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216 - Jenseits von Raum und Zeit

216 - Jenseits von Raum und Zeit

Titel: 216 - Jenseits von Raum und Zeit
Autoren: Jo Zybell
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untergegangen!«
    … im Grunde bist du verantwortlich für mein Schicksal!, fuhr die Stimme in Matts Kopf unbeirrt fort. Und weißt du was? Jemand hat mir meine Geliebte geraubt! Auf einmal klang sie vorwurfsvoll, die Stimme in Matts Schädel, richtig zornig. Es war ein alter Menschenmann, einer aus deinem Volk, Maddrax! Meine Geige hat er mir fortgenommen. Wie willst du das wieder gutmachen…?
    Die Aura nahm eine violette Färbung an und kam näher. Und von einem Augenblick zum anderen begriff Matthew Drax, dass Gilam’eshs Geist krank war. Die Jahrmilliarden lange Einsamkeit im Zeitstrahl hatte ihn wahnsinnig gemacht.
    Was leuchtet da in deiner Brusttasche? Die Aura kam näher.
    Matt Drax wich unwillkürlich zurück und sah an sich hinunter. Etwas Rotes schimmerte in Höhe seiner linken Brusttasche durch den Stoff des Spezialanzugs hindurch.
    Es musste am blauen Leuchten der Aura liegen oder am bläulichen Fluidum des Zeitstrahls, denn auch die verchromte Fassung seines Taschenmessers schimmerte durch den Stoff seiner Hosentasche, und durch das Material der Beintasche sah man die Reflexzone seiner kleinen Stablampe glänzen.
    »Ein Edelstein«, sagte er. Gilam’eshs Aura kam noch näher, und er wich noch weiter zurück. »Ein roter Rubin. Ich habe ihn geschenkt bekommen. (von dem Dankar Aibas; [3] ) Er soll mir Glück bringen…« Auf einmal stieß Matt mit dem Rücken gegen die Gondelwand.
    Er soll uns beiden Glück bringen, wisperte die Stimme in seinem Schädel. Denn du bist auserwählt, meine Wohnung zu sein, ich werde mich in deinem Körper niederlassen.
    Matt Drax hielt den Atem an vor Schrecken. Mit einem kranken Geist sein Hirn teilen…?
    Ist das nicht ein wunderbarer Gedanke, Maddrax? Die Stimme erfüllte seinen Schädel. Und plötzlich klang sie siegesgewiss und selbstgefällig. Du darfst für immer dein zentrales Nervensystem mit mir teilen. Du darfst für immer neben mir denken und sein…
    Alles in Matt sträubte sich gegen dieses Vorstellung. Und alles in ihm verschloss sich vor dem Geist des Freundes. Gilam’esh schien es genau zu spüren.
    Was ist mit dir? Die Aura berührte Matt, hüllte ihn wieder ein. Warum verkrampfst du dich? Willst du mich etwa nicht in deinem Gehirn wohnen lassen?
    Matt suchte nach Worten, wollte irgendetwas sagen, das ihm Zeit zum Nachdenken verschaffte, doch plötzlich zog sich Gilam’eshs Aura um ihn zusammen. Von einem Augenblick zum anderen wurde er fortgerissen…
    ***
    Matthew Drax stürzte in blaues Nichts. Und er vermochte nicht einmal zu sagen, ob er nach oben oder nach unten stürzte in diesem Zeitstrahl.
    Vollkommen allein fühlte er sich, und wusste doch, dass er nicht allein war. Ein Wahnsinniger hielt sich ganz in seiner Nähe auf. Ein kranker Geist, der sein Gehirn okkupieren wollte!
    Seine Angst vermischte sich mit dem Empfinden seiner absoluten Ohnmacht. Panik drohte ihm die Kehle zuzuschnüren. Er zwang sich zu ruhigen, gleichmäßigen Atemzügen.
    Dann begannen Farbspiralen um ihn herum zu rotieren, blau und grün und gelb und orange und rot. Ein Sog erfasste ihn. Es war, als würde eine Röhre aus Farbspiralen ihn einsaugen.
    Die glühenden Flecken nahmen Gestalt an. Plötzlich sah er Bruchstücke der Welt um sich kreisen: Sterne, Vögel, Monde, Laubblätter, Hochhäuser, Mückenschwärme, Felstürme, Wassertropfen, Flugzeuge, Moleküle, Schiffe, Sandkörner, Küsten, Maschinenteile, Flüsse, Kiesel, Knochen, Nebelschwaden, Eiszapfen, Dampfwolken, Wüsten…
    Jetzt werde ich auch wahnsinnig, dachte er, und der Gedanke stand so riesengroß in seinem Schädel, dass er allein von seiner Gegenwart schon halb verrückt wurde. Wieder zwang er sich zum ruhigen Durchatmen, zählte seine Atemzüge.
    Ein Strudel riss ihn mit unwiderstehlicher Kraft in eine Weite, vor der er sich fürchtete. Bunte Farbnebel leuchteten wie Glutwolken. Bald verlangsamten sich die Rotationen des farbigen Lichts, die Kraft des Strudels ließ nach, und die Zeitstrahlgrenzen wurden wieder erkennbar, flimmerten wieder in einem hellen Blau.
    Matt Drax schwebte nur noch. »Eins und zwei und drei und vier«, murmelte er im Rhythmus seiner gleichmäßigen Atemzüge. Das Rund der Tunnelwände stand wieder still, und er konnte einzelne Konturen außerhalb des blauen Geflimmers unterscheiden: Galeriebalustraden, Torbögen, Steinmonumente, sogar die Strukturen der Felswände und schließlich auch die dunkelblaue, leuchtende Aura Gilam’eshs.
    Weißt du, wo du bist, Maddrax?, tönte dessen
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