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198 - In der Spiegelwelt

198 - In der Spiegelwelt

Titel: 198 - In der Spiegelwelt
Autoren: A.F.Morland
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ließ.
    »Hier ist es«, sagte Dr. Keefer und wies auf eine der Kühlboxen. Die Kärtchen ließen sich leicht auswechseln. Derzeit war das Fach mit der Leiche eines Mädchens namens Mona Farnsworth belegt.
    Noel Bannister holte tief Luft. »Okay, Dr. Keefer, holen Sie die Tote heraus.«
    Der Gerichtsmediziner drückte auf einen Knopf, und ein Elektromotor surrte leise.
    ***
    »Wir haben Hunderte von Möglichkeiten ins Auge gefaßt, durchgespielt und verworfen«, sagte Mr. Silver, »und plötzlich funkt es bei dir im Schlaf? Bitte sei mir nicht böse, Tony, aber das kann ich kaum glauben. Ich habe nie darüber gesprochen, Tony, weil ich spürte, daß du es ohnedies auch weißt. Die Hoffnung, aus Frank Esslin wieder einen Freund zu machen, dem man blindes Vertrauen entgegenbringen kann, können wir vergessen. Es ist zuviel geschehen. Man kann Frank nicht mehr umdrehen. So bedauerlich das auch ist, wir müssen uns damit abfinden.«
    Ich nahm wieder einen Schluck vom Kaffee. Der Ex-Dämon trank auch. »Genau so dachte ich bisher«, erwiderte ich.
    »Es hat sich über Nacht nichts geändert. Frank ist immer noch derselbe. Er ist eingehüllt in diese fremde Haut und steht mehr denn je auf der schwarzen Seite. Wie willst du ihn von da fortholen?«
    »Es geht. Als ich die Augen aufschlug, war die Idee urplötzlich da, und sie ist so einfach, daß es mich wundert, daß noch keiner von uns darauf gekommen ist.« Der Hüne grinste. »Ich muß gestehen, du hast meine Neugier geweckt.«
    »Denk mal an unseren Erzfeind Atax«, forderte ich den Ex-Dämon auf. »Wie nennt man ihn?«
    »Die Seele des Teufels«, antwortete der Hüne. »Ich nehme an, diesen hochtrabenden Titel hat er sich selbst verliehen.«
    »Er hat noch einen zweiten«, fuhr ich fort. »Atax gehört dem Höllenadel an, aber er hat außerdem noch eine wichtige Funktion.«
    »Er ist Herrscher der Spiegelwelt.«
    »Herrscher einer Welt, die alles umkehrt, wo die Guten böse und die Bösen gut sind, um es mal ganz simpel darzustellen. Wir wissen, daß es dort keinen guten Atax gibt und auch keinen guten Asmodis. Woran das liegt, kann ich nicht erklären. Aber einen guten Frank Esslin werden wir in Atax’ Spiegelwelt antreffen, davon bin ich überzeugt.«
    Der Ex-Dämon nickte nachdenklich. »Ja, das wäre möglich«, gab er schleppend zu. »Darauf hätten wir wirklich schon früher kommen können, Tony.«
    »Hauptsache, mir kam der Geistesblitz überhaupt.«
    »Es ist nicht einfach, in die Spiegelwelt zu gelangen. Viel einfacher ist es, einen Weg in die Hölle zu finden«, sagte Mr. Silver. »Es gibt nur wenige Tore, und die läßt Atax gut bewachen.«
    »Aber wenn es uns gelingt, den guten Frank Esslin von dort fortzuholen…«
    »Dann muß der andere Frank Esslin rüber, damit das Gleichgewicht wiederhergestellt ist.«
    »Kann der böse Frank Esslin sich wehren?«
    Mr. Silver schüttelte den Kopf. »Diese Ordnung wird von einer übergeordneten Macht hergestellt, gegen die er sich nicht wehren kann. Zwei Frank Esslins auf derselben Seite läßt diese Macht nicht zu. Und Atax ist dafür verantwortlich, daß es nie zu einem Austausch kommt, weil das die bestehende Ordnung auf den Kopf stellen würde.«
    »Wir müssen es versuchen!« sagte ich eindringlich. »Ich bin bereit, alles zu riskieren.«
    Ich war froh, daß dieses Gespräch unter vier Augen stattfand, denn Vicky Bonney hörte mich nicht gern so reden. Sie hätte sich sofort wieder Sorgen um mich gemacht.
    Aber ich konnte nicht anders. Wenn es auch nur eine winzige Aussicht auf Erfolg gab, war ich bereit, alles dafür einzusetzen, Frank Esslin dem Einfluß der Hölle zu entreißen.
    »Roxane soll eine Pforte in die Spiegelwelt ausfindig machen, die nicht so gut bewacht wird«, sagte Mr. Silver. »Und da brechen wir dann durch.«
    ***
    Holger Altmann war ein Gruftie. Er wollte anders sein als andere und hatte sich deshalb die dunkelblonden Haare schwarz gefärbt. Er kleidete sich auch schwarz, und hin und wieder schminkte er sich weiß und bemalte seinen Mund mit einem schwarzen Lippenstift.
    Er wollte herausstechen aus der namenlosen Menschenmasse, und das tat er dadurch. Die Leute drehten sich auf der Straße nach ihm um und schüttelten verständnislos die Köpfe, doch das amüsierte ihn nur.
    Sie konnten nicht verstehen, daß einer nicht so sein wollte wie sie, daß er als einzelnes Individuum auftreten wollte und für sich das Recht auf Abkehr von jeglicher grauer Uniformiertheit in Anspruch nahm. Wenn er ein
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