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2012 - Folge 7 - Ein Grab im Dschungel

2012 - Folge 7 - Ein Grab im Dschungel

Titel: 2012 - Folge 7 - Ein Grab im Dschungel
Autoren: Bastei
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gepackt und gegen das Boot gedrückt. Hilflos sah er, wie die Riesenechse näher kam, ihr Maul aufriss und leicht schräg legte, auf seinen Kopf zielte …
    Da leckte eine fußlange Feuerzunge über seinen Kopf hinweg, so dicht, dass sie ihm ein paar Haare versengte.
    Er sah, wie im Maul des Alligators ein faustgroßes Loch aufplatzte, das sich binnen eines Augenblicks mit Blut füllte, während die Kugel, die es in den hinteren Gaumen gestanzt hatte, das Gehirn des Tieres zerfetzte.
    Der mächtige Oberkiefer schlug schwer auf den unteren, so nah an Toms Gesicht vorbei, dass er ihn fast streifte. Ein Schwall stinkender Luft wehte ihm ins Gesicht, der letzte Atemzug des Monstrums.
    Mit einem konstanten Klingeln in den Ohren drehte Tom den Kopf und sah Abigail am Bug des Sumpfboots stehen, beide Arme vorgestreckt, in den Händen einen der schwersten Revolver, die es gab, einen Taurus Raging Bull, Kaliber.454 Casull. Dagegen wirkte sein eigener Colt wie etwas, mit dem kleine Kinder Cowboy und Indianer spielten.
    »Wie war das noch mit ›Ich mag ja eigentlich keine Waffen‹?«, fragte Tom und streckte eine Hand nach oben, damit sie ihm aus dem Sumpf half. Woher er den Anflug von Galgenhumor nahm, wusste er in diesen Momenten auch nicht.
    Abigail bückte sich zu ihm herunter und griff zu. »Mag ich auch wirklich nicht«, sagte sie und zog an seinem Arm. »Aber manchmal können sie echt nützlich sein.«
    Er wollte das nicht weiter kommentieren. »Danke«, ächzte er nur, als er sich erschöpft über die kaum zwei Fuß hohe Reling wälzte – und in Oquendos Blut landete.
    »Wo ist Red?«, entfuhr es ihm.
    Abigail deutete auf den hinteren Teil des Bootes, wo direkt vor dem Propeller eine Decke etwas am Boden Liegendes verbarg. »Er ist tot«, sagte sie bedrückt. »Gestorben, als ich keine hundert Meter gefahren war. Ich hab’s noch mit Herzmassage und Mund-zu-Mund-Beatmung versucht, aber es hat nichts genutzt. Also bin ich umgekehrt.«
    Tom schluckte schwer und nahm stillen Abschied von dem Park-Ranger. Dann fanden seine Gedanken zu den Lebenden zurück. »Sehen Sie den Jungen?« Er setzte sich auf. Abigail schwenkte den Bootsscheinwerfer, bis das Licht den Jungen erfasste.
    Jetzt benutzten Tom und sie den toten Riesenalligator als Steg, um festen Boden zu erreichen. Im Vorbeigehen sah Tom, dass Abigails Schuss die Schädeldecke des Tieres durchschlagen hatte und im Nacken wieder ausgetreten war.
    Der Junge lag am Boden, zusammengekrümmt und auf der Seite. Er wirkte noch blasser als zuvor, und das lag nicht nur am Licht des Scheinwerfers, der auf ihn gerichtet war.
    In seiner Brust steckte das Schwert. Das abgebrochene Ende ragte einen halben Finger breit aus seinem Rücken hervor. Er musste, nachdem der Alligator ihn in die Luft geschleudert hatte, unglücklich aufgeprallt sein. Tom war kein Arzt, aber er konnte sehen, dass ihm nicht mehr zu helfen war.
    Den Jungen selbst schien das nicht zu betrüben. Eher im Gegenteil …
    Tom ging neben ihm auf die Knie nieder. Abigail wollte Hand an den Jungen legen, aber der schüttelte den Kopf. Sein Blick galt Tom. Wieder sah er diesen Ausdruck von Alter darin, aber jetzt schien er zum Gesicht zu passen, das zwar immer noch das eines Fünfzehnjährigen war, hinter dem jedoch ein anderes hervorzuschimmern schien wie durch eine dünne Maske.
    »Du hättest … auf mich hören sollen«, brachte der Junge hörbar mühsam hervor.
    »Was meinst du damit?«, fragte Tom.
    »Du solltest nicht sprechen«, riet Abigail dem Sterbenden.
    Er lachte schmerzvoll auf. Blut sprühte ihm von den Lippen. »Wofür soll ich meine Kräfte noch sparen, Ma’am?«
    »Wer bist du?«, wollte Tom wissen.
    »Ich bin … Isleif. Und du …« Ein mühsames Schlucken. »… du bist jetzt … wie ich. Ein armer Verfluchter …« Ein letzter Blick aus den Augen, die so viel gesehen hatten, dann brach sein Blick.
    Tom nahm den Jungen auf die Arme und trug ihn zum Boot. Er legte ihn zu Red Oquendo und deckte beide zu.
    »Ob wir je erfahren werden, wer er wirklich war?«, fragte Abigail auf dem Weg zurück. Es goss immer noch wie aus Kübeln. Die Sicht reichte kaum fünf Meter weit.
    Auf ihre Frage antwortete Tom nicht. Er hoffte, sie könnten die Identität des weißblonden Jungen namens Isleif lüften. Aber er hatte das sichere Gefühl, dass sich diese Hoffnung nicht erfüllen würde.
    Dafür hatte er aber auch das Gefühl, dass Abigail und er sich in den letzten Stunden näher gekommen waren, als es
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