Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1892 - Als das Sternlicht erlosch

Titel: 1892 - Als das Sternlicht erlosch
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
Zuschauer nur vor den Kopf gestoßen hätte.
    Also gab sie sich als große Reformatorin des Kults aus, die von Gott dazu ausersehen wäre, die Zeit des Göttlichen Schweigens zu überbrücken und die Galaxis in eine neue Phase des Lichts zu führen, das dann allerdings eine neue Bedeutung erfahren sollte: die der Erleuchtung, der Erhebung, des Glücksgefühls an sich.
    So engagiert, wie sich Silkon gab, so widersprüchlich waren ihre Aussagen. Normalerweise wäre es für Siebenton ein leichtes gewesen, sie zu widerlegen, ja regelrecht zu zerpflücken. Doch der gewählte oberste Seelenhirte hatte jetzt gegen seine Tochter zu reden. Er hatte Skrupel, und sie banden ihm den Mund zu.
    Siebenton lieferte eine der schwächsten Reden seiner Laufbahn ab, und als er damit fertig war, buhten nicht nur die vielen zehntausend Zuhörer, sondern es geschah noch etwas ganz anderes.
    Plötzlich sprangen etwa zehn Männer und Frauen aus der Masse hervor und stürzten sich auf ihn.
    Niemand hatte damit gerechnet. Niemand hatte das voraussehen können. Die Mönche waren mit Messern und Strahlern bewaffnet und hatten den Seelenhirten gepackt, ehe er überhaupt ‘begriff, was geschah.
    „Der Seelenhirte von Wolkenort ist festgenommen und wird sich vor einem Gericht für seine Verbrechen am Shaogen-Kult verantworten müssen!" rief Silkon in die Kameras und Mikrofone. „Bis zu seiner Verurteilung bin ich die neue Seelenhirtin von ganz ShaogenHimmelreich Die Hirten von Phasenberg und Toun werden in diesen Minuten ebenfalls abgesetzt und inhaftiert, damit sie sich mit ihm gemeinsam verantworten können. Es lebe der Neue Glaube! Es lebe das Göttliche Schweigen, das uns zur Vernunft gebracht und davor bewahrt hat, einen gefährlichen Irrweg zu beschreiten! Es lebe die Zukunft!"
    Sie schenkte den zahlreichen Kameras ein eiskaltes Lächeln, bevor sie weitersprach.
    „Eine Warnung an die Besatzung des KREUZMONDS VON WOLKENORT: Laßt euch nicht einfallen, Siebenton zu Hilfe zu kommen oder eure Geschütze auf uns zu richten! Es wäre Siebentons sofortiger Tod! Die Galaxis sei unser Zeuge, daß wir ihn vor ein ordentliches Gericht des Neuen Glaubens stellen wollen und werden!"
     
    *
     
    Siebenton war völlig am Boden zerstört. Er saß in einer Zelle in einem Verlies des neuerbauten Palastes und konnte die Welt nicht mehr verstehen. Seine sechs Begleiter waren in Nachbarzellen untergebracht.
    Seit einer Woche hielt man sie hier hinter Gittern. Silkon hatte sich kein einziges Mal sehen lassen. Nur Lokhout hatte ihnen in seinem fahrbaren Krankenstuhl einen Besuch abgestattet und all seinen Haß versprüht.
    Er war todkrank an Leib und Seele. Siebenton konnte nur noch Ekel und Abscheu vor dem Mann empfinden, mit dem er als Frau einmal zusammengelebt hatte.
    Er wußte nicht, was draußen in der Galaxis vorging und was aus den Seelenhirten von Toun und von Phasenberg geworden war. Befanden sie sich auf ihren Welten in der Gewalt von Rebellen, oder waren sie am Ende schon hier?
    Welchen Berg hatte er zu besteigen? Was konnte er tun, um das Licht wieder scheinen und diesen Alptraum beenden zu lassen?
    Er versuchte sich vorzustellen, wie die Stimmung in Shaogen-Himmelreich war. Die alte Ordnung war weitgehend zusammengebrochen. Billionen von Intelligenzen fragten sich, ob alles umsonst gewesen sein sollte, ob all ihre guten Taten für das Jenseits nun keine Bedeutung mehr hatten oder, noch schlimmer, alle bösen Taten keine Vergeltung mehr fänden. Sie fragten sich, ob das Shaog, die Himmelsburg für das TodErleben, möglicherweise vernichtet worden sei.
    Daß die Traal-Gegenkultler eine unverhoffte Blüte erlebten, war ihm nicht neu. Die Shaogen-Außenwächter waren hoffnungslos überfordert. Aber sie kämpften doch auch nur gegen die Bedrohung des Glaubens von außen. Wer kämpfte von innen dafür? Die sogenannten Shaogen-Wächter wie Proxx und Falagen konnten es nicht sein. Sie hatten für die Sicherheit einzelner Missionen zu garantieren und waren keine globale Einsatztruppe.
    Hatte Siebenton, hatten seine Vorgänger es versäumt, eine schlagkräftige Truppe gegen innere Unruhestifter aufzubauen? Der Gedanke behagte Siebenton ganz und gar nicht. Ein nur mit Gewalt gestütztes Glaubenssystem konnte nicht mehr wirklich überzeugend sein. Es würde schnell in seinen Strukturen erstarren und zum bloßen Zwang werden.
    Das war das letzte, was er gewollt hätte.
    Weitere Tage vergingen, ohne daß Siebenton abgeholt wurde, um zu der avisierten
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher