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198 - In der Spiegelwelt

198 - In der Spiegelwelt

Titel: 198 - In der Spiegelwelt
Autoren: A.F.Morland
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Lokal betrat, begegnete er neugierigen Blicken. Viele lehnten ihn ab, doch manchmal merkte er, daß man seinen Mut, gegen den Strom zu schwimmen, bewunderte.
    Es gab bestimmt genug Typen, die sich ihm ganz gern angeschlossen hätten, denen es jedoch an der nötigen Courage fehlte, um sich nichts aus einem Spießrutenlauf durch die Stadt zu machen. Holger wohnte in Gelsenkirchen. Hier hatte er seine Clique. Es war nur eine Handvoll Gleichgesinnter, mit denen er sich regelmäßig traf. Auf dem Friedhof, wie es sich für echte Grufties gehörte. Ihnen machte diese Umgebung, die vielen vor allem nachts unheimlich war, nichts aus. Sie fühlten sich auf dem finsteren Friedhof wohl. Niemand störte sie. Sie waren für sich allein, konnten über gleiche Interessen reden, trinken, Zukunftspläne schmieden. Selbst geisterhafte Nebel oder unheimliche Geräusche vermochten ihnen keine Angst zu machen. Das bedeutete nun nicht unbedingt, daß sie mutiger als andere waren. Sie hatten zu diesen Dingen lediglich eine andere, wesentlich nüchternere Einstellung.
    Holger hatte kürzlich im Kreise seiner Gruftie-Freunde seinen neunzehnten Geburtstag gefeiert. Selbstverständlich stilgerecht - auf dem Friedhof, mit Whisky, Wein und Sekt.
    Seit einem Jahr hatte er Brieffreunde. Einen in England und einen in Amerika. Ebenfalls Grufties. Es war schwierig gewesen, sie zu finden, und nun ließ Holger den Kontakt nicht mehr abreißen.
    Er schrieb regelmäßig. Auch dann, wenn seine Freunde mal nicht antworteten, denn er wollte auf keinen Fall, daß diese interessante Verbindung einschlief. Der Brieffreund in England hieß Kevin Byrne und jener in Amerika Larry Burnett. Der eine wohnte in London, der andere in New York, und nun wollten sie sich auch einmal treffen.
    Sie hatten sich gegenseitig Fotos geschickt, und Larry Burnett hatte sogar die glorreiche Idee gehabt, seinen Freunden in London und Gelsenkirchen ein Video-Tape von sich zu schicken, damit sie ihn in Action erleben konnten.
    Bald war auch von Kevin Byrne eine Videokassette per Post bei Holger eingetroffen. Da er nicht zurückstehen wollte, hatte er einen Bekannten gebeten, ihn mit seiner Videokamera aufzunehmen und die Aufnahme auf zwei Kassetten zu überspielen.
    Die Idee zu einem Treffen kam von Holger. Kevin und Larry waren sofort begeistert. Holger wollte die Brieffreunde zu sich einladen und stolz seiner Gruftie-Clique präsentieren.
    Kevin wollte, daß Holger und Larry nach London kamen, und Larry lud Holger und Kevin nach New York ein. Nach einem sehr regen Briefwechsel einigten sie sich dahingehend, daß sie jedes Jahr so ein Treffen veranstalten würden - und Kevin Byrne machte den Anfang.
    Holger plante, drei Wochen mit seinen Freunden in London zu verbringen, doch es sollte anders kommen…
    ***
    »Sie war ein Gruftie«, informierte Dr. Keefer den CIA-Agenten. »Trieb sich mit Vorliebe auf dunklen Friedhöfen herum. Ich weiß nicht, was diesen jungen Leuten so sehr daran gefällt. Lieben sie es, sich zwischen Grabsteinen und Kreuzen zu gruseln? Ich bin kein Psychoanalytiker, um herauszufinden, was einen Menschen bewegt, zum Gruftie zu werden. Ich kann’s nicht verstehen, und ich wäre nicht sehr glücklich, wenn sich meine Tochter dazu entschließen würde. Haben Sie Kinder, Mr. Bannister?«
    »Nein«, antwortete Noel.
    Sie standen vor der offenen Kühlbox. Mona Farnsworth’ Leiche lag zwischen ihnen, mit einem weißen Laken zugedeckt. Dr. Keefer musterte den CIA-Agenten ernst.
    Noel Bannister holte tief Luft und nickte. Der Gerichtsmediziner nickte ebenfalls und schlug das Laken weit zurück, damit Noel soviel wie möglich von dem entsetzlich verwüsteten Mädchenkörper sehen konnte.
    Der schlaksige CIA-Agent war einiges gewöhnt, aber was er hier zu sehen bekam, drohte ihm den Magen umzudrehen. Er stieß die Luft zischend aus.
    »Man hat sie drüben auf dem Mount Zion Cemetery gefunden«, berichtete Dr. Keefer. »Der Gruftie-Kult wurde ihr zum Verhängnis.«
    »Wer hat sie so grauenvoll zugerichtet?« fragte Noel Bannister heiser. Er kämpfte gegen eine aufsteigende Übelkeit an.
    »Niemand weiß es. Die Polizei steht vor einem Rätsel.«
    »Diese schweren Verletzungen kann ihr kein Mensch zugefügt haben, das läßt auf eine ungeheure Kraft schließen.«
    »Sie haben recht, Mr. Bannister«, pflichtete der Gerichtsmediziner dem CIA-Agenten bei. »Als ich die Tote untersuchte, sagte ich mir, sie müsse einem schrecklichen Ungeheuer zum Opfer gefallen sein. Hier, das
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