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1970 - Hiobsbotschaft

Titel: 1970 - Hiobsbotschaft
Autoren: Unbekannt
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er dem Volk den von ihm favorisierten Plan vorgestellt und Gia de Moleon danach ihren.
    Stendal plädierte für sein Kugelschalen-Modell, wobei er das siebzigprozentige Risiko nicht verschwieg, dass die GOOD HOPE III in einem fremden Universum stranden könnte. Gia de Moleon hatte den Vorschlag von Gerard Davis aufgenommen, nach Rokantara zu fliegen und dort ein Großraumschiff zu „organisieren", mit dem sich die Entfernung zwischen den Galaxien überbrücken ließ. Die beiden übrigen Vorschläge waren von vorneherein chancenlos. Seit den gestrigen Hauptnachrichten konnte abgestimmt werden. Das geschah von den Wohnungen der Alashaner aus über Syntrons. Sie hatten dafür 24 Stunden Zeit, also noch weit mehr als die Hälfte.
    Die Auszählung erfolgte sofort und wurde ständig auf dem Bildschirmaktualisiert - ein Verfahren, dem Navajo skeptisch gegenüberstand: Wenn ein Trend sich durchsetzte, konnte dies einen Magneteffekt haben und die bisher noch Unentschlossenen mit sich ziehen. Allerdings konnte das sowohl ihm als auch Gia de Moleon zugute kommen. Noch lagen sie Kopf an Kopf. Einmal rangierte der eine um ein paar Prozent punkte vom, dann der andere. Stendal Navajo war tatsächlich erstaunt darüber, dass er so gut mithielt. Er hatte den Alashanern schonungslos die volle Wahrheit über das gesagt, was sie womöglich erwarte, wenn sie seinen Vorschlag wählten. Anscheinend waren die Bürger durch die vorangegangenen Ereignisse tatsächlich so gestählt, dass sie jeder Gefahr trotzen zu können glaubten. Alles andere wäre purer Fatalismus gewesen.
    Stendal hätte sich nicht gewundert, wäre seine Konkurrentin gleich von Anfang an mit großem Vorsprung davongezogen. Und er selbst? Glaubte er wirklich noch an seinen Plan, oder klammerte er sich an ihn, nur um eine Alternative zu bieten? Er hatte die Füße über Kreuz auf den Tisch vor sich gelegt und sich in seinem Sessel zurückgelehnt. Die Einrichtung wirkte fast wie in seinem Büro. Er griff neben sich, öffnete eine hölzerne Kiste und nahm sich eine dicke Zigarre heraus.
    Stendal biss das Ende ab, spuckte es aus und steckte sie in den Mund. Er zündete sie an und paffte genüsslich die ersten Züge. Stendal war wie fast alle Menschen dieses Jahrhunderts Nichtraucher, aber für ganz besondere Fälle hatte er seine Reserve an diesen wertvollen Zigarren, die er damals noch besorgt hatte. Er hatte sie noch in der Milchstraße gekauft ... Direktbezug von Lepso. Eine plötzliche Schwermut überkam den Politiker. Sie hatten ihre alte Heimat verloren und sich unter größten Mühen eine neue geschaffen, viele Millionen Lichtjahre entfernt. Wie es schien, mussten sie auch diese aufgeben und, sofern sie die Chance bekamen, noch einmal ganz von vorne beginnen.
    Ob in Rokantara oder womöglich in einem anderen Universum, es würde hart werden und vielleicht die psychische Belastbarkeit der Alashaner übersteigen. Auch wenn sie jetzt noch zur Hälfte dafür stimmten - er zweifelte daran, dass sie sich allein vorstellen konnten, was möglicherweise auf sie zukam. Stendal seufzte und zog an seiner Zigarre. Er war froh, jetzt allein zu sein. Am liebsten wäre er zu seinen Tauben gegangen und hätte sie gefragt, was er tun sollte. Was hätte er aus ihrem Gurren herausgehört?
    Wieder führte Gia de Moleon mit leichtem Vorsprung, dann plötzlich mit fünf Prozentpunkten. Stendal Navajo beugte sich vor. Seine Augen verengten sich. Er sah ihren Vorsprung weiter wachsen, so als hätten sich die Stimmberechtigten im geheimen abgesprochen, um jetzt für sie in die Offensive zu gehen. Wer auch immer von bei den verlor, es würde eine schmerzliche persönliche Niederlage werden, dessen war sich Navajo bewusst. Wenn Gia de Moleon die Abstimmung gewann, würde er als Bürgermeister auf wackligen Füßen stehen. Er würde sein Amt zwar nicht verlieren, in künftigen Auseinandersetzungen mit de Moleon aber eine deutlich schwächere Position haben.
    Sein Stimmenpolster holte auf, lag nur noch drei Prozentpunkte hinter der TLD-Chefin. Der Anflug von Schwermut war vorbei, er war wieder ganz bei sich und überlegte wie schon einige Male zuvor, wie er auf das Ergebnis der Abstimmung reagieren sollte - so oder so. Er gewann weiter an Boden. Jetzt lagen er und de Moleon wieder gleichauf, fünfzig zu fünfzig Prozent der bisher abgegebenen Stimmen. Und die Stunden vergingen.
    Stendal Navajo trank einen Kaffee nach dem anderen, um wach und geistig fit zu bleiben. Es ließ sich noch immer kein
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