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183 - Die Stadt Gottes

183 - Die Stadt Gottes

Titel: 183 - Die Stadt Gottes
Autoren: Jo Zybell
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erobern, aber sie gerieten unter derart starkes Feuer, dass sie den Rückzug antraten. Auf dem Spielfeld blieben an die dreißig Menschen liegen. Wie Crow und Peterson später erfuhren, waren elf von ihnen tot.
    Die Rev’rends traten den Rückzug in ihr Hauptquartier an. Die Gefangenen – noch neunzehn Männer und Frauen – nahmen sie mit. Im Foyer wartete Rev’rend Sweat auf Crow. Bei ihm standen ein paar Bußwächter und zwei Gefangene, ein Mann und eine Frau. Der Mann trug einen Kopfverband, sein rechter Arm hing in einer Schlinge. Die Frau kannte Crow nicht, den Mann hielt er für Amoz Calypso, den Captain der Bunkerstreitkräfte. Er wusste ja nicht, dass Calypso einen Zwillingsbruder hatte.
    »Kennst du diese Frau, Arthur Crow?«, fragte Rev’rend Sweat.
    »Nie gesehen.«
    »Sie heißt Dr. Alexandra Cross und behauptet die Präsidentin des Bunkervolkes zu sein.«
    »Ach, wirklich?« Ein spöttisches Lächeln umspielte Crows schmale Lippen. »Meines Wissens heißt der Präsident dort unten Arthur Crow.« Die Frau blitzte ihn böse an. Sweat führte sie ab.
    Im Laufe der restlichen Nacht verwandelten die Rev’rends und ihre Bußwächter das Fordtheater in eine Festung. Crow und Peterson halfen dabei. Sie erfuhren, dass die Rev’rends die Schnapsbrennerei aufgegeben hatten. Sie erfuhren, dass Rev’rend Torture schwer verletzt war und mit dem Tode rang. Und sie erfuhren, dass zwei Gottesmänner bei den Kämpfen im Stadion ums Leben gekommen waren.
    Gegen Morgen nahm Rev’rend Rage den General zur Seite. »Ich habe nachgedacht, Arthur Crow«, sagte er.
    »Und ich glaube, ich weiß, auf welcher Position du dem HERRN in Zukunft am besten dienen kannst.«
    »Nämlich?«
    »Als Berater des Erzbischofs.«
    Auch Crow hatte nachgedacht. Deswegen schüttelte er energisch den Kopf. »Abgelehnt, Rev’rend Rage. Ich werde dem HERRN dienen, das ist sicher, aber einem unbußfertigen Sünder werde ich niemals dienen.«
    Rev’rend Rage runzelte die Stirn, und Crow fühlte sich, als säße er am Pokertisch und hätte soeben mit einem Pärchen auf der Hand den Einsatz verdreifacht.
    Himmel, wie er dieses Gefühl liebte! Wohltuende Kälte durchströmte sein Hirn.
    »Wie redest du über den Erzbischof?« Für seine Verhältnisse schlug Rev’rend Rage ungewöhnlich leise Töne an.
    »Ich verstehe Ihre Frage nicht, Rev’rend«, entgegnete Crow seelenruhig. »Ich bin jetzt ein Diener des HERRN, ich kann es mit meinem Gewissen nicht vereinbaren, für einen Mann zu arbeiten, dessen Unglaubwürdigkeit auf der Hand hegt. So einfach ist das. Wenn Sie Erzbischof wären, Rev’rend Rage – liebend gern würde ich die Aufgabe übernehmen. Denn Sie sind wahrhaftig ein Vorbild und eine Zierde der Stadt Gottes in den Augen des HERRN. Aber mit diesem Heuchler an der Spitze der Rev’rends wird sich die Stadt Gottes das Wohlgefallen des HERRN bald verscherzen.«
    Rev’rend Rages Augen wurden sehr schmal und seine Lippen sehr blass. Er drehte sich auf dem Absatz herum und ließ den General stehen.
    Später, als Crow sich in das kleine Zimmer zurückgezogen hatte, das man ihm und Peterson zugeteilt hatte, stand der General am Fenster und beobachtete das Treiben der Rev’rends und ihrer Bußwächter unten im Innenhof und draußen auf der Straße vor dem Hauptquartier. Fern im Osten über dem Atlantik schimmerte bereits der erste Silberstreif des neuen Tages.
    »Hören Sie zu, Sergeant«, sagte Arthur Crow. »Ich habe Ihnen schon lange keinen Befehl mehr erteilt.«
    »Das stimmt, Sir.« Peterson richtete sich auf.
    Verwundert betrachtete er den Rücken seines Chefs.
    »Jetzt erteile ich Ihnen zur Abwechslung mal wieder einen.«
    »Ich höre, Sir.«
    »Töten Sie Rev’rend Rage.«
    »Sir?!« Peterson sprang auf.
    »Töten Sie ihn, noch bevor die Sonne aufgeht.«
    »Ich verstehe wirklich nicht, Sir…«
    »Sie sollen nicht verstehen, Sergeant Peterson, Sie sollen gehorchen.«
    »Aber…«
    Crow fuhr herum. »Ist das wirklich so schwer zu begreifen?«, zischte er. Peterson fehlten die Worte. Die Männer sahen einander an und schwiegen. Zwei Atemzüge, drei Atemzüge lang. Schließlich seufzte Arthur Crow tief und sagte: »Ohne ein gewisses Risiko gewinnen wir hier nichts, Sergeant. Und wenn wir gewinnen – ich meine, wenn wir alles gewinnen – dann brauche ich einen neuen Adjutanten. Alles klar?«
    ***
    Der Rev’rend mit dem Rauschebart und den rötlich-schwarzen Drahtlocken füllte den Türrahmen aus. Er machte ein betrübtes Gesicht,
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