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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition)
Autoren: Ludwig Rellstab
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nicht bestimmten. Mit der Verbannung Napoleons nach St. Helena glaubte die damalige Jugend das Schicksal des Kaisers noch keineswegs erfüllt; sie erwartete, ja erhoffte neuen Krieg, und dieses Phantom gab bei der Berufswahl Rellstabs den Ausschlag.
    Die Enttäuschung blieb natürlich nicht aus. Die militärische Wissenschaft erforderte nicht weniger Fleiß als die Aufgaben des Gymnasiums und war weit schwerer zu bewältigen, als sich der Schüler vorgestellt hatte. Dennoch behauptete er sich; noch vor Beginn seines siebzehnten Jahres leistete er seinen Eid als königlicher Artillerist und trat in die Brigade des Oberstleutnants von Bardeleben. Von der reitenden Artillerie versetzte man ihn aber sofort zur Garde-Fußartillerie, weil er ein unmöglicher Reiter war, und der tägliche Kasernendienst war alles eher denn eine Verwirklichung jugendlicher Heldenträume. Der Verkehr mit den neuen Lebensgenossen gestaltete sich auch zunächst wenig erfreulich. Die gleichalterigen waren ihm zu ungebildet, und die ältern, die es mit den wissenschaftlichen Ansprüchen eines Sekundaners aufnehmen konnten, hielten sich zurück. Es bedeutete daher für ihn ein Glück, daß er nach einiger Zeit als Lehrer der Mathematik, der deutschen Sprache und Geschichte zur Brigadeschule kommandiert wurde, und hier blieb er auch, nachdem er am 18. August 1818 Offizier geworden war. Dennoch reifte schon nach wenigen Jahren in ihm der Entschluß, dem militärischen Beruf zu entsagen.
    In dieser ersten Zeit entmutigender Isolierung hatte er sich wieder dem zugewandt, was seine Jugend erfüllt hatte, und seine innersten Interessen hatten Zeit gehabt, sich zu entwickeln. Die Bekanntschaft mit dem Komponisten Ludwig Berger veranlaßte ihn zur Wiederaufnahme seiner musikalischen Studien. Die Freundschaft mit Berger und einem andern Komponisten, Bernhard Klein, führte zum Entwurf gemeinsamer Arbeiten; ein erster Operntext, »Orestes«, wurde für Berger gedichtet, ein zweiter, »Dido«, von Bernhard Klein komponiert. Erste Lieder entstanden und wurden in Musik gesetzt. Man begründete eine neue Liedertafel, die sich neben der alten Zelterschen ehrenvoll behauptete und viele wissenschaftlich interessierten Männer zu ihren Teilnehmern zählte. Sogar E. T. A. Hoffmann zeigte sich in diesem Kreise, und die Bekanntschaft mit ihm führte dann weiter zu einem angeregten literarisch-künstlerischen Verkehr. Selbst das Studium des Lateinischen wurde wieder aufgenommen. Mit Freunden, die sich jetzt auch aus der militärischen Umgebung hinzugefunden hatten, wurden philosophische Übungen und literarische Leseabende veranstaltet, und der spätere Musikkritiker versuchte sich gelegentlich als Gesanglehrer. Die Freundschaft mit Berger und Klein gab seiner ganzen literarischen Entwicklung die entscheidende Richtung nach der musikalischen Seite hin, und 1821 hatten diese Bestrebungen so fest in ihm Wurzel gefaßt, daß sich ein anderer Lebensplan in ihm festsetzte. Materielle Rücksichten beschränkten ihn nicht. Auch seine Mutter war 1820 gestorben, und das elterliche Vermögen sicherte den Kindern, Ludwig und drei Schwestern, ihre Selbständigkeit. Am 1. Mai 1821 nahm er seine Entlassung und begab sich zunächst nach Frankfurt a. O., wo sich Ludwig Berger zeitweilig aufhielt und andere intime Freunde wohnten. Sein Plan war, sich durch privates Studium für die Universität vorzubereiten und nach abgelegtem Examen als Lehrer der Ästhetik an der Berliner Universität zu habilitieren. Am meisten hoffte er aus dem persönlichen Verkehr mit den Männern zu lernen, die damals die Gipfel der deutschen Literatur bedeuteten, Tieck, Jean Paul und Goethe, und ihre Wohnorte Dresden, Bayreuth und Weimar setzte er als die wichtigsten Bildungsstätten in das Programm seiner nächsten akademischen Jahre.
    Die Zeit in Frankfurt gehörte zu den schönsten Epochen seines Lebens. Er war jung, frei, hatte für die Notdurft des Lebens nicht zu sorgen und sah eine lockende Zukunft vor sich, die zwar erst nur aus guten Vorsätzen und kühnen Plänen bestand. Einer dieser Pläne wurde hier in Frankfurt emsig vorbereitet; er machte Studien zu einem Trauerspiel, das Karl den Kühnen zum Vorwurf hatte. Im übrigen suchte er mit Hilfe der dortigen Gymnasialbibliothek seine Schulkenntnisse zu erweitern und die übrige Zeit ging auf in der Pflege der Musik und Poesie. An die kleine Stadt fesselten ihn aber auch zartere Bande; hier lebte eine junge Witwe, die er schon schwärmerisch verehrt
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