu plaudern, während wir gemächlich auf die Oberfläche Calderas hinab sanken. Angenehmerweise entpuppte er sich keineswegs als Schwätzer. Zwischendurch schwiegen wir adrinlang und gaben uns ganz der herrlichen Aussicht hin. Im goldenen Flirren des Para-Staubs breitete sich Calduum, die Prächtige, unter uns aus. Da sich fast alle industriellen Komplexe, planetaren Verkehrswege und anderen infrastrukturellen Einrichtungen unterirdisch befanden, andererseits die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung in den schwebenden Wolkenheimen wohnte, blieb an der planetaren Oberfläche viel Raum für Baukunst und Landschaftsarchitektur.
    Weitläufige Parkanlagen in den verschiedensten historischen und zeitgenössischen Stilen wechselten einander ab. Manche Gärten erschienen naturbelassen, unberührt, urwaldhaft; andere waren bis ins kleinste Detail künstlerisch
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