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2001 Himmelsfeuer

2001 Himmelsfeuer

Titel: 2001 Himmelsfeuer
Autoren: Barbara Wood
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himmlischen Erscheinung. Jeder der Anwesenden, selbst der betuliche Fotograf und der zynische Reporter, spürten die Magie dieses Tages.
    Schließlich kamen die Wagen an der Gartenmauer zum Stehen. Marina blieb einen Moment lang sitzen und schaute auf ihre Mutter herunter. Dann ließ sie sich von ihren Brüdern vom Wagen helfen und warf sich in die Arme ihrer Mutter, als ob sie sich erst gestern und nicht vor sechsunddreißig Jahren Lebewohl gesagt hätten.
     
    Die Gespenster waren wieder da. Sie flüsterten und wisperten, neckten sie und erinnerten sie an Dinge aus längst vergangenen Tagen. Durch die geschlossenen Läden erkannte Angela, wo der Mond stand: Es war beinahe Mitternacht.
    Hellwach lag sie in ihrem Himmelbett, in dem sie ihre Kinder geboren hatte, und ließ den Festtag noch einmal vor ihren Augen vorüberziehen. Das Essen, die Musik, den Tanz. Alle ihre Freunde waren gekommen, die alten spanischen Rancheros, die mexikanischen Handwerker, die Neubürger aus Los Angeles. Selbst Würdenträger wie Cristóbal Aguilar, der Bürgermeister von Los Angeles, waren erschienen, und sogar der Gouverneur in Sacramento hatte Geburtstagswünsche telegrafiert. Und dann Marinas Heimkehr! Ein wahrhaft erfüllter Tag! Und doch gab es da immer noch diese leere Stelle in ihrem Gedächtnis, mit der sie am Vortag aufgewacht war.
    In dieser dunklen, stillen Stunde, da ihre Gedanken völlig klar waren, wurde Angela allmählich bewusst, dass es weniger um etwas ging, das sie vergessen hatte, als vielmehr um etwas, das sie tun musste. Aber was?
    Sie schlüpfte aus dem Bett und in ihre Pantoffeln. Mit einem Lächeln betrachtete sie ihre Geburtstagsgeschenke. Am meisten hatte sie sich über die aztekische rosa Jadefigur von Angelique gefreut und das Aquarell von Daniel, das er in China gemalt hatte. Als sie ihr Bedauern darüber ausdrückte, dass er durch die Kugel eines Banditen seinen Arm verloren hatte, hatte Daniel nur abgewunken: »Dem Herrn sei Dank, dass es nicht mein Künstlerarm war.«
    Angela band sich ein Schultertuch um und steckte die Jadefigur ein. Vielleicht brauchte sie heute Nacht das Glück einer antiken Göttin. Sie entzündete eine Kerze und wanderte durch den dunklen, stillen Säulengang an geschlossenen Türen vorbei, hinter denen Menschen schliefen, bis sie zu einem Zimmer ganz am Ende kam.
    Dies war ihr privates Arbeitszimmer, mit dem massiven schmiedeeisernen Kandelaber, den schweren Möbeln, den wandhohen Bücherregalen und dem Kamin, der so groß war, dass ein Mensch aufrecht darin stehen konnte. Auf dem Schreibtisch stapelten sich Briefe, Bittbriefe von Leuten, die sie um Geld oder um Rat baten oder Geschäfte mit ihr machen wollten. Da Angelas Sehkraft nachließ und ihre zittrige Handschrift unleserlich wurde, hatte sie eine Sekretärin eingestellt. Trotzdem saß sie jeden Tag an ihrem Schreibtisch, ging die Bücher, die Konten, die Belege und die Rechnungen durch.
    Einst war dies Navarros Sitz der Macht gewesen, wo er wichtige Besucher empfangen, seine Gunst wie ein König gewährt oder Strafen wie ein Despot erlassen hatte. Hier hatte er seine Kinder gemaßregelt und seine Arbeiter getadelt, Verträge und Abkommen über gewaltige Geldsummen unterzeichnet, und mit legaler wie illegaler Ware gehandelt. In diesem Raum hatte er Freunden geholfen und Feinde zerstört. Er hatte einst sogar den Gouverneur von Kalifornien hier empfangen und die Arroganz besessen, sitzen zu bleiben, als der Mann eintrat. Navarro hatte auf seinem prächtigen Sitz gethront und Gut und Böse abgewogen. Und in all den Jahren seiner Herrschaft war es Angela nicht gestattet gewesen, sein Zimmer zu betreten.
    Sie rief sich jene Nacht wieder ins Gedächtnis, als sie Navarro aufsuchte, der im Bett lag und sich von der Stichwunde erholte. Obwohl er überlebt hatte, hatte er viel Blut verloren, und eine später eintretende Infektion hatte ihn für Wochen ans Bett gefesselt. In jener Zeit hatte Angela die befristete Leitung der Ranch übernommen. Der lokale Brauch erlaubte es den Ehefrauen, in Abwesenheit des Ehemannes als
ranchera
zu fungieren. Sie war an sein Bett getreten, hatte auf ihn herabgesehen und erklärt: »Dieses Land gehört mir. Es ist mir egal, was du später machst, aber du wirst Rancho Paloma nie mehr leiten. Und wenn du mich oder eines der Kinder je wieder anrührst, werde ich dich endgültig töten.« Als er schließlich genesen war und sein Arbeitszimmer betrat, um seine Arbeit wieder aufzunehmen, hatte Angela an
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