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217 - Der Unsichtbare

217 - Der Unsichtbare

Titel: 217 - Der Unsichtbare
Autoren: Michelle Stern
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ein Gegenmittel? Ich nehme an ihr wisst, was für ein Scheusal uns angegriffen hat?«
    Oree nickte. »Wie ich schon sagte: Im Dorf wird man euch helfen.«
    Pilatre de Rozier riss sich zusammen und zwang sich bei Bewusstsein zu bleiben, während die Männer ihn links und rechts an den Armen packten und mit sich zogen.
    ***
    Matt blieb nichts anderes übrig, als seinen Begleitern zu folgen. Er hatte hilflos mit ansehen müssen, wie die Männer und dieser Oree aus dem Hinterhalt gekommen waren und Yann und Pilatre gefangen nahmen. Aber vielleicht war das sogar die beste Lösung – sofern die Dorfgemeinschaft den beiden half und sie nicht als Dinner eingeplant hatte. Die Eingeborenen besaßen sicher die beste Medizin gegen das Gift des Tentakelmonsters.
    Nur ihm selbst würden sie nicht helfen können. Matt seufzte. Er musste unbedingt in der Nähe von Yann Haggard bleiben; er war der Einzige, der ihn mit seinen besonderen Fähigkeiten vielleicht noch einmal wahrnehmen konnte.
    Matt war überrascht, als er sah, auf welche Fahrzeuge seine Begleiter gesetzt wurden – Motorräder! Sie wirkten grob zusammengesetzt und machten keinen besonders Vertrauen erweckenden Eindruck, aber sie fuhren. Wo mochten die Schwarzen einen genügend großen Spritvorrat aufgetan haben? Und noch rätselhafter: Verstanden sie das Prinzip der Zweiräder, die sie »Boda-Bodas« nannten? Bislang hatten sie den Eindruck von Wilden gemacht; waren sie in Wahrheit eine Art Retrologen? (Retrologen: Sammler, die sich mit der Technik der Vergangenheit befassen)
    Matthew fiel zudem auf, dass die Eingeborenen eine für Krieger ungewöhnliche Statur hatten: Die meisten waren fett und hatten deutliche Speckfalten, die über ihre Lendenschurze hingen.
    Vier der Krieger wurden abkommandiert, Haggard und de Rozier ins Dorf zu bringen. Matt setzte sich hinter einen der Krieger, den die anderen Buran nannten.
    Kurz befürchtete er, körperlos durch die Maschine hindurch zu fallen, doch es verhielt sich wie mit dem Erdboden: Er sank nicht ein, sondern fand festen Grund. Sein Gewicht schien dagegen aufgehoben; als er sich setzte, gingen die Stoßdämpfer um keinen Zentimeter tiefer. Nur festhalten konnte er sich nicht, weder an den Haltegriffen, noch an dem Krieger. Er musste versuchen, mit dem Vorbeugen seines Körpers das Gleichgewicht zu halten – selbst wenn er dabei in Burans Leib eintauchte.
    Die Motorräder wurden gestartet. Matt schnupperte, roch aber kein Benzin und keine Abgase. Sind meine Geruchsnerven auch betroffen, oder betreiben sie die Dinger mit etwas anderem, vielleicht Ethanol?
    Matt hatte kaum Zeit, sich auf der rasanten Fahrt Gedanken darüber zu machen. Trotzdem er als körperloser Geist wohl kaum in Gefahr war, fürchtete er um sein Leben – und mehr noch, von dem Gefährt geschleudert zu werden und im Dschungel zurückzubleiben. Buran hatte einen Fahrstil, der den Tod mit Verachtung strafte. Sie ruckelten, hopsten und schlitterten über einen zugewucherten, unebenen Sandweg, bis endlich die hölzerne Umzäunung eines Dorfes in Sicht kam. Meist lag Matt flach mit dem Bauch auf dem Sitz, um die Balance zu halten, wobei er durch Burans Körper hindurch ragte. Das Gefühl dabei war erschreckend fremd und äußerst unangenehm, aber der Krieger schien nichts zu spüren.
    Mehrmals hörte Matt den Kaiser auf einer der anderen Maschinen »Mon dieu« und »Dieu vous gardez!« rufen. Yann Haggard dagegen blieb stumm, vermutlich paralysiert vor lauter Angst.
    Als sie das hölzerne Tor passierten und im Schatten einer Palme anhielten, bekreuzigte sich der Franzose. Sie standen auf einem staubigen Platz, umgeben von stroh- und palmgedeckten Hütten. Hier und da ragte ein Stück rostiges Wellblech hervor. Zwei Steinhäuser waren auch dabei. Eines hatte eine historische Fassade und auf dem Dach war stark verblasst ein Schriftzug zu erkennen, der vielleicht einmal neongelb geleuchtet hatte: »The real church«. Ein Kreuz war auf dem Gebäude allerdings nicht mehr auszumachen. Vermutlich war es irgendwann im Laufe der Jahrhunderte herab gefallen. Mangobäume wuchsen zwischen den Hütten und warfen mit ihren langen dunkelgrünen Blättern wohltuende Schatten.
    Auf dem Dorfplatz sahen mehrere Frauen und Kinder zu ihnen auf. Vor den nackten Kindern lagen Murmeln aus Holz. Zwei zahme Hyeenas hockten bei ihnen. Sie waren mit langen Seilen an einen hölzernen Pflock gebunden, der in der Erde steckte. Die mit weiten dunklen Röcken bekleideten Frauen waren dabei,
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