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1850 - Vollmond-Grauen

1850 - Vollmond-Grauen

Titel: 1850 - Vollmond-Grauen
Autoren: Jason Dark
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reden, als wären wir hier in einem Sketch von dem leider verstorbenen Loriot.«
    »Aha. Und wer ist das?«
    »Nicht wichtig für dich.« Er stand auf, denn er wollte mir beim Essen nicht zuschauen. Deshalb ging er zur Seite und blieb in der offenen Zimmertür stehen.
    Die Zeit verging.
    Minute für Minute tropfte dahin, und vor dem Fenster veränderte sich allmählich das Bild. War es morgens noch so hell gewesen unter einem herrlich blauen Himmel, so hatten sich jetzt wieder die Wolken durchgesetzt. Die meisten waren noch hell, aber wer nach Westen schaute, der sah schon, dass sie dunkler wurden und eine graue Farbe annahmen. Sie trieben langsam näher, aber sie waren noch nicht die Dunkelheit.
    Meine Pizza schaffte ich nicht ganz. Die Hälfte reichte mir und ich sah, dass Harry in der offenen Tür erschien. Er schaute mich an, reckte sein Kinn vor und fragte: »Na, was gehört?«
    »Leider nicht.«
    Er fluchte und fuhr durch sein dunkelgraues Haar. Es hatte auch keinen Sinn, dass ich das Gegenteil behauptete, wir mussten wirklich erst mal abwarten. Wenn die Dunkelheit da war, dann würde es anders werden.
    Und es wurde jetzt schon anders. Es hatte aber nichts mit der Dunkelheit zu tun, sondern mit der Temperatur. Die sackte ab, es wurde kälter.
    Das spürte ich, aber auch Harry Stahl bemerkte es. Er starrte mich mit offenem Mund an, ohne etwas zu sagen, dann nickte er langsam.
    »Es ist kühler geworden«, sagte ich.
    Jetzt sprach er auch. »Ja, das merke ich. Aber ich kann nicht sagen, dass es eine normale Kühle ist. Die Heizung funktioniert nämlich noch. Du hast vorhin von einer anderen Welt gesprochen. Könnte es sein, dass sie auf der Lauer liegt?«
    »Ja.«
    »Und wir befinden uns wieder an der Grenze. Wie in der anderen Wohnung. Oder nicht?«
    »Das kann sein.«
    Harry sagte erst mal nichts mehr. Er ging zum Fenster und schaute nach draußen. Ich saß noch im Sessel. Die Kälte war geblieben.
    Ich hörte Harrys Stimme, die leiser geworden war. »Draußen wird es allmählich dunkel.« Er drehte sich wieder um. »Ich denke, dass die Zeit gekommen ist.«
    Ich lächelte. »Einen genauen Zeitpunkt hat man mir nicht genannt. Es wird etwas passieren, aber wann das der Fall sein wird, steht in den Sternen.«
    Harry Stahl wollte antworten. Ihm fehlten aber die Worte, und so blieb er stumm. Sein unsteter Blick verriet mir, wie nervös er wirklich war. Verständlich, denn es ging um seine Partnerin.
    Grenzen überwinden!
    So hatte ich es gehört. Noch gab es die Grenzen, und wir hofften, sie bald überwinden zu können.
    Ich dachte auch an Dagmar Hansen. Sie war Psychonautin und etwas Besonderes. Man sah es ihr nicht an, aber sie besaß das dritte Auge, das in der tiefen Vergangenheit zahlreiche Menschen besessen hatten. Im Laufe der Zeit war es nur verkümmert, und so gab es nur noch sehr wenige Menschen, die sich darauf verlassen konnten. In dieser Zeit würden sie nicht mehr so akzeptiert werden wie ihre Ahnen. War das der Grund, weshalb man Dagmar geholt hatte?
    Ich wusste es nicht. Mein Blick fiel gegen den Mond, dessen runde Scheibe am Himmel stand und eine kalte gelbe Farbe aufwies.
    Harry Stahl drehte sich zu mir um. Sein Blick zeigte Besorgnis. »Und? Wie fühlst du dich? Und was fühlst du?«
    »Nicht viel.«
    »Wie soll ich das verstehen?«
    »Ich denke, dass da etwas auf uns zukommt, und habe noch immer das Gefühl, an einer Grenze zu stehen, aber es kann auch sein, dass wir sie bald überschreiten.«
    »Du meinst zur anderen Seite hin?«
    »Ja.«
    »Und was ist mit Dagmar?«
    Ich hatte gewusst, dass er danach fragen würde. Ich konnte ihm keine Antwort geben. Nur das Gefühl, dass sich hier etwas immer mehr verdichtete, wollte nicht weichen. Es lag als Druck auf mir.
    Dann war sie da.
    Die andere Seite.
    Gelb leuchtete die Mondscheibe. Das Licht schien genau auf unser Fenster gerichtet zu sein. Ich hatte mein Kreuz außen vor der Brust hängen und warf ihm jetzt einen Blick zu.
    Schimmerte es heller? Oder hatte es vielleicht das Licht des Mondes eingefangen?
    Auch Freund Harry merkte, dass etwas nicht stimmte. Er ging unruhig hin und her, und immer dann, wenn er sich dem Fenster näherte und einen Blick auf die Mondscheibe warf, schüttelte er den Kopf.
    »Was hast du?«
    »Da kommt etwas auf uns zu, John. Das spüre ich. Es – es – muss da eine Verbindung geben. Und wir werden sie bestimmt gleich auch zu Gesicht bekommen, da bin ich mir sicher.«
    Das konnte durchaus sein. Es war auch gut so, denn
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