Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1850 - Vollmond-Grauen

1850 - Vollmond-Grauen

Titel: 1850 - Vollmond-Grauen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
mehr. Und das war dieses Lebewesen, das kein Vogel war und auch kein fliegender Hund.
    Es musste eine Mischung sein, die sich vor der Scheibe abzeichnete und aussah, als befände sie sich im Zimmer.
    Wir standen unbeweglich. Wir nahmen das Bild wahr, aber auch den anderen Geruch. Es roch streng, und ich glaubte fest daran, dass sich die Grenzen geöffnet hatten.
    Wir standen noch starr und warteten darauf, dass sich die Szene vor uns belebte. Ich hörte, wie Harry Stahl den Namen seiner Partnerin flüsterte, die wir nicht sahen, dafür aber das Geschöpf, das sich vor uns abmalte, als wäre es von jemandem dort hingestellt worden.
    Es gab keinen Laut von sich. Es hielt den Schädel gesenkt, als wollte es eine gewisse Demut zeigen. Daran konnte ich nicht glauben, und das tat Harry auch nicht.
    »Wir müssen uns auf alles einstellen, John.«
    »Ich weiß.«
    »Und? Übernehmen wir wieder die Initiative? Diese beiden Hunde haben wir geschafft.«
    »Könnten wir, Harry. Mich würde nur interessieren, ob es sich verständlich machen kann. Dann wüsste ich wenigstens, warum es hier erschienen ist.«
    »Ja, das ist …«
    »Unnötig!«
    Auf einmal war die Stimme da. Und es war die Stimme einer Frau, die hinter uns erklungen war.
    Wir kannten sie.
    Gesprochen hatte Dagmar Hansen!
    ***
    Wir hatten beide die Stimme gehört, aber weder Harry noch ich reagierten. Es hatte uns einfach zu überraschend getroffen, das musste ich ehrlich zugeben, und auch Harry konnte im ersten Augenblick nichts tun. Er musste sich erst fassen, stöhnte leise auf, und dann sah ich, wie er sich langsam umdrehte, denn er wollte Dagmar sehen.
    Ihm musste schon ein Stein vom Herzen gefallen sein. Und als er die Drehung geschafft hatte, da rechnete ich damit, dass er seine Partnerin ansprechen würde, was er jedoch nicht tat, sondern nur heftig atmete.
    Damit wiederum hatte ich nicht gerechnet und drehte mich nicht so langsam um wie Harry. Bei mir ging alles recht schnell, und ebenso schnell stand ich wieder still.
    Ich hatte damit gerechnet, Dagmar Hansen zu sehen, und ich sah sie auch. Nur anders, als ich sie mir vorgestellt hatte. Sie stand da als eine Person, die der Hintergrund aufgesaugt zu haben schien, bis auf eine bestimmte Eigenschaft.
    Etwas lag frei.
    Und das war das dritte Auge!
    ***
    Ja, irgendwie war alles klar für mich. Dagmar war wieder zu ihren Wurzeln zurückgekehrt. Das dritte Auge war lange verschüttet gewesen, jetzt hatte es sich zurückgemeldet. Und es leuchtete auf ihrer Stirn. Es war sein Platz, den wir kannten.
    »Verstehst du das, John?«
    »Noch nicht ganz.«
    »Ich muss sie fragen.«
    »Alles klar, Harry. Tu das.«
    »Aber ich will auch zu ihr. Ich will bei ihr sein, in ihrer Nähe.«
    »Kannst du auch versuchen.«
    »Meinst du, sie lässt mich?«
    »Es kommt auf einen Versuch an.«
    Er lachte und schüttelte den Kopf.
    »Ich traue mich nicht so recht. Vielleicht kannst du anfangen«, flüsterte er. »Sprich sie auf ihr drittes Auge an, das mir plötzlich suspekt ist.«
    »Ist gut, Harry.«
    Es hatte sich in der Umgebung einiges verändert. Mir kam es so vor, als hätten wir dabei die Grenze zwischen den Dimensionen überschritten, was gut möglich war.
    »Hallo, Dagmar«, sagte ich. »Du weißt, wer hier spricht? Hast du mich erkannt?«
    »Habe ich. Du bist John Sinclair.«
    »Wunderbar.« Ich nickte. »Und wir stehen uns jetzt gegenüber. Das weißt du auch.«
    »In der Tat.«
    »Aber wo bist du und wo bin ich?«
    »An der Grenze.«
    »Wunderbar. Aber an welcher?«
    »Es ist eine Zeitengrenze, John.«
    »Okay. Und dich hat man geholt. Wie ich hörte, ist es dieses Geschöpf gewesen, das nicht in unsere Welt gehört. Oder liege ich da völlig falsch?«
    »Nein, das liegst du nicht.«
    »Das ist gut, Dagmar. Wir wollen nur wissen, was du damit zu tun hast. Warum gerade du?«
    »Weil ich noch vorhanden bin.«
    »Ja, und weiter?«
    »Sie wollten mich holen.«
    »Ach, und wer ist das?«
    »Es waren die Drachensegler. So haben sie sie damals genannt. Vor langer Zeit. Sie haben nicht alle überlebt, aber einige von ihnen gibt es noch.«
    »Ja, das sahen wir. Und was wollten sie von dir?«
    »Man nahm mich mit in ihre Welt. Man wollte mich auf ihrer Seite haben.«
    »Und?«
    »Ich habe mich nicht geweigert. Ich war bei ihnen. Ich bin eingetaucht in die andere Zeit.«
    »Die grausam war?«
    »Ja. Es gab die Menschen noch nicht, wie sie heute sind. Es gab die Drachensegler, die sich recht einsam fühlten damals. Das wollten sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher