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2030 - Chimaerenblut

2030 - Chimaerenblut

Titel: 2030 - Chimaerenblut
Autoren: Sue Twin , Mo Twin
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Josi...«
    » Wilmershofen kann uns nichts.«
    Ich will das nicht, aber ich muss ihr jetzt wehtun. » Wilmershofen ist abgehakt.«
    »Leon, sie verfolgen das nicht weiter. Und für den Brand habe ich ein Alibi.«
    »Stopp Josi.« Leon holte tief Luft. Auch wenn es ihm schwer fiel, er musste endlich Fakten schaffen. »Du bist raus aus der Gruppe. Du bist ein zu großes Risiko für uns.
    »Was?«
    »Wenn du unsere Arbeit nicht gefährden willst, dann verschwindest du jetzt von der Bildfläche. Hast du kapiert? Und halt deinen Vater aus unseren Angelegenheiten raus.«
    »Feigling!«, drang ihre Stimme ungewohnt wütend an sein Ohr. »Ich gehe sowieso in die USA. Dann bist du mich endgültig los.« Sie kappte die Verbindung.
    Er hätte erleichtert sein sollen. Das war das Vernünftigste, was sie tun konnte. Damit war sie aus der Schusslinie. Seine Hand wanderte suchend zur Nachttischleuchte und ertastete einen kleinen Schlüsselanhänger mit einem Hufeisen. Den hatte er Josi schenken wollen. Der Anhänger sollte ihr Glück bringen und ihr sagen, wie sehr... Leon schluckte. Resigniert schaltete er das Licht aus.
    Laserfinger wanderten vor seinem Fenster über den nächtlichen Himmel, einen Moment verfolgte er ihren Weg mit den Augen. Irgendwo dort in der Ferne tanzten die Menschen bis in den frühen Morgen. Schwitzende, lachende Massen. Seine verstorbene Schwester Johanna hätte dabei sein sollen. Josi hätte dabei sein sollen. Und er ebenfalls. Eine bleierne Schwere legte sich auf ihn. Das letzte, was er sah, waren galoppierende Pferde auf den Weiden seines Onkels, die Invasoren seiner menschlichen Gene.

 
7
    Sonntag, 5. Mai, Neuer Friedhof Luisenstadt, Berlin:
    Den gestrigen Tag hatte Leon mit Fieber verpennt, doch über Nacht waren die Schmerzen aus seinen Knochen verschwunden. Am Morgen war er bei Sonnenaufgang erwacht und fühlte sich gesund und stark. Er trank einen schwarzen Kaffee, aß Müsli mit Hafer, Rosinen und Nüssen und hob sein Bike über die Schulter, das er im Flur seiner Einzimmer -Wohnung geparkt hatte und durchs Treppenhaus tragen musste.
    Für seine durchtrainierten Beine war es auch zu Fuß kein weiter Weg von der Kleinen Mondstraße zum Neuen Luisenstadt-Friedhof. Trotzdem nahm er lieber das Bike. Es war nur so ein Gefühl, doch es erinnerte ihn ans Reiten.
    Der Friedhof hatte ab acht Uhr geöffnet, es war erst wenige Minuten später. Leon hoffte alleine zu sein und nahm den Eingang am neuen Urnen-Friedhof, vorbei an den Urnengräbern der letzten Jahre. Eine alte Frau war bereits dort. Aus Respekt vor ihr schob er sein Bike.
    Die Frau hielt ihn am Ärmel fest: »Junger Mann, Sie haben doch noch gute Augen. Können Sie mir die Reihe 142 zeigen. Warum schreiben die das immer so klein auf die Wegweiser? Wissen Sie, mein Mann liegt dort. Ich könnte ja bis 142 zählen, aber es sind so viele Gräber, ich vertue mich immer. Das kann doch keiner von mir erwarten, dass ich so die richtige Wand finde.«
    Leon blickte zu den Steinwänden mit den Tausenden von Urnengräbern. Die Mauern standen in Reihen. Seit allein in Deutschland fünf Millionen Menschen an der Großen Influenza oder den Folgen der Passivimpfung gestorben waren, hatten die Behörden Feuerbestattung angeordnet, um die Toten wegzuschaffen und weitere Ansteckungen zu vermeiden. In den Zeitungen hatte gestanden, die Toten hätten zu Lebzeiten eine Kette bilden können, die einmal um Deutschland reichte.
    Suchend wanderte sein Blick zu den Metallplatten mit den Nummern. »Hier ist doch schon die 142. Sie müssen nur noch einen Weg weiter.« Sie hatte gut gezählt oder geschätzt.
    Ein Lächeln huschte über ihr runzliges Gesicht, in dem lebhafte helle Augen hervorblinzelten. »Danke junger Mann. Haben Sie auch Verwandte hier?«
    Leon schüttelte den Kopf. »Meine Schwester starb bereits vor zehn Jahren. Ich will zu dem alten Friedhof.«
    »Das tut mir sehr leid, junger Mann.«
    Nachdem Leon außer Sichtweite der alten Dame war, stieg er doch aufs Bike und fuhr die kurze Verbindung zum anderen Friedhof. Hinter dem Zugang stoppte er, um sich umzusehen. Er verweilte gerne einen Moment bei den Figuren, die hier standen, dem Engel, der seine Schwingen schützend ausbreitete und der trauernden Frau, die ihr Gesicht hinter dem rechten Arm verbarg.
    Er seufzte und fuhr weiter. Den Weg kannte er blind, zweite links, rechts… Schließlich erreichte er das Grab und zog die weiße Rose hervor, die er am Samstag im Blumenladen am Hauptbahnhof gekauft
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