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2012 – Das Ende aller Zeiten

2012 – Das Ende aller Zeiten

Titel: 2012 – Das Ende aller Zeiten
Autoren: Brian D’Amato
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Lichtbögen der Angst knisterten über die Landschaft, ballten sich in Schulen, Krankenhäusern und Kriegsgebieten zu Kugelblitzen. Vor allem aber yaj  – Schmerz – stieg von der Ebene auf wie Morgennebel von kochendem, blutigem Tau. Eine blaustichig bleigraue Farbe besaß er, fast wie Lavendel, aber auf keine gesunde Art. Er zerfaserte zu Fähnchen und Nebelbänken und Wolken. Er besaß den gleichen Geschmack, von dem Jed 2 geschrieben hatte, dass ihn Tiere hätten, die zu Tode gefoltert worden waren, diesen außerirdischen Beigeschmack wie das Gegenteil von Zimt. Nachdieser Essenz verlangte es die Raucher am meisten; sie waren süchtig danach.
    Wie ich, glaube ich, schon erwähnt habe, bedeutet das Wort yaj im Ch’olan »Schmerz«, aber mehr im Sinne von »Rauch-Schmerz« oder »Schmerz als Opfer« oder, wie man vielleicht sagen kann, »heiliger Schmerz«. Das Gegenteil dazu wäre je’elsaj , was sich als »Wonne« oder »Glück« übersetzen ließe, aber tatsächlich etwas Passiveres bedeutet wie »Ruhe« oder »Entspannung«. Doch selbst nachdem ich, wie es mir vorkam, stundenlang dort gestanden und den östlichen Horizont mit Blicken abgesucht hatte, lag das Yaj wie ein Wolkendach über der gesamten Landschaft, und die Augenblicke des Je’elsaj erschienen wie grasige hellgrüne Berggipfel, die sich hier und dort durch den Dunst schoben. Das ist nicht einmal ein Wettstreit, dachte ich. Wenn man irgendeine Einzelperson nahm und ihre Augenblicke des Schmerzes gegen ihre Augenblicke des Glücks aufrechnete, maß man einen Liter gegen einen Tropfen. Und je weiter ich blickte … nun, ich hatte angenommen, dass es in der Zukunft besser würde, dass die Kriege endeten, alle Krankheiten heilbar wären oder man zumindest jeden mit Glückspillen abfüllen und vor Zweimillionenpixelbildschirme setzen würde, aber stattdessen schien der Schmerz umso durchdringender zu werden, je weiter ich hinausschaute, und nicht eine der N -illionen möglicher Weltlinien wies mehr als ein paar verstreute Inselchen aus Je’elsaj auf, die aus den Wolken hervorschauten. Aus dem einen oder anderen Grund würde alles nur immer schlimmer werden.
    Dennoch versuchte ich es und wollte das eine gegen das andere abwägen. Doch je mehr ich zählte und rechnete und verglich, desto mehr kam ich mir vor wie … wie Marie Curie, und jemand hatte mir neun Tonnen Pechblende gegeben, und ich musste alles Radium daraus isolieren, und nach drei Jahren hätte ich einen Rückstand am Boden der letzten Kristallisierschale, der so dünn war, dass niemand auch nur sehen konnte, dass er dort ist, wenn er nicht wie wahnsinnig leuchtete.
    Am Ende gab ich es auf.
    Wirklich, es ist keine Überraschung, dachte ich. Pfund gegen Pfund gerechnet ist der Schmerz einfach n fuck -mal mächtiger. Jeder, der schon einmal echten Schmerz erfahren hat, weiß genau, dass mangern mehr als eine Stunde von jeder Art Freude opfert – mindestens –, um einer Minute echten Schmerzes zu entgehen. Ich musste immer wieder an das Mädchen im Video mit den Milk Duds denken, deren Gesicht verfiel und sich verzerrte und Tränen heraussprühte, und das, obwohl sie ein paar Minuten früher noch ganz fröhlich gewesen war, quirlig und zuversichtlich und glücklich, vermutlich den schönsten Tag in ihrem Leben hatte, und wie für sie plötzlich alles in Scherben fiel. Nur einen Blick auf die unüberbrückbare Distanz zwischen ihr in diesem Video und ihrem Zustand eine kurze Weile zuvor zu erhaschen und zu begreifen, dass diese Distanz für sie allgegenwärtig und ewig war – nun, das zu sehen bedeutet zu schlussfolgern, dass man nur eines dagegen unternehmen kann: das gesamte Universum augenblicklich verschwinden zu lassen, in einer Wolke aus Quarks, weil es zu schrecklich falsch geraten ist und kein Maß an Glück dies je wieder ausgleichen kann. Selbst wenn in einer Woche von heute an jemand das Altern und alle Krankheiten kurierte und jemand anders am gleichen Tag die kalte Kernfusion, die Teleportation und einen schmackhaften Doughnut erfand, der nicht dick machte, und danach eine Billion Jahre lang nur glückliche, unsterbliche Menschen lebten, wäre es das immer noch nicht wert, die Welt so lange am Laufen zu halten, denn in der Zwischenzeit würde ein anderes Kind das gleiche entsetzliche Maß an Enttäuschung erleiden, und nichts, was danach käme, würde jemals ein Trauma dieser Größenordnung auch nur ansatzweise ausgleichen können. Wenn Sie auch nur einen Funken
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