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2170 - Das Reich der Güte

Titel: 2170 - Das Reich der Güte
Autoren: Unbekannt
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ihresgleichen.
    Der Baumeister meinte es gut, das stellte ich gar nicht in Zweifel. Dass er die „Rintacha- Wandelzeit" nach sich benennen wollte, sie quasi signieren, ihr seinen Stempel aufdrücken - wie es Bauingenieure mit ihren Plänen nun. einmal tun -, war pure Eitelkeit, sonst gar nichts. Und doch zeigte mir das die Unverhältnismäßigkeit seines Ansinnens. Die Zeit war zu groß für uns. Nicht um eine Nummer, eine Evolutionsstufe, sondern um unendlich viele. Erünie Zowel wiederum hatte es durchaus böse gemeint, als sie mir das Gleichnis mit dem Sanddrachen unter alle drei Nasenlöcher gerieben hatte.
    Gleichwohl brachte sie mich damit wieder auf den richtigen Weg zurück. Der Sanddrache ließ sich nicht beherrschen, genauso wenig wie die Zeit. Wer sich anmaßte, darauf zu reiten, das Untier leichthändig zu lenken vermeinte, als wäre es ein Calkhoo, machte sich etwas vor. Und was ihm die Dorfbewohner entgegenbrachten, war nicht Respekt, sondern nackte Angst.
    Rintacha nahm meine Entscheidung nicht einfach so hin. In einem Wutausbruch, der dem seines alten Schulkollegen mindestens ebenbürtig war, geißelte er sämtliche Verkünder, ihre beschränkten Stellvertreter und sonstige geistige Kleinkrämer wortreich und farbenprächtig. Ich aber ließ mich nicht erweichen. Kategorisch verbot ich, in Ijothas Namen und meinem eigenen, mit der ganzen Autorität meines Amtes und in vollem Bewusstsein der politischen und militärischen Macht, die von den Calditischen Palästen verkörpert wurde, jegliche Beschäftigung mit Zeitexperimenten.
    Die Arbeit am Temporalgenerator war unverzüglich einzustellen, widrigenfalls sogar dem großen Rintacha Sahin jegliche weitere Baubefugnis entzogen würde. Ich legte ihm ein ausgedrucktes Formular meines Schiedsspruchs vor und ließ es ihn vor meinen Augen unterschreiben. Er sollte nicht behaupten können, unvollständig über die Haltung der Dhasaren zu seinem Projekt informiert worden zu sein. Dann begab ich mich auf den AGLAZAR, der mich nach Cocindoe gebracht hatte, und flog heim nach Caldera. Doch bevor ich mich in den Palästen zurückmeldete, besuchte ich noch die schlichte Gedenkstätte, die für Meloce Xip und Keepige Driallo errichtet worden War. Und bat unter Tränen um Vergebung.
     
    20.
     
    Abschiede und Aufbrüche
    64. Burd 5529 Tha
     
    Ruhigere Thadrin folgten.
    Nicht, dass uns langweilig geworden wäre in den Calditischen Palästen. Zu tun gab es genug. Immer wieder traten lokale Händel und Kontroversen auf; mindestens jedes zweite Mal davon im Einflussbereich der Valenter. Aber wir erkannten alle Fehlentwicklungen rechtzeitig. Und wir korrigierten sie, bevor sie größeres Unheil anrichten konnten - auch ohne Temporalgenerator. Dann reichte Tirotu Rixte seine Demission ein.
    Ijotha, ich und der Rest des Stabs bedauerten das sehr. Tirotus offenes, beschwingtes Wesen und sein scharfer Intellekt würden uns fehlen. Wir hatten andererseits vollstes Verständnis für seinen Schritt. Solange ich ihn kannte, war er bei all der guten Laune, die er ständig verstrahlte, ein Einsamer, Suchender, im tiefsten Geflecht Unglücklicher gewesen. Nun vermeinte er, endlich die große Liebe seines Lebens gefunden zu haben.
    Sicher war er sich nicht; jedoch gewillt, es zu versuchen. „Hätten wir Rintachas Zeitmaschine", scherzte er, „könnte ich ja einfach in der Zukunft nachsehen, ob ich nicht doch im Begriff bin, eine Riesendummheit zu begehen. Aber ich denke, es ist besser so. So muss ich mich darauf einlassen, ganz oder gar nicht. Wer will die Zukunft noch erleben, wenn er sie bereits kennt?" Wir wünschten ihm alles Glück des Universums.
    Hätten wir Rintachas Zeitmaschine gehabt, hätten wir vielleicht gewusst, was aus Tirotu werden würde. Und aus meinen Eltern, Panige und Enguarti Kulalin. Und aus neun Milliarden weiterer Leuchter, Bewohnerinnen und Bewohner von Calduum, der Goldenen, und anderen Ansiedlungen auf Caldera, auf Sivkadam oder sonst wo in den acht Galaxien. Aber wir wussten es nicht. Und das war gut so.
    Diese Zukunft hätten wir mit Sicherheit nicht erleben wollen. Und deine, mein fremder Freund - na ja.
    Am 61. Burd 5529 Tha starb Ijotha Hyndalin. Tief unten in den subplanetarischen Kavernen der Calditischen Paläste erlebte ich seine letzten Augen- und Lichtblicke mit.
    Er legte die Angugoles ab und entblößte sich, wie es Brauch war seit alters her. Sein ausgemergelter Leib war fast durchscheinend; die Lichtimpulse liefen nur noch über die
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