Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1859 - Duell in der Traumblase

Titel: 1859 - Duell in der Traumblase
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
ihren Interessen betroffen war.
    „Ich habe Angst, daß du ‘mich verläßt."
    „Das ist alles?"
    „Ja." Es klang beleidigt.
    Saedelaere lachte. „Vergiß nicht, daß ich Macht über dich besitze. Ich kann dich bei mir leben lassen, Oder ich kann dich töten. Du bist immer noch am Leben, Haut, trotz allem. Das sagt doch genug."
    „Vielleicht. Aber wird es auch so bleiben?"
    Er erklärte: „Solange du mich nicht bekämpfst, wird sich meine Entscheidung nicht ändern."
    „Wirklich nicht?" Ganz vorsichtig kam der Gedanke, tastend, Mitgefühl heischend.
    Ihr biologischer Zweck bestand darin, einen Wirt zu überfallen, zu versklaven und zu kontrollieren. In Saedelaeres Fall war der Angriff fehlgeschlagen. Sie hatten lange Zeit gekämpft - bis sich der Aktivatonträger durchgesetzt hatte.
    Und nun verbot ihm seine ethische Einstellung, sie sterben zu lassen. Obwohl er für diesen Luxus einen hohen Preis bezahlte.
    „Du wirst immer zu mir stehen, Alaska? Du läßt mich niemals fallen?"
    „Ich kann nicht in die Zukunft sehen", sagte er ärgerlich. „Wir finden irgendwann eine andere Lösung."
    „Das kann ich mir nicht vorstellen. Ich will keine andere Lösung. Ich will, daß es bleibt, wie es ist."
    „Nein!" versetzte er barsch. „Vergiß diesen Gedanken schnell wieder."
    „Ich bin am liebsten bei dir."
    „Schluß damit. Es ist Zeit für dein Training."
    „Alaska, das quält mich. Du weißt das doch."
    > Ja. Aber es kümmert mich nicht."
    Er streckte demonstrativ die Hände aus. An seinen Fingern begann eine halbtransparente, im Grunde ekelhafte Masse hinabzuwandern. Von den Füßen löste sich die Haut zuerst, dann lagen die Beine blank, am Ende gab sie seinen Oberkörper frei. Die Masse floß außen am Raumanzug zu Boden. Saedelaere sah sie zucken, als sie sich völlig von ihm löste. Er fiel nicht darauf herein. Sie brauchte nicht zu denken. daß sie sein Mitleid wecken konnte.
    „Dein Limit sind zehn Minuten<" sagte er kalt. „Wage nicht, vorher zu mir zurückzukommen. Ich verlange, daß du dich aus meiner Sichtweite entfernst."
    Die Haut antwortete nicht. Wahrscheinlich besaß sie keine äußeren Lautbildungsorgane. Saedelaere wußte nicht, auf welche Art sie wahrnahm, ob sie Augen und Ohren hatte oderdezentrale Sinnesknospen überall am Körper. Er wußte nur, daß sie eine präzise Wahrnehmung besaß.
    Wie ein nasser Sack kroch sie davon. Hätte er nicht gewußt, daß sie simulierte, er hätte sie für krank gehalten.
    Der Haut ging es gut. Sie verhielt sich wie ein bockiges Kind. Daß sie sich vor der Einsamkeit fürchtete, konnte er nachvollziehen. Wer so sehr auf einen Wirt angewiesen ist, der erhebt den Wirt automatisch zum Zentrum seines Universums. Was aber, wenn das Opfer nicht mitspielt?
    Saedelaere betrachtete die schwächlichen Bewegungen. Sie überquerte den Schottenweg, schlängelte sich um ein stacheliges Gewächs und verschwand in den Büschen.
    Er hatte selbst gesehen, über welche Kräfte sie verfügte. Die Haut konnte sich zu einem Medizinball formen und besaß dann explosive Schnelligkeit. Anzunehmen, daß sie einem Menschen in der Hinsicht ebenbürtig war.
    Auf lange Sicht sah er einen möglichen Nutzen voraus. Im Gegensatz zum Menschen verfügte sie über eine variable Figur. Ihm fielen tausend Vorteile ein: engmaschige Gitter durchqueren, in die kleinsten Öffnungen kriechen, sich einem Untergrund anpassen.
    Allerdings: Gleichwertig würde sie niemals sein, dafür fehlte ihr die nötige Intelligenz. Sie war von Grund auf unselbständig, stets auf einen Impuls von außen angewiesen.
    Ein Herr-Diener-Verhältnis bereitete ihm durchaus Probleme. Er strebte nicht nach Herrschaft. Seine Erziehung verbot es ihm, Freude an der Ausübung von Macht zu empfinden. Auf der anderen Seite, im Kosmos hatte Gleichberechtigung keinen großen Wert. Hätte er von der Haut verlangt, sie möge sich gleichberechtigt fühlen, er hätte sie nur unnötig gequält. Ein Wesen wie die Haut benötigte klare Verhältnisse.
    Er hoffte, daß er sie dennoch zu einem nützlichen Partner erziehen konnte.
    Alaska Saedelaere setzte sich auf einen Stein am Rand des Schotterweges. Er fühlte sich erleichtert.
    Allein sein. Wenigstens einige Minuten am Tag, ohne drückende Nähe.
    Anders hätte er es nicht ausgehalten. Ein normaler Mensch konnte nicht verstehen, was es hieß, permanent von einem Parasitenwesen eingeschlossen zu sein.
    Er sah einen Teil der Gallertmasse hinter dem Strauch hervorlugen. „Weiter weg!"
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher