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2071 - Der siebte Ritter

Titel: 2071 - Der siebte Ritter
Autoren: Unbekannt
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Und es besteht auch keine Notwendigkeit dafür. Die Legion steht in den Diensten der Ritter und tut alles, um den Frieden in Dommrath zu wahren. Und selbst den Hoffnungslosesten noch einen Lebenssinn zu geben. Das alles wäre so nicht möglich, wenn wir uns offen zu erkennen gäben.
    Die Schiffe der Legion sind beeindruckend. Sie verfehlen ihre Wirkung nie. Umso wichtiger ist es, dass niemand ins Innere schauen kann. Denn wenn bekannt würde, von wem diese Schiffe gesteuert werden ... Das erweckt in mir eine Erinnerung an die Angst. Für einen kurzen Moment bin ich unruhig, wenn ich daran denke. Aber das hält natürlich nie lange vor; ich existiere inzwischen weit jenseits von solchen kreatürlichen Instinkten und Emotionen. Ich bin der Anführer und oberste aller Oberbefehlshaber der Wandelnden Leichen, der Lebenden Toten, eines unsagbar grässlich anzuschauenden Haufens Genmüll.
    Ich selbst gehöre zu diesen Schauergestalten, von deren Anblick einem speiübel wird. Um mich sprachlich verständlich machen zu können, benötige ich einen Sprachmodulator, denn ich besitze keine Stimmbänder, Zähne, Zunge oder Lippen mehr. Es gibt nur noch ein Loch zur Aufnahme eines Nahrungsbreis, der genauso grau und formlos ist wie ich. Ich bin ein Klumpen verfaulter, verbrannter Hautlappen und Geschwüre, mit grauen Knoten aus wildem Fleisch und seltenen rosa, absurd glatten Stellen, die noch nicht zerstört sind. Von meinen einstmals kühnen, leidenschaftlich flammenden Augen sind nur noch zwei schwachgrüne, schief versetzte Schlitze übrig, mit denen ich nicht einmal mehr scharf sehen kann. Ich bin der Legient, aber das ist auch alles. Ich bin weder stolz darauf, noch habe ich es mir besonders verdient. Ich bin Legient, weil es eben so ist. Nicht mehr und nicht weniger. .
    Wenn ich zu alt geworden bin, wird ein anderer meine Position einnehmen. Er wird manches von mir lernen, ein paar Dinge, die für Außenstehende Geheimnisse sind. Er wird seine Aufgabe erfüllen, bis er stirbt. Wie jeder von uns. Wer so weit gekommen ist, wählt das Leben, keiner scheidet mehr freiwillig aus und bittet um Erlösung. Ich habe überlebt, obwohl ich alle Erinnerungen in dieses unwürdige Dasein mitgenommen habe. Obwohl bedeutet, dass ein anderer das nicht so verkraftet hätte wie ich. Um die Wahrheit zu sagen: Viele andere haben es nicht verkraftet und den Freitod gewählt.
    Die Erinnerungen waren für sie unerträglich, ebenso wie das Eingesperrtsein in dieser formlosen Masse. Ein zerrütteter Geist in einem abstoßenden, stinkenden Fragment aus Fleisch und Knochen. Einst war ich ein Spieler, und nicht selten war mein Körper die Herausforderung. Es gab kaum jemanden, der sich mit mir messen konnte - ich hatte allen Grund, stolz auf diesen perfekten, muskulösen, geschmeidigen und anmutigen Leib zu sein. Und wenn ich doch einmal Gefahr lief, das Spiel zu verlieren, setzte ich den Muskel ein; Zikanders Muskel nannte man ihn ehrfürchtig, denn ich war vermutlich der einzige, der ihn besaß. Bei einer bestimmten Anspannung sprang er kraftvoll aus der Armbeuge hervor; dem hatte keiner etwas entgegenzusetzen.
    Natürlich hatte ich noch andere Vorzüge; so manches Frauen- oder ähnlich geartete Wesen schloss von der besonderen Art und Kraft dieses Muskels auf bestimmte Fähigkeiten weiterer Körperteile in einer anderen Disziplin. Vorzüglich war ich in der Tat in allen Disziplinen, die Körpereinsatz erforderten. Wie sehr hatte ich dieses Leben genossen, meinem Blick konnten weder Frauen noch Gegner widerstehen - im einen oder anderen Sinn.
    Niemals hätte ich daran gedacht, dass dies dereinst in wenigen Hiddyn vorbei sein könnte. Man glaubt ja immer, dass es die anderen trifft, niemals einen selbst. Und die Chancen dafür standen nun wirklich nicht hoch; es gibt Millionen bewohnte Systeme im Land Dommrath, doch ausgerechnet meinen Aufenthaltsort suchte sich die Seuche aus. Bis zu diesem Zeitpunkt war sie immer nur ein Gerücht gewesen, eine schaurige Mär, die ungehorsamen Kindern gepredigt wurde, um sie wieder gefügig zu machen.
    Ab diesem Zeitpunkt verschleiern sich meine Erinnerungen; sie werden ähnlich grau und verschwommen wie mein Äußeres. Es ging so absurd schnell, dass mein Verstand nicht mehr mitkam. Nur ein Wunsch brannte in mir: zu sterben, schnell und schmerzlos. Aber weder das eine noch das andere war mir vergönnt. Weder starb ich endgültig und wurde zu nichts, noch blieben mir die grausamen Schmerzen erspart. Mein Leidensweg
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