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216 - Jenseits von Raum und Zeit

216 - Jenseits von Raum und Zeit

Titel: 216 - Jenseits von Raum und Zeit
Autoren: Jo Zybell
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Stimme in Matts Gehirn. Sieh dich um und sag mir, wo du bist! Matt Drax breitete die Arme aus und blickte um sich. Er wusste in diesem Moment nicht genau, ob er schwebte oder auf festem Untergrund stand. Er wusste aber, dass er Angst hatte zu fallen.
    Er stieß sich ab und schwebte ein Stück nach oben, um seine Stellung im Raum zu testen. Er stieß sich wieder ab, diesmal nach links, und schwebte ein Stück zur Seite. Das Gefühl für oben und unten, rechts und links kehrte zurück. Er spürte, wie der Sog des Raumzeitfeldes an ihm zog. Er versuchte einen Schritt nach rechts – auch das gelang ihm.
    Die Erfahrung, sich wieder eigenständig bewegen und dabei die Richtung seiner Bewegung bestimmen zu können, dämpfte seine Angst und das Gefühl der Ohnmacht. Auch spürte er etwas direkt neben sich, das ihn an eine Meeresströmung erinnerte. Eins und zwei und drei und vier, dachte er im Rhythmus seiner Atemzüge.
    Die Aura des Hydree schwebte reglos schräg unter ihm. Etwas Forderndes ging von ihr aus.
    Ich habe dich etwas gefragt, Maddrax!
    Matt Drax blickte sich um. Die Galeriebalustraden kamen ihm seltsam vertraut vor. Auch die Torbögen und die schwarzen Steinmonumente. Der See unter ihm sowieso, denn aus ihm strahlte das Tunnelfeld ins All…
    Die Marsgrotte! Ich bin in der Marsgrotte…!
    Gilam’eshs mentale Präsenz hatte ihn mit sich durch den Zeitstrahl gerissen und zum Ursprung des Raumzeittunnels gebracht! Er war auf dem Mars! Nur einen Schritt brauchte er tun, und er würde sie wieder sehen: Chandra, Maya Tsuyoshi, Thor und Leto Angelis, Fedor Lux, Windtänzer, alle…!
    »Wir sind auf dem Mars.« Matt Drax deutete in das Geflimmer der Tunnelfeldwand. »Das ist die Grotte, durch die der Zeitstrahl ins All austritt.« Er bemühte sich um eine ruhige, klare Aussprache. Nur keine Panik aufkommen lassen, nur der Angst keinen Raum geben! »Wir befinden uns über der Tunnelfeldanlage.«
    So ist es, mein Freund und Bruder. Wir sind auf dem Mars. Die Stimme in Matts Schädel bekam etwas Bitteres, Schwermütiges. Gilam’eshs Aura wurde dunkler, fast violett, und sie strahlte kaum noch. Wie violetter Samt sah sie aus.
    Früher nannten wir diesen Planeten Rotgrund, raunte Gilam’eshs Mentalstimme. Früher, als noch Wasser ihn zum großen Teil bedeckte. Jetzt magst du ihn Mars nennen. Es ist mir gleichgültig, wie man ihn nennt, denn es ist ein anderer Planet geworden als der, den mein Volk einst über das Tunnelfeld verlassen hat. Fremd ist Rotgrund mir geworden, verstehst du, Maddrax? Er kann nicht mehr meine Heimat sein. Deswegen magst du ihn Mars nennen, mein Freund und Bruder.
    »Dein Schicksal rührt mich sehr, Gilam’esh.« Matts Stimme hallte, als würde er in einem großen Saal sprechen. Von überallher kehrte sein Echos zu ihm zurück. »Es tut mir sehr Leid, was dir passiert ist, und ich wünschte, ich könnte dir helfen.«
    Du kannst mir helfen. Und wenn dir mein Schicksal wirklich zu Herzen geht, dann wirst du mir auch helfen. Gilam’eshs Aura schwebte ein Stück aufwärts und hielt erst an, als sie Matt Drax direkt gegenüberstand. Der Mann aus dem 21. Jahrhundert hätte nur den Arm ausstrecken müssen, um in sie hinein zu greifen. Es gab eine Zeit, da hast du mit mir in ein und demselben Körper gelebt, Maddrax, mein Bruder. Ein und dasselbe Gehirn haben wir uns geteilt. Fünfzig Umläufe des Rotgrunds lang war jeder dem anderen wie ein offenes Buch.
    Das stimmte. Verdammt noch mal, das stimmte wirklich!
    Hundert irdische Jahre lang hatte Matt Drax im Körper des Hydree gedacht und gefühlt. Hundert irdische Jahre lang war das Hirn des Fischmenschen ihm ein Kerker gewesen. Doch in diesen hundert Jahren waren sie einander so nahe gekommen – notgedrungen –, wie ein Mensch kaum einem anderen jemals nahe kommen konnte. Ja, auch das stimmte; und diese Erfahrung hatte sie zusammengeschweißt.
    Einst hast du in meinem Körper gelebt, mein Bruder, raunte die Stimme in Matts Hirn. Nun bin ich an der Reihe: Öffne mir deinen Geist, Maddrax, lass mich hinein und bring mich hinaus aus dieser unendlichen blauen Wüste. Die Präsenz der Aura gewann etwas Übermächtiges. Aus eigener Kraft schaffe ich es nicht. Du musst mir helfen.
    Matt Drax überlegte. Nun, da seine Angst sich gelegt hatte und Gilam’esh sich auch nicht mehr so verwirrt anhörte, konnte er mit kühlem Kopf über die Bitte des Hydree nachdenken. Und jetzt, da er die Sache nüchtern betrachtete, erschien sie ganz und gar nicht mehr
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