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2035 - Exodus der Herzen

Titel: 2035 - Exodus der Herzen
Autoren: Unbekannt
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Besatzungsmitglieder, die den Angriff überlebt hatten, gesellten sich zu ihr. Wie seine Stellvertreterin bewegten sie sich langsam, wie Schlafwandler, als wären sie nicht mehr Herr über ihren Willen.
    Seine Stellvertreterin erteilte den Befehl, einige Schwerkraftpipelines einsatzbereit zu machen.
    Zu welchem Zweck? Was hatte sie vor? „Die Waffen, Praciss! Die Waffen!"
    Sie reagierte nicht auf sein Flehen.
    Du hast mich verraten, Praciss! dachte er. Du, der ich mich anvertraut, der ich die Geschichte meiner sieben Welten erzählt habe, als ich mein Leben vor meinem geistigen Auge Revue passieren ließ.
    Nein, wurde ihm dann klar, sie verriet ihn nicht willentlich. Seine Stellvertreterin hatte ihren Willen vollständig eingebüßt. Sie stand unter einem suggestiven Einfluß.
    Er sah sie nur noch undeutlich vor sich, verschwommen und winzig klein, wie sie und ihre Leute das mächtige Schiff unter Kontrolle brachten und einige ihm unverständliche Manipulationen vornahmen.
    Was bezweckten sie damit? Wie aus weiter Ferne hörte er, daß Praciss den Befehl erteilte, lokal begrenzte Gravofelder zu erzeugen, die die Dachfläche des S-Zentranten mit Standardschwerkraft ausstatteten.
    Er mußte sie daran hindern! Er mußte diesen Planeten und das Wesen namens Paumyr vernichten, und der Spuk hatte ein Ende. Und er durfte nicht zulassen, daß sie die Schwerkraftpipelines für ihre Zwecke mißbrauchten. Ausgerechnet die Pipelines, die erst auf seine Anweisung hin wieder funktionsfähig gemacht worden waren, damit sie in großem Stil Rohstoffe oder Güter von der Oberfläche fremder Welten zu dem S-Zentranten hinaufschaffen konnten.
    Er mußte sie daran hindern!
    Er spürte, wie der Zorn in ihm emporstieg, die Wut eines rechtschaffenen Mundänen, ein Haß, der viel stärker war als der, der sich gegen das Blaue Blond richtete, weil er Angehörigen seines eigenen Volkes galt, die alles in Frage stellten, wofür er gelebt, wofür er gekämpft, wofür er sich bis zum Mun-2 hochgearbeitet hatte. „Elende Verräter!" flüsterte er und hoffte, dieser Zorn würde ihm die Kraft geben, die er brauchte. Die Kraft, sich zu erheben, sein Kampfgesicht hervorzukehren, Praciss zu zerfetzen und wieder das Kommando über das Schiff zu übernehmen. Jenes Kampfgesicht, das er zutiefst verabscheut hatte, als es auf Rauber Baan von ihm Besitz ergriffen hatte und er auf einmal sehen konnte, womit klar war, daß er niemals ein Seher werden konnte.
    Doch dann sah er zum ersten Mal in seinem Leben, obwohl er nie über diese Fähigkeit verfügt hatte, mit der nur ganz wenige Mundänen gesegnet waren.
    Er sah, warum er einen letzten Rest von freiem Willen behalten hatte. Er sah, warum die Wesenheit, die die Besatzung der MASMOKO unterworfen hatte, nicht auch ihn unterworfen hatte.
    Weil er überflüssig geworden war. Weil Praciss der fremden Macht, die sie übernommen hatte, viel weniger entgegenzusetzen hatte als er.
    Ihn hatte K'UHGARS Kuß geprägt. Gut möglich, daß in der Tat die Essenz der Superintelligenz in ihm weilte und ihm ermöglichte, sich dem fremden Einfluß zu widersetzen.
    Vielleicht hatte nur K'UHGAR ihn bislang am Leben gehalten. Vielleicht wäre er ohne K'UHGARS Kuß schon gestorben wie alle anderen, die nicht mehr gebraucht wurden, um die MASMOKO zu bedienen.
    Er hatte Seher werden sollen und war nie einer geworden. Und nun, da alles zu spät war, konnte er einen Blick in seine achte Welt werfen, die achte wichtige Station seines Lebens.
    Sie erwartete ihn, und er hieß sie willkommen. Sie sah anders aus, als er es sich vorgestellt hatte, doch er konnte nichts mehr ändern. Er war zu schwach. Er versuchte, das Kampfgesicht hervorzukehren, doch nicht einmal das gelang ihm.
    Nicht einmal das!
    Der Tunnel, durch den er sah, wurde schmaler und kürzer, und dann löste sich das, was er am anderen Ende ausmachte, endgültig auf. Die Kommandokonsole und Praciss fragmentierten, zersplitterten zu scharfkantigen Partikeln, die sich dann zu einem weichen Nebel wandelten. Er raste auf ihn zu, der trübe Dunst, im gleichen Maße, wie der Tunnel schrumpfte, und dann war der Tunnel nicht mehr vorhanden, und Runrick sah nur noch diesen Nebel.
    Der Dunst schmiegte sich um ihn, umfaßte ihn, umschlang ihn, verschlang ihn. Er wurde zum Nebel.
    Aber er trieb nicht durch die Zentrale der MASMOKO, sondern über eine seltsame Landschaft aus Steinen. Sie war ihm vertraut. Manche dieser Myriaden von Steinen waren von edlem Gehalt, andere ordinäre
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