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1884 - Botschaft des KONT

Titel: 1884 - Botschaft des KONT
Autoren: Unbekannt
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vorgenommen hatte. Sein Erscheinen hatte das ganze Volk in Aufregung versetzt - das war die beste Grundlage, einen Kontakt herzustellen.
    Der KONT, nunmehr nur noch dreißig Kilometer vom Boden entfernt, begann die Atmosphäre des Planeten in gezielte Schwingungen zu versetzen. Die Planetenbewohner nannten gewisse Kopplungen von akustischen Schwingen, Aneinanderreihungen und Verknüpfungen „Musik" und legten großen Wert darauf.
    Der KONT wußte auch, daß diese Musik gewissermaßen eine eigene Sprache war, in der Bedeutung der einzelnen Komponenten nicht so klar, wie er es sich gewünscht hätte, dafür aber von größter emotionaler Wirkung.
    Der KONT hatte vor, zwei Effekte zu erzielen, und dem Ziel entsprechend modulierte er die Klänge, die er durch die Atmosphäre fluten ließ. Das erste Ziel war, einen Zustand der freudigen Erregung und Erwartung auszulösen; die zweite Absicht war, dem Besuch des KONT ein erhabenes, feierliches Gepränge zu geben. Er war sicher, daß ihm auch das gelingen würde ...
     
    *
     
    „Die Nacht der Abrechnung", flüsterte Hynpha Klaf. „So steht es geschrieben, so wird es sein ... Die Himmel werden sich auftun, und ein Licht wird herabsteigen auf Blauty, und der Gute Geist wird seine Stimme ertönen lassen."
    Ihre Stimme bebte stark vor Erregung, während Tanlee Phoc eine heftige Gebärde machte.
    „Unsinn!" stieß er hervor. „Es ist ein Schauspiel, eine Darbietung, speziell für uns und diese Nacht entwickelt ... Begreifst du, wie genau uns die Fremden kennen müssen, wenn sie eine derart perfekte Aufführung organisieren können, perfekt auf uns Blautiden abgestimmt?"
    Hynpha Klaf zeigte ihm die Rücken ihrer Gestenhände und bedeutete ihm damit, zu schweigen. Phoc senkte den Kopf, stieß unwillige Laute aus und scharrte grimmig mit den Lauffüßen auf dem Terrassenboden. .
    Die Regierungschefin hob die Stimme. „Jetzt ist es soweit!" rief sie aus. „Vereinigen wir uns im Gebet!"
     
    *
     
    Irgend etwas stimmte hier nicht ...
    Der KONT hing jetzt so dicht über dem Boden, daß er die Blautiden auch optisch wahrnehmen konnte.
    Sie standen dicht an dicht gedrängt und blickten hinauf zum Himmel, um ihn zu betrachten. Aber den KONT selbst bekamen sie nicht zu sehen, nur die gleißende Aura, in die er sich gehüllt hatte.
    Der KONT sah, wie eine Bewegung durch die Volksmassen ging, als wären die Blautiden in ihrem Kollektiv von einem elektrischen Schlag getroffen worden. Sie spreizten die Standbeine weit auseinander und drückten sich eng an den Boden. Die Handlungsarme hatte sie verschränkt, die Gestenarme umgaben die Köpfe und bedeckten die Wahrnehmungsaugen.
    Der KONT war irritiert. Nach dem, was er inzwischen über die Bräuche der Blautiden in Erfahrung gebracht hatte, war dies keine Begrüßungsgeste, auch keine Unterwerfungsgebärde, wie man sie in einer solchen Situation erwarten durfte. Nach dem Verständnis des KONT hatten die Blautiden damit begonnen, ihren Gott anzurufen ...
    Der Begriff „Gott" war dem KONT wohlbekannt. Fast alle Völker, die er besucht hatte, hatten im Laufe ihrer Entwicklung einen Schöpfungsmythos entwickelt und sich allmächtige Wesenheiten vorgestellt, denen sie ihre Existenz zu verdanken hatten. Das schlichte Faktum der Evolution ihrer Spezies aus primitiven Lebensformen war für viele Individuen im All zum einen intellektuell nicht durchschaubar, zum anderen seelisch zuwider. Statt dessen zogen sie eine Überzeugung vor, der zufolge sie nicht durch blinden Zufall entstanden waren, sondern durch das gezielte Eingreifen einer übergeordneten Wesenheit, mindestens vom Range einer Superintelligenz, meist aber noch weit überlegener.
    Meist brachen solche Glaubenssysteme sehr schnell und haltlos in sich zusammen, wenn die jeweilige Planetenbevölkerung zum ersten Mal Kontakt mit anderen Intelligenzen bekam, aber manchmal waren solche Überzeugungssysteme von bemerkenswerter Dauer und Zählebigkeit.
    Der KONT hatte zu derlei Irrationalitäten niemals wirklichen Zugang gehabt. Er begriff zwar den praktischen Sinn solcher Glaubenssysteme für die Psychohygiene der Völker und den kulturellen Zusammenhalt der Kollektive, aber er hatte die tiefsitzende Überzeugung der Betroffenen, das, was sie im Gegensatz zu „Wissen" den „Glauben" nannten, niemals nachempfinden können. Insbesondere deswegen nicht, weil von den meisten Individuen die variable Spielart der Information, eben der nicht beweisbare, subjektive Glaube, nicht selten für
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