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2012 – Das Ende aller Zeiten

2012 – Das Ende aller Zeiten

Titel: 2012 – Das Ende aller Zeiten
Autoren: Brian D’Amato
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Packeis. Links von mir wogte ein teerheißer Geruch nach der jüngsten Vergangenheit auf, und ich wandte mich neunzig Grad gegen den Uhrzeigersinn nach Nordwesten. Dort lagen Dünen aus Schlacke und hingen radioaktive Aschewölkchen, und dahinter kamen Wüsten voller Ölbohrstellen und trockenen Tälern wie Schüsseln voll Säuredampf über dunkel glühenden Kohlen,umgeben von Fitzen aus Asphalt, und dahinter sah ich Kohlerauchketten aus Dampflokomotiven und lange Reihe verhungernder Familien, die Schlitten über die Prärie zogen, und dahinter wiederum Schwärme von Möwen, von Abfällen fett geworden, über dunklem Wasser und Tundren und gefrierendem Wasser im permanentem Halbdunkel. Ich sah nach Südwesten über cholerische Salzmarschen, über die Malakostraken krochen, und Prärien, auf denen Hipparionherden von Rudeln riesiger kanariengelber fleischfressender Vögel gejagt wurden. Ich bemerkte ein kupferfarbiges Gürteltier in der Größe von Marenas Cherokee, das in einer trockenen Schlucht wühlte, und dann eine Formation von Quetzalcoatlus northropi mit zwölf Metern Flügelspannweite, deren Schwingen mit goldenen Flaumfedern bedeckt waren und die über den Kadavern riesiger Krokodile am linken Ufer eines kreidezeitlichen Meeres kreisten, und dahinter wiederum sah ich immer mehr Geschöpfe und Orte und Zeiten, Augenblicke der Vergangenheit wie Garben aus Einzelbildern, die zu streifigen Cañons zusammengepresst wurden, bis an den Punkt, wo ich wieder nach links abbiegen musste. Im Südosten breitete die Dämmerung blutige Finger mit degenerierten Nägeln über Reiche aus purem Potenzial, die sich immer weiter ausbreiteten, über den Punkt hinaus, wo auf einer kugelförmigen Erde der Horizont wäre, so als stünde ich auf einem Planeten von Jupitergröße oder sogar auf einer wahrhaft endlosen Ebene. Weil die Luft völlig klar war, oder vielleicht auch, weil es keine Luft gab, erschien es mir, als könnte ich die Einzelheiten von Ereignissen in der größten Entfernung genauso deutlich erkennen wie bei denen direkt vor mir. Zu viele Einzelheiten waren es sogar. Einfach zu viele.
    Wieder wandte ich mich, langsam und im Uhrzeigersinn, wie das Spiegelbild des Kellenzeigers an Lindsay Warrens Oyster Perpetual. Die letzte Tzam-lic-Wirkungsphase begann, in der man immer stärker spürt, was Frau Koh »die anderen Winde« genannt hatte. Jed 2 hatte erklärt, dass sie etwas wie »Elementargeister« oder personifizierte unsichtbare Kräfte meine.
    Als Erstes sehe ich gewöhnlich die Wärme. Sie sieht ein bisschen wie ein Infrarotfoto aus, nur dass die Wärme, die Körper, Motoren und die Erde ausstrahlen, eine Farbe hat, die mehr an ein fluoreszierendesBraun erinnert und nach Rum und rotem Pfeffer riecht. Dann kamen andere Dinge ins Bild, diamantene Schlaglichter von Solarfackeln, die ins All gespuckt wurden, die Erde umrundeten und wieder in die Sonne zurückstürzten, kummervoll braune Funkwellen, die terabyteweise nutzlose Daten verströmten, Mikrowellen in einer Farbe, zu der sich Orange und Purpur mischen würden, wenn sie kein Grau ergäben, und, an einer Grenze meiner sich ausdehnenden Aufmerksamkeit, cyanblaue Zyklone aus Gammastrahlen, die meinen Körper durchdringen wie Schrotschüsse einen Schwarm Pferdebremsen. Ich glaubte, Asteroiden hören zu können, wie sie kreischend auf die Erde zurasten, glaubte, ich könnte die Reibung der tektonischen Platten aneinander spüren, die Energie, die sich in granitenen Uhrfedern aufbaut, und dass ich die Schwerkraft beobachten könnte – deren Farbe eine Art Maulbeerblau ist –, wie sie sich von der Erde ausbreitet und zu dunklen Sternen greift und in die Abszesse der Existenz sickert, dass sogar die Schwarzen Löcher auf gewisse Weise sichtbar wären und sich gegen treibenden interstellaren Staub abhöben. Ich begann die kleineren oder sagen wir, bescheideneren Kräfte voneinander zu unterscheiden, die Kräfte der Lebewesen, Pflanzentranspiration in blitzendem Grün und Ocker, die orange Gnadenlosigkeit von Bäumen, die ihre Nachbarn ersticken, Pheromonspuren, die Tiere führen wie Perlen, die auf eine Schnur gezogen sind. Schließlich begann ich menschliche Kräfte auszumachen. Sexualtrieb zeigte das Kirschrot von Autobahnwarnlichtern und spülte über die bevölkerten Öden wie Kräusel auf einer Öllache, gefleckt mit Blitzen von Orgasmen, die ich aus der Ferne kosten zu können glaubte und die meiner Meinung nach wie Seeigel schmeckten. Grünweiße Funken und
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