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2004 - Im Bann der NACHT

Titel: 2004 - Im Bann der NACHT
Autoren: Unbekannt
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und bis dahin will ich soviel von unserer Welt und der Welt da draußen gesehen haben wie nur irgend möglich."
    Yessim riß sich zusammen, während Crom nach den Kontrollen suchte, die das obere Schott öffneten.
    Als er sie fand, betätigte er sie. Die Luft wurde abgesaugt, und das Schott fuhr langsam auf - sehr langsam, so als wolle es den Wagemutigen noch eine letzte Gelegenheit geben, ihr Vorhaben zu überdenken.
    Doch das beeindruckte Crom nicht sonderlich. Nur für einen kurzen Augenblick fühlte er Zweifel an dem, was er zu tun im Begriff war, und die etwas über einen halben Meter langen Gehirntentakel, die hinter den Augen auf der fliehenden Stirn nach hinten wuchsen, zitterten leicht.
    Er sah durch den Falthelm in Yessims Gesicht, sah den knollig ausgeprägten Vorderkopf mit dem kleinen Mund auf der Unter- und der flachen, breitgedrückten Nase auf der Oberseite mit nur einer Öffnung und den beiden kleineren Löchern darunter, die gesonderte Riechsensoren beinhalteten, und las die Angst in den mandelförmigen Augen seitlich hinter der Nase.
    Yessim war nur etwas kleiner als er. Er berührte mit seiner vierfingrigen Hand leicht die Schulter des Freundes und sprach ihm Mut zu.
    „Wir werden die NACHT sehen, Yessim. Dieses Erlebnis ist einmalig für Mom'Serimer in unserem Alter. Und wenn ich sie geschaut habe, ist es mir gleich, ob wir nach der Rückkehr von den Erwachsenen erwartet werden."
    Crom drehte sich um und entdeckte eine Eingabeeinheit vor einer der wie glattpolierten Wände aus ihm unbekanntem Material. Er studierte sie und berührte ein Symbol, das in seiner Phantasie für „Ausstieg" stehen konnte.
    Und tatsächlich entstand wie aus dem Nichts heraus eine Treppe, offenbar aus Formenergie, was gar nicht so recht zu dem primitiven Schacht und den bisher kennengelernten Teilen der Schleusenkammer passen wollte. Aber er zögerte nicht und bestieg sie.
    Und dann stand er an der Oberfläche des Planetoiden, der seit seiner Geburt seine einzige Welt gewesen war. Sein Herz schlug schnell, das Blut pochte in seinen Schläfen, wo die Ohren saßen. Er atmete in schnellen Zügen die komprimierte Luft aus dem Rückentornister seiner Kombination. Ein Blick nach oben ließ ihn heftig zusammenzucken. Es gab keine schützende Decke, kein Dach über ihm. Sein ganzes Leben lang hatte er eine Decke über dem Kopf gehabt und jetzt - nur Leere!
    Doch Crom kämpfte den Anflug von Panik und den Schwindel nieder. Er hatte ja gewußt, daß es so sein würde. Er senkte den Kopf und drehte sich um die eigene Achse, um das Wunder zu bestaunen.
    Es gab kein Licht in der NACHT, nur die hellen Pünktchen, die von den Außenlichtern von Nacht-Acht stammten. In der Acht-Planetoiden-Anlage herrschte Kunstlicht. Crom konnte einige der Planetoiden sehen und die vier Kilometer langen und bis zu dreihundert Meter dicken Röhren, die sie miteinander verbanden. Er sah sie nur durch das wenige Licht, das aus ihnen drang.
    Sonst gab es nur absolute Schwärze, so weit das Auge reichte. Es drohte Crom zu erdrücken. Nie im Leben war er sich so klein vorgekommen wie in diesen Augenblicken - aber zugleich auch als Teil dieses absolut schwarzen Nichts.
    Yessim war zögernd nachgekommen. Er hielt sich noch am Geländer der Formenergietreppe fest, und das war ihrer beider Glück.
    „Yessim!" rief Crom über Funk. „Sieh dir das an! Ich habe nie daran geglaubt, daß ein Dunkel so vollkommen sein kann! Ich werde..."
    Er hatte sich mit einem Ruck zu seinem Freund umgedreht und dabei den Halt verloren. Jetzt trieb er langsam, aber sicher vom Wohnplanetoiden fort und hinein in die Schwärze. Crom schrie. Yessim stand wie erstarrt da und geriet in Panik.
    „Hilf mir, Yessim!" schrie Crom. Dieser Funkverkehr - ihr ganzer Funkverkehr - wurde garantiert von den Erwachsenen registriert. Aber daran dachte Yessim jetzt überhaupt nicht. Als der erste Schock überwunden war, tat er das, was Crom unter keinen Umständen tun durfte, sonst hätte ihn der Rückstoß endgültig ins Nichts katapultiert.
    Yessim drückte einen Knopf an seinem Gürtel und schoß dem in tödliche Not geratenen Freund eine selbstleuchtende, lange Leine aus elastischem, millimeterdickem Stahl zu, die unter seiner Gürtelschnalle untergebracht und dort verankert war. Er hatte so genau gezielt wie nur möglich, und es hatte sogar die Gefahr bestanden, daß er Crom damit treffen und wegschleudern könnte. Aber das Glück schien sich noch nicht von den beiden abgewandt zu
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