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2030 - Chimaerenblut

2030 - Chimaerenblut

Titel: 2030 - Chimaerenblut
Autoren: Sue Twin , Mo Twin
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mir nie wieder passieren.
    Den Rückweg raste er mit dem Mountainbike durch das nahe Waldstück. Am Abhang schaltete er blitzschnell aufs große Blatt, so dass die Kette nicht zu viel Spiel bekam und herunterspringen konnte. Er ging aus dem Sattel, streckte die Arme nach vorne und ließ sein Bike laufen. Irgendwie musste er jetzt seine Wut abbauen. Ein ungebremster Freeride schien ihm die richtige Antwort. Er beschleunigte noch einmal am Abhang, übersprang eine kleine Rampe. Seine Mähne, die ihm im Nacken heruntergewachsen war, wehte im Galopp.
    Da war noch etwas anderes, das ihn verfolgte, seit er in der Fabrik den hinteren Raum gesehen hatte. Ein Geruch aus Eiter, Blut und Tod. Er mochte sich jetzt nicht daran erinnern, er wusste, ihm würde speiübel. Wilmershofen hatte sich in all den Jahren nicht geändert. Es wurde Zeit, dass jemand diesen Verbrecher stoppte. Für immer.

     

 
5
    Eine Stunde später, Berlin (Kleinmachnow):
    Josi sah durch den Spion. Ihre Freundin Kathi grinste zurück und wischte sich durch die abstehenden, lila gesträhnten Haare. Ihre grünen Augen waren noch schwärzer als sonst mit Kajal umrandet. An einem Ohrläppchen baumelte ein schwarzes Kreuz, am anderen eines mit einer gekreuzigten Katze.
    »Endlich!«
    Josi öffnete die Tür, beugte sich hinunter und umarmte ihre mädchenhaft wirkende Freundin, deren Wachstum von einer zierlichen Hauskatze ausgebremst wurde.
    »Soll ich den Brief zerreißen oder willst du ihn lesen?« Kathi hielt einen weißen Umschlag hoch. »Habe ich aus eurem Briefkasten gezogen. Von Andrew. Der gibt wohl nie Ruhe.«
    »Mach Konfetti draus.«
    Kathi drückte die Tür mit dem Ellenbogen zu. Sie tippte auf ihre Ohrringe. »Die will ich am Montag zur Seebestattung tragen. Meinst du, das ist passend?«
    »Ich bewundere, wie du ihren Tod wegsteckst. Sie war trotz allem deine Mutter…«
    Kathi zerriss den Brief in winzige Schnipsel und ließ sie auf den Boden rieseln. »Erwarte nicht, dass ich heule – ich würde verrückt werden. Und außerdem war die Einäscherung schon vor zwei Monaten.«
    »Aber sie war deine Mutter…«
    »Miau. Ich tue ihr nur einen letzten Gefallen.« Kathi sah dem rieselnden Papier hinterher. »Sie hat mir nie einen Gefallen getan. War immer nur mit ihrem allergischen Asthma beschäftigt. Jede Woche was Neues, auf das sie reagierte. Manchmal hatte ich den Verdacht… sie gibt mir…« Kathi senkte den Blick und biss sich auf die Unterlippe. »Ist ja eh alles zu spät.«
    »Was meinst du?«
    »Na, wenn ich denke, was dein Vater für einen Aufstand wegen deiner drei Kiemen…«
    »Vier!«
    »…gemacht hat. Der war wie gelähmt vor Angst um dich. Jeden Wunsch hat er dir von den Augen abgelesen.«
    »Ja, so lange bis wir um die Häuser gezogen sind.« Josi lachte gequält, »ab dann war es endgültig vorbei mit der Harmonie.«
    »Du hättest dich eben nicht so oft erwischen lassen sollen…«
    Josi wollte jetzt nicht daran denken, was sie alles mit Fünfzehn angestellt hatte und schüttelte den Kopf. »Game over … ich kann nicht verstehen, warum er so sauer ist, wenn ich jetzt was Sinnvolles mache. Es war doch immer seine Maxime, für seine Ziele zu kämpfen, weil die Gesellschaft einem nichts schenkt. Jetzt kenne ich meine Ziele, und es ist ihm auch nicht recht. Und ehrlich, seit ich bei den Tierschützern bin, bin ich super brav.« Sie grinste. »Meistens.«
    Kathi lachte. »Hat Leon dich gezähmt?«
    »Schön wäre es. Mit dem habe ich gerade Megastress.«
    »Hat das was mit dem Chaos in eurer Wohnung zu tun?« Kathi stieg über einen Stapel Bücher.
    »Das auch.« Josi öffnete die Tür zu ihrem Zimmer. »Mein Vater schickt mich als Au-pair nach Amerika. Es ist ihm so was von ernst. Sogar meine Mom hat sich gegen mich verschworen. Ich kann nichts dagegen tun. Aber was wird dann aus Leon und mir? Ich habe immer gehofft, dass…«
    Kathi nahm sie in den Arm. »Ich weiß.«

 
6
    Später Abend:
    Leon erreichte den heruntergekommenen Ostbahnhof, übersprang Bürgersteige, fuhr Slalom um Mülltonnen, Masten und Autos und ignorierte die Flüche der wenigen Fußgänger, die sich um diese Zeit in der Gegend noch auf die Straße trauten. Mit einer Vollbremsung hielt er vor der Fahrradkurier-Zentrale, klemmte sein Bike unter den Arm und sprang die wenigen Stufen hoch.
    »Habt ihr einen Job für mich?«
    »Meldest du dich auch mal wieder?«
    »Spinn nicht rum, ich war nur zwei Tage abwesend. Wenn ich dauernd arbeite, werde ich mit meinem Studium
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