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2001 Himmelsfeuer

2001 Himmelsfeuer

Titel: 2001 Himmelsfeuer
Autoren: Barbara Wood
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seinem Platz über den Geschäftsbüchern gesessen. Ihre Blicke hatten sich in einem kurzen, wortlosen Duell gekreuzt. Navarro hatte sich umgewandt und war still hinausgegangen. Das Arbeitszimmer hatte er seither nie mehr betreten.
    Angela schloss eine Schublade auf und entnahm ihr einen Beutel aus Öltuch, den sie sich unter den Arm steckte. Sie verließ das Zimmer und tappte durch den Säulengang zurück, bis sie zum Schlafzimmer von Marina und Daniel Goodside kam.
    Sie klopfte leise an die Tür, wohl wissend, dass Frauen mittleren Alters einen leichten Schlaf hatten und Männer dieses Alters wie ein Klotz schliefen. Während sie wartete, ging ihr Marinas wundersame Geschichte wieder durch den Kopf. Die ersten zehn Jahre ihrer Ehe hatte Marina in Boston gelebt und fünf Kinder zur Welt gebracht. Nach Daniels Einsetzung als Pfarrer wurden sie mit einer Mission in China betraut. Sie zogen mit Kind und Kegel los und verbreiteten dort fünfundzwanzig Jahre lang Gottes Wort. Wie Marina ihrer Mutter schilderte, hatte sie mehrfach versucht, Briefe außer Landes zu schicken, als sie glaubte, nun sei es sicher zu schreiben und Navarro sei sowieso zu alt, um noch eine Bedrohung darzustellen. Es war jedoch schwierig gewesen. Viele Chinesen misstrauten den Fremden. Und der eine Brief, den Marina persönlich an Bord eines Klippers gebracht hatte, war mit dem Schiff in einem Sturm untergegangen.
    Vor einem Jahr war Daniels Dienstzeit abgelaufen, und er wurde aus der Mission entlassen. Sie segelten zunächst nach Hawaii, wo Marina wieder mit einem Brief begann, es dann aber besser fand, persönlich zu erscheinen. Sie hatte sich keine allzu großen Hoffnungen gemacht, dass ihre Mutter noch am Leben war oder dass die Navarros überhaupt noch hier lebten. Aber dann … ausgerechnet am Geburtstag ihrer Mutter heimzukommen!
    Angela sah dies als ein Zeichen. Es sollte so sein. So wie Marina sie jetzt auf ihrer letzten Reise begleiten sollte.
    Als Marina die Tür öffnete, flüsterte Angela ihr zu: »Zieh dich an. Du musst mitkommen.«
    »Wohin?«
    »Wir brauchen eine Kutsche.«
    »Aber Mutter, es ist schon spät.«
    »Die Nacht ist warm.«
    »Kann das nicht bis morgen warten?«
    Angela sagte: »Meine Tochter, die Vergangenheit spricht heute Nacht sehr eindringlich zu mir.« Und sie fügte hinzu: »Wir müssen Angelique auch mitnehmen.«
    Angelique, zweiundvierzig Jahre alt und von sieben Schwangerschaften füllig geworden, hatte noch die Zeit gefunden, in einen weiten, unhandlichen Reifrock zu schlüpfen, der für die beiden anderen Frauen kaum noch Platz in der Kutsche ließ. Aber Marina, mit ihren vierundfünfzig Jahren und einer durch harte und entbehrungsreiche Jahre hageren Figur, trug nur ein einfaches Kleid, das seit fünfundzwanzig Jahren aus der Mode war. Und Angela war schmal und gebrechlich. Es gab also genug Platz für alle.
    Ihre Tochter und Enkelin protestierten, als Angelas getreuer Kutscher ihnen in den Wagen half. Er hatte Angela fünfzehn Jahre lang über ihren Besitz kutschiert und keine Fragen gestellt, als er mitten in der Nacht geweckt wurde, um seiner Herrin in einer dringenden Angelegenheit zu Diensten zu sein. Marina und Angelique hatten schließlich eingesehen, dass es besser war mitzukommen, weil sie beide wussten, dass Angela diese Fahrt auch ohne sie unternehmen würde.
    »Lass uns doch wenigstens Seth und Daniel mitnehmen.«
    Aber Angela schüttelte den Kopf. Dies war Frauensache. Sollten die Männer ruhig schlafen.
    Als sie in die Old Road einbogen und der Kutscher den Wagen ostwärts lenkte, geriet Marina in Panik: »Aber Mutter, es ist gefährlich, nachts in die Stadt zu fahren!«
    »Uns wird schon nichts passieren.«
    »Wie willst du das wissen?«
    Da keine Antwort kam, wechselte Marina einen besorgten Blick mit ihrer Nichte. Schließlich klammerten sie sich an den tröstlichen Anblick ihres Kutschers, einen kräftigen Mann mit einem langen Säbel an der Seite und einem Messer und einer Pistole im Gürtel.
    Sie fuhren schweigend durch die nächtliche Landschaft, und als sie einen vertrauten Eichenhain passierten, erklärte Angelique ihrer Tante, dass die Ranch der Quiñones nicht mehr existierte. Pablo, der Marina vor sechsunddreißig Jahren heiraten sollte, hatte erst vor kurzem das Land an einen Amerikaner namens Crenshaw verkauft.
    Sobald sie sich der Stadt näherten, stach ihnen der Gestank der Kanalisation in die Nase. Die Abwässer aller Häuser und Läden wurden durch Holzrohre in die Kanäle
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