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198 - Sohn und Dämon

198 - Sohn und Dämon

Titel: 198 - Sohn und Dämon
Autoren: Jo Zybell
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den ersten von ihnen im Rücken.
    Der Krieger schrie auf, riss die Arme hoch und ging in die Knie. Seine eigene schwere Axt ließ er fallen. Zwischen seinen Schulterblättern klaffte eine tiefe Wunde. Sein linker Arm und seine linke Schulter hingen schlaff herab, mit der Rechten versuchte er sich im Unterholz abzustützen.
    Der hinter ihm zögerte keinen Augenblick – er trat sofort vor seinen verletzten Kampfgefährten, um ihn zu beschützen.
    Der dritte, ein untersetzter Anangu mit brauner Haut, war schon beim umgestürzten Baum angelangt. Jetzt machte er kehrt.
    Daa’tan stürmte los. Er dachte an die Wunden seiner Mutter und fing an zu brüllen, während er auf den ersten Gegner losging. Der stand ganz still und wartete bis zum letzten Augenblick ab. Erst als Daa’tan den ersten Hieb führte und Nuntimor auf den schwarzen Krieger niedersauste, begriff der Junge, dass er einen Fehler gemacht hatte. Hass trieb ihn und Rachsucht. Die Kühle seines Herzens war hitziger Leidenschaft gewichen.
    Zu spät – der Gegner wich aus, und Daa’tan strauchelte.
    Dem kraftvollen Schlag des Anderen konnte er zwar ausweichen, doch sein eigener Schwung brachte ihn zu Fall. Er rollte sich ab, bekam eine Axt zu fassen und schleuderte sie dem Anangu entgegen. Der wehrte sie mit dem Schwert ab, stolperte jedoch im Ausweichen und schlug rücklings ins Gestrüpp.
    Daa’tan blieb keine Zeit, den Fehler des Gegners auszunutzen, denn schon griff ihn der dritte noch lebende Anangu an, der Untersetzte mit der hellen Haut. Der Jungen konnte gerade noch aufspringen und seine Klinge heben und so den ersten Schlag des Angreifers abwehren. Der Untersetzte wich zurück, der von der Axt Getroffene krümmte sich stöhnend zwischen ihnen. Daa’tan sprang an ihm vorbei, um dem Braunhäutigen nachzusetzen und möglichst viel Distanz zwischen sich und dem ersten Gegner zu bringen.
    Plötzlich hörte er hinter sich einen Schrei, der Blick des Untersetzten wurde seltsam starr, und stechender Schmerz fuhr Daa’tan ins Knie. Er brach zusammen.
    Doch statt seinen Vorteil zu nutzen und ihn zu erschlagen, floh der Untersetzte. Er sprang über den umgestürzten Baum und rannte den schmalen Pfad hinunter. Seine Gestalt verschwand zwischen Bäumen und Büschen.
    Daa’tan griff hinter sich, ertastete einen Messergriff, der aus seiner Kniekehle ragte, packte ihn und riss die Klinge heraus.
    Er schrie vor Schmerz. Der sie ihm ins Fleisch gerammt hatte, lag zusammengekrümmt hinter ihm und atmete schwer.
    Feindselig und aus feuchten Augen fixierte er Daa’tan. Der ergriff sein Schwert und stieß ihm die Spitze in die Kehle.
    Keuchend drehte Daa’tan sich um. Seine Mutter stand fünf Schritte weiter. Vor ihr lag der schwarze Krieger, der ihn überlistet und beinahe besiegt hatte. Ein kurzes Schwert steckte in seiner Brust.
    »Mutter…« Daa’tan rammte Nuntimor in den Waldboden und richtete sich an der Waffe auf. »Mutter…« Er ging auf sie zu. Jeder Schritt tat ihm weh.
    Sie nahm ihn in die Arme und drückte ihn. »Mein Sohn«, flüsterte sie unter Tränen. Sie umarmten und küssten sich und hielten einander fest, als wollten sie einander nie wieder loslassen.
    Der Wald, die Toten, der fahle Himmel und die stechende Sonne verblassten. Mutter und Sohn war in diesen Minuten, als würden sie eine andere, friedliche Welt betreten, eine Welt voller Glück.
    Später legte Daa’tan seinen Arm um seine Mutter, und sie stützte ihn. Die Dornen und Büsche wichen rechts und links von ihnen zurück, sodass sie nebeneinander auf dem Pfad zurück zum Wasserloch und zum Felsen hinken konnten.
    ***
    Gauko’on war außer sich. Fluchend lief er im Kreis um das Feuer und seine beiden Gefährten herum. Die saßen stocksteif und konnten die verheerenden Neuigkeiten nicht glauben, die sie von Ulros erhalten hatten. Der Erste Wächter des Uluru hatte eine unglaubliche Niederlage erlitten. Sämtliche seiner Krieger waren gefallen, er selbst hatte sich in der Krone eines Eukalyptusbaumes verkrochen.
    »Dieser Bastard!«, schrie Gauko’on. »Er muss mit dem Feind im Bunde stehen! Wie anders ist diese Katastrophe zu erklären?!«
    Schreiend und den Sohn der Barbarin verfluchend, stapfte er auf dem Uluru hin und her. Irgendwann ging ihm die Kraft aus, und er ließ sich keuchend an der Feuerstelle nieder. Er starrte in die Flammen und brütete finster vor sich hin.
    Einer der anderen beiden reichte ihm einen Becher mit Wasser. Gauko’on nahm ihn und leerte ihn auf einen
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