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182 - Im Dorf der Telepathen

182 - Im Dorf der Telepathen

Titel: 182 - Im Dorf der Telepathen
Autoren: Ronald M. Hahn
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aber wenn ihr ihn unbedingt haben wollt, könnt ihr ihn kriegen.«
    Roohan murmelte etwas. Der Messerheld schlug die Augen auf und funkelte Matt wütend an. »Wir sprechen uns noch.«
    »Für Gespräche bin ich immer zu haben« , erwiderte Matt. »Aber wenn du’s drauf anlegst, kann ich auch zuschlagen.« Er trat näher an die beiden Burschen heran.
    Schade, dass manche Menschen keine andere Sprache verstanden. In diesen barbarischen Zeiten kam man wirklich nur voran, wenn man gewissen Kerlen die Zähne zeigte.
    Roohan half seinem Gefährten auf die Beine. Er wirkte ernüchtert, als hätte er etwas gelernt. »Komm, lass uns abhauen.« Er stützte seinen Freund, dessen Gesicht noch immer von Wut verzerrt war. Die beiden verschwanden im Dunkeln. Man hörte sie noch eine Weile miteinander flüstern, dann verschluckte sie die Nacht.
    Matt stand im Mondlicht und wurde das Gefühl nicht los, dass er sich Feinde gemacht hatte. Für seinen ersten Tag an einem fremden Ort war das kein optimaler Start…
    ***
    Das Gekreisch von Vögeln weckte Matt kurz vor Sonnenaufgang. Er fühlte sich alles andere als ausgeschlafen: Sein Kopf tat weh und pulsierte. Als er ihn vorsichtig abtastete, fand er eine Beule. Er berührte sie und stöhnte vor Schmerz. Gestern hatte er vermutlich unter Schock gestanden.
    Der Teufel mochte wissen, gegen welchen Stein er im Fluss gestoßen war. Er konnte von Glück sagen, dass er während der Besinnungslosigkeit nicht ertrunken war, sondern sich instinktiv an den Rucksack geklammert hatte.
    Matt rief nach Lylah, aber sie war auch diesmal nicht im Haus. Er stand auf und ging zum Brunnen, um sich stadtfein zu machen. Als er mit freiem Oberkörper in der Landschaft stand und sich mit Wasser benetzte, öffneten sich hier und da Fenster, doch es zeigte sich niemand.
    Nachdem Matt sich angezogen hatte, kehrte er mit einer Blechtasse voll Brunnenwasser ins Haus zurück.
    Ihm war nach einem Frühstück zumute, doch er wollte nicht unerlaubt an Lylahs Vorräte gehen. Also machte er sich hungrig auf, die Ortschaft zu erkunden.
    Inzwischen war die Sonne aufgegangen.
    Da und dort hatte man Türen und Fenster geöffnet.
    Vereinzelte Gestalten fegten Sand und Staub auf die Straße. Dass es in dem ehemaligen Diamantensuchernest auch Handwerksbetriebe gab, wertete Matt als positive Entwicklung; es bewies, dass die Zivilisation auch in diesem abgelegenen Landstrich auf dem Vormarsch war: In einer offen einsehbaren Werkstatt bauten zwei junge Schreiner Kisten. Zwei Häuser weiter schlug ein bulliger Schnauzbart mit einem Hammer auf ein weiß glühendes Stück Eisen ein. Es sah so aus, als wolle er es in Kürze in ein Schwert verwandeln.
    In einem Gehege melkten schokoladenbraune Frauen mit krausem Haar mutierte Schiips, und aus einem Raum des nächsten Hauses drang der Duft frisch gebackenen Maisbrotes auf die Straße. Zwei kleine Bälger, ein Mädchen und ein Junge, die auf dem Zaun eines Malala-Korrals saßen, streckten Matt die Zunge heraus und schrien: »Ihhh, ein Bleichling!«
    Matt zeigte ihnen ebenfalls die Zunge, woraufhin sie kreischend vom Zaun sprangen und »Mama! Mama!« rufend im Haus verschwanden. Ihre Mutter schaute aus dem Fenster und erspähte Matt.
    »Was sie dir auch über mich erzählen«, sagte Matt, »ich habe nicht versucht, sie zu fressen!«
    Die junge Frau lachte. »Ich weiß.« Sie wirkte verlegen, doch ihr Blick besagte, dass er ihr gefiel. »Sie haben Angst vor den Weißen, weil die Männer hier immer so schreckliche Dinge über sie erzählen.«
    »Bei mir zu Hause hat man sich früher auch immer furchtbare Geschichten über die Schwarzen erzählt.«
    Matt zwinkerte ihr zu.
    »Hat mir gefallen, was du gestern mit Roohan und seinen Kumpanen gemacht hast«, sagte die Frau – nun etwas leiser – und schaute sich vorsichtig um. »Und ich kenn noch ein paar andere, denen es auch gefallen hat.«
    Sie erwiderte sein Zwinkern und trat zurück, um sich um die Kinder zu kümmern.
    Matt ging weiter. Vor einem anderen Haus saß ein Mann in den Dreißigern in einem Schaukelstuhl. Er war muskulös und trug einen Lendenschurz. Die schmale sechseckige Brille auf seinem Nasenrücken verlieh ihm ein irgendwie gelehrtes Aussehen. Das Buch in seinen Händen machte den Eindruck aber zunichte: Auf dem Umschlag würgte ein Skelett eine vollbusige, nur mit einem Slip bekleidete Frau.
    Der Schmöker musste über fünf Jahrhunderte alt sein.
    Wieso sich das Papier noch nicht in seine Bestandteile aufgelöst hatte
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