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198 - Sohn und Dämon

198 - Sohn und Dämon

Titel: 198 - Sohn und Dämon
Autoren: Jo Zybell
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seine Krieger vom Denken abzuhalten, der lähmenden Angst keine Chance zulassen.
    Das Shiip war tot. Dornengestrüpp hatte es so vollständig überwuchert, dass man nicht einmal mehr das Fell erkennen konnte. Einen Krieger hatte das Gestrüpp bereits eingeschlossen und getötet. Zwei weitere verbluteten gerade, weil Dornen ihre Halsschlagadern aufgerissen hatten.
    Noch nie hatte Ulros davon gehört, dass ein Wald von einem Augenblick zum anderen wachsen konnte. In keiner Legende der Urväter war davon die Rede. Und doch geschah es gerade. Die wuchernden Gewächse überragten den Ersten Wächter des Uluru und seine Krieger bereits um zwei oder drei Meter. Bald sahen sie kaum noch den Himmel.
    Sie waren nur noch zu acht. Seite an Seite mit Buttorgo hieb Ulros auf das starke Geäst einer Dornenhecke ein, um einen der Krieger zu befreien. Buttorgos Gesichtshaut hatte die Farbe getrockneten Warankots.
    Ein paar Schritte weiter mühten sich Roraz und ein Krieger um zwei Anangu, die vollständig von Schlingpflanzen eingewickelt waren. Einer der beiden Gefangenen schnappte röchelnd nach Luft.
    Aradam und Sidnai kauerten neben einem Stamm und drehten einen Stab in einem Stück Holz. Rauch stieg auf, Aradam streute dürres Gras und kleine Holzsplitter in die Funken. Bald schlugen Flammen aus dem Ast. Sidnai wartete, bis das Holz richtig brannte, dann warf er es zehn Schritte weiter in einen Busch, der ihm dürr genug erschien, um Feuer zu fangen und den ganzen Wald in Brand zu setzen.
    Ulros selbst hatte den Befehl dazu erteilt. Jetzt, als die ersten Flammen aus dem Busch schlugen, würgte ihn die Angst, sie könnten in einem Feuer umkommen, das sie selbst gelegt hatten. Aber es war die einzige Chance gewesen, die er noch gesehen hatte.
    Das Wuchern der Büsche und Sträucher hörte so plötzlich auf, wie es begonnen hatte. Die schwarzen Krieger schauten sich um. Nirgends raschelte und knackte es mehr. »Es ist vorbei«, sagte Sidnai. »Der Zauber hat ein Ende.«
    Buttorgo berührte einen der Baumstämme in seiner Nähe.
    »Es gibt ihn wirklich«, flüsterte er, und in seinen Augen flackerte die Angst. »Es ist kein Trugbild gewesen, dieser Zauberwald ist Wirklichkeit.«
    Sie befreiten die von Pflanzen eingesponnenen Gefährten.
    Einer war tot; eine gelbliche Liane hatte sich ihm um den Hals gewickelt und ihn erwürgt. Jetzt waren sie nur noch zu siebt.
    Plötzlich begann es wieder zu rascheln und zu knacken. Die Anangu zuckten zusammen und blickten sich um.
    »Es geht weiter«, ächzte Buttorgo. »Der Ahne stehe uns bei – es geht weiter!« Nie zuvor hatte Ulros den Krieger so voller Angst erlebt.
    »Nein!« Roraz deutete in die Richtung des Feuers. »Seht doch!«
    Rund um den Brandherd war der Wald in Bewegung geraten. Es schien fast, als zögen die Pflanzen ihre Wurzeln aus der Erde und rückten von den Flammen ab – was natürlich Unsinn war. Oder? Für gewöhnlich konnten Ranken und Lianen auch nicht nach Menschen greifen, um sie zu umschlingen.
    In kaum einer Minute war eine Schneise rund um das Feuer geräumt. Es loderte noch einmal hell auf und fiel in sich zusammen, als ihm die Nahrung entzogen wurde. Da kein Wind wehte, konnten auch die letzten hoch wirbelnden Funken nicht mehr auf den restlichen Wald übergreifen.
    Während Ulros und seine Gefährten noch fassungslos starrten, fiel der Busch neben ihnen plötzlich in sich zusammen. Hinter ihm welkte ein Strauch, hinter diesem eine dichte Dornenhecke, und hinter ihr rieselte gelbes Laub aus einem Baum. Kurz darauf kippte der Stamm in den Wald.
    »Eine Bresche.« Ulros deutete auf die Lücke, die das abgestorbene Gehölz hinterließ. »Folgen wir ihr.«
    Die Krieger zückten ihre Waffen und hieben auf das morsche Gestrüpp ein. Buttorgo ging voran, Ulros und Roraz folgten ihm, Sidnai bildete den Schluss der Marschkette.
    Rechts von ihnen brannte inzwischen ein Stück des Waldes, Rauch sammelte sich zwischen Bäumen und Büschen und stieg zu den Wipfeln und in den Himmel hinauf.
    Ein einziger schmaler Pfad öffnet sich vor Ulros und seinen Kriegern. »Er führt direkt zum Felsen«, sagte Buttorgo.
    »Ist dem Bastard also die Kraft für seine Zauberei ausgegangen.« Entweder konnte Roraz seine Angst perfekt überspielen, oder er empfand tatsächlich keine.
    Plötzlich blieb Buttorgo stehen. Mit dem Schwert deutete er zum Ende des Pfades. Dort stand ein Jüngling in einer schmutzigen Kutte und stützte sich auf ein langes Schwert. Ein wenig Bartflaum wucherte an
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