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1912 - Der Zylinder-Mann

Titel: 1912 - Der Zylinder-Mann
Autoren: Unbekannt
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das Signal programmiert. Jedder war heute nicht im TLD-Tower gewesen, sondern hatte sein neues Programm zu Hause weiterentwickelt, in ständigem Dialog mit seinem eigenen Computer. Zusammen mit Dame hatte er sich die Ansprache seiner Chefin angehört. Nun war er schweigsam. „Was ist?" wurde er von seiner Frau gefragt. „Hast du keine Meinung zu dem, was sie gesagt hat? Ich finde, sie hätte sich für ihr Verhalten während der letzten Wochen und Monate ruhig entschuldigen können. Und jetzt will sie uns schon wieder verbieten, zu den Thorrimern zu gehen. Nein, sie will mit ihrem König verhandeln, sie kann alles viel besser. Wenn sie darauf spekuliert, daß sie meine Stimme bei der Bürgermeisterwahl kriegt, dann hat sich die Dame aber geschnitten, das kannst du glauben."
    „Wer sagt denn, daß sie kandidieren wird?" fragte er. „Na, wenn das nicht sonnenklar ist! Die Alte klebt doch an der Macht. Freiwillig gibt sie die nicht ab."
    „So gut kennst du sie, ja?"
    „Ach, schau an. Ich wußte, daß du sie wieder verteidigen mußt."
    „Tu' ich doch gar nicht", seufzte Jedder und winkte ab. „Ich war ihr gegenüber immer kritisch eingestellt, aber auch fair. Und es spricht für sie, daß sie jetzt nicht weiter die Augen vor den Realitäten verschließt."
    Seine Frau lachte laut. „Was bleibt ihr denn übrig? Wenn die Mauern noch ständen, würde sie uns weiter bevormunden. Mit keinem Wort hat sie sich entschuldigt."
    Es wurde Jedder zu dumm. Er gab ihr keine Antwort mehr, sondern ging die Treppe hinauf und sah nach den Kindern. China und Earth hockten in ihrem Zimmer auf dem Boden und spielten ein Strategiespiel, bei dem es darum ging, den Gegner so in eine Ecke des dreidimensionalen Spielfelds zu drängen, daß er festsaß und sich nicht mehr rühren konnte - eine einfache Mischung aus Schach und einem Action-Spiel.
    Chessy, die Dackeldame, lag zusammengerollt auf Chinas Bett und beobachtete die Kinder aufmerksam, als verstünde sie ganz genau, was sie taten.
    Immer wenn Jedder den Hund so friedlich daliegen sah, mußte er an die drei Nächte denken, in denen er nach ihm gesucht hatte - in Alashan und jenseits der Grenze, in Zortengaam. Es war ihm nicht erspart geblieben, wenn er je wieder in Ruhe und normal schlafen wollte. Nach dem Tag an der Grenze und seinem Besuch im KosmosKlub hatte das Elend angefangen. Die Kinder heulten die ganze Nacht, und er war noch einmal hinausgegangen, um nach Chessy zu suchen - vorerst noch in Alashan.
    Natürlich hatte er sie nicht gefunden. Das war kein Wunder angesichts des Riesenareals. Er hatte inständig gehofft, der gute Hund möge von selbst nach Hause finden, aber umsonst.
    Am anderen Tag war es das gleiche gewesen. Jedder, übermüdet vom Tower nach Hause gekommen, mußte sich das Geplärre seiner Sprößlinge anhören, bis er schließlich aufbrach und nach Chessy suchte. Diesmal erweiterte er sein Jagdgebiet auf die nahen Teile von Zortengaam. Es war unheimlich und dennoch fast so etwas wie romantisch gewesen.
    Unzählige kleine, laternenartige Leuchtkörper erhellten des Nachts die Stadt.
    Ein gewisser Zauber ging davon aus, mit tanzenden Schatten und geheimnisvollen Geräuschen. Doch der Dackel blieb verschwunden. Jedder hatte zu glauben begonnen, daß er nicht mehr lebte. Mut gab ihm nur die bereits bekannte Tatsache, daß alle Thorrimer strenge Vegetarier waren.
    Erst in der nächsten, der dritten Nacht fand er Chessy. Er hatte wieder eine kleine Odyssee durch Zortengaam hinter sich gebracht, ohne Erfolg, aber als er zu dem Bungalow zurückkehrte, begrüßte der Dackel ihn auf der Fußmatte freundlich und wild.
    Jedder öffnete ihm die Tür und tat den Kindern gegenüber wenigstens so, als habe er sie gefunden. Er erfand dazu eine abenteuerliche Geschichte über Zortengaam und die Thorrimer, die ihn zu Chessy geführt hätten.
    Seit dieser Zeit hatte er einen Translator bei sich zu Hause liegen. Er konnte nicht ausschließen, daß Chessy abermals ausrücken würde, denn offenbar hatte ihr irgend etwas so gut in Zortengaam gefallen, daß sie drei Tage bis zu ihrer Heimkehr gewartet hatte. Daß sie von Thorrimern festgehalten worden war, glaubte Jedder nicht.
    Die Nacht verlief ruhig, dennoch schlief Jedder wenig. Immer wieder hörte er Gia de Moleons Worte. Er fragte sich, wie es nun tatsächlich für sie weitergehen sollte. Wenn sich der König der Thorrimer nun nicht wie gewünscht kooperativ zeigte? Vielleicht reichte es ihm mit den Terranern bereits - trotz der
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