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182 - Im Dorf der Telepathen

182 - Im Dorf der Telepathen

Titel: 182 - Im Dorf der Telepathen
Autoren: Ronald M. Hahn
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und die grellen Farben nicht verschossen waren, fragte Matt sich schon lange nicht mehr: Heutzutage stieß man immer öfter auf perfekt erhaltene Artefakte aus der alten Zeit. Fanatische Sammler hatten sie luftdicht eingeschweißt.
    Sechzig Jahre nach der Eiszeit… In manchen Gegenden fing man gerade erst an, verschüttete Städte auszugraben und die in ihren Safes und Kellern verborgenen Schätze zu heben. Im Norden Europas hatte sich mit den Retrologen schon ein neuer Berufsstand etabliert.
    »Hast du den Rotzlöffeln heute Nacht den Hintern versohlt?« Der Brillenträger ließ sein Buch sinken.
    Matt zuckte die Achseln. »War nicht meine Absicht, Ärger zu machen. Musste mich halt wehren.«
    Der Bebrillte grunzte. »Dafür hab ich vollstes Verständnis. War schon lange mal fällig, obwohl die Jungs eigentlich nicht so sind.« Er stand auf und hielt Matt die Rechte hin. »Ich bin Doc. Willkommen am Ende der Welt.«
    Matt schüttelte dem Dunkelhäutigen die Hand und bewunderte dessen Zähne. »Wo ist dein Zuhause?«
    Doc deutete über seine Schulter. »Weit, weit im Osten. Ein Trümmerhaufen namens Sidnee. Kennst du dich da aus, mein Sohn?«
    »Weniger.« Matt musterte Doc genauer. Er war nur ein paar Jahre älter als er selbst; da konnte er es sich natürlich herausnehmen, ihn »mein Sohn« zu nennen.
    »Und wo kommst du her?« Doc deutete auf Matts Anzug. Er war nicht nur in diesen Breitengraden einmalig.
    »Riverside«, erwiderte Matt. Wenn Doc behauptete, aus Sydney zu stammen, bestand auch die Möglichkeit, dass er ein Techno-Abkömmling war. Er konnte lesen, und seine Aussprache war kein Genuschel, sondern relativ klar.
    »Texas oder Kalifornien?«
    »Kalif-« Matt zuckte zusammen. »Woher…?« Er war fassungslos.
    Doc deutete über die Schulter auf sein Haus, und Matt sah durch die offene Tür ein Regal voller Bücher. »Hab mal ‘n Buch über Texas gelesen. Da wurde erwähnt, dass es auch in Kalifornien ein Riverside gibt.« Doc grinste.
    Dann sagte er plötzlich: »Oh, mein Braten!« Er winkte Matt zu und verschwand im Haus.
    Matt ging weiter die Straße entlang. Docs Präsenz hatte ihn verwirrt. Er bemerkte erst, dass er am Ende des Dorfes angekommen war, als vor ihm eine rotbraune Felswand aufragte. Sie warf einen angenehmen Schatten, deswegen bog Matt ab und ging hinter den Häusern her.
    Auch hier sah er kleine Gehege und Verschläge, in denen Geflügel quakte und gackerte. Auf den Bäumen saßen grellbunte Papageien und rotbraune Tiere mit Facettenaugen, die ihn an Eichhörnchen erinnerten.
    Hinter den Häusern war es einsamer als auf der Straße. Als Matt aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahrnahm, zuckte er zusammen und blieb stehen.
    Irgendwo seitlich von ihm, in der wuchernden Wildnis zwischen zwei Häusern, erspähte er die von einem roten Band verzierte Stirn des Messerhelden.
    Dass der Junge auf Tauchstation ging, war positiv zu werten: Offenbar hatte er Respekt vor dem Fremden, der ihm seine Grenzen aufgezeigt hatte. Dass er hinter Matt her schlich, konnte aber auch bedeuten, dass er ein schlechter Verlierer war und auf eine Gelegenheit wartete, sich an ihm zu rächen.
    »Hör zu, Mann«, rief Matt so laut, dass der Bursche hinter dem Gestrüpp ihn hören konnte. »Ich hab doch gesagt, dass ich nicht auf Ärger aus bin. Also immer mit der Ruhe.«
    Hinter dem Gestrüpp rührte sich nichts. Dafür bewegte sich nun quietschend eine Tür in dem Haus an Matts rechter Seite. Bevor sie zugezogen wurde, sah Matt Roohans Kumpan Nasenring.
    Er fluchte leise. Die Typen waren wütend auf ihn. Was konnte daraus erwachsen? Er hatte keine Ahnung, warum sie so verdammt fremdenfeindlich waren.
    Vielleicht hatte er sie in der vergangenen Nacht blamiert, ihren Stolz verletzt. Jungs in diesem Alter waren manchmal sehr sensibel und furchtbar verletzlich…
    Was denk ich hier eigentlich?, dachte Matt. Die vergangenen sechs Jahre hatten ihn gelehrt, wie weit man in dieser barbarischen neuen Welt kam, wenn man jemandem den kleinen Finger reichte.
    »Hört zu!«, rief er, diesmal lauter. »Ich bin bereit, mit euch Frieden zu schließen, aber wenn euch Krieg lieber ist, kann ich euch auch…« Er tastete nach dem Kombacter, um mit einem Schuss auf einen Baum zu zeigen, wozu er in der Lage war.
    Doch die Tasche war leer.
    ***
    »Shit!«, fluchte Matt unbeherrscht. »Meine Kanone…«
    Die Halbstarken waren vergessen. Er machte auf dem Absatz kehrt und rannte dorthin, wo der Hügeleinschnitt zum Fluss führte. Nur
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