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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition)
Autoren: Ludwig Rellstab
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hatte, als sie noch unverheiratet war, eine Generalin von Zielinski; sie war der eigentliche Magnet, der ihn jetzt und auch später noch mehrfach dorthin zog. Ein gemeinsames, durch alle guten Genien der Poesie und Musik verschöntes Dasein verband sie, ohne daß die gegenseitige Neigung eine endgültige Entscheidung herbeigeführt hätte. Er stand ja erst am Beginn seiner Entwicklung, die den ganzen ungeteilten Menschen erforderte; das war ihnen beiden völlig bewußt und so überwanden sie. Aber in diesen Sommermonaten erwuchs ein ganzer Frühling von ersten Liedern und Gedichten, wobei Schiller des jungen Poeten Leitstern war; Schiller hat auf Rellstabs jugendliche Dichtungen den stärksten Einfluß geübt.
    Seine Oper »Dido« hatte Rellstab dem verehrten Meister Jean Paul zugesandt und zugleich seinen Besuch angekündigt; unter dem 11 Juni 1821 antwortete ihm der Dichter in überaus liebenswürdiger Weise, und nun duldete es Rellstab in Frankfurt nicht mehr lange. Ende Juli begann er seine Weltreise wie ein fahrender Schüler. Zunächst wandte er sich nach Dresden um Karl Maria von Weber und Ludwig Tieck aufzusuchen. Den erstern kannte er ja schon flüchtig und er hatte keinen größern Wunsch, als für den Komponisten der »Euryanthe« ebenfalls eine Oper zu dichten. An der Hand dieses Meisters hoffte er der deutschen Oper ganz neue Wege zu bahnen. Sein jugendlicher Enthusiasmus verschaffte ihm denn auch bei Weber den besten Empfang, und zahlreiche gemeinsame Pläne wurden hin und her erwogen; der frühe Tod des Komponisten vereitelte sie alle. Auf die Textgestaltung der »Euryanthe«, mit deren Komposition Weber gerade beschäftigt war, haben aber die Ratschläge des Dichters der »Dido« einigen Einfluß ausgeübt. Auch Tieck nahm seinen Landsmann freundlich auf und gab ihm eine wertvolle Empfehlung an Jean Paul mit auf den Weg. Dann verlebte Rellstab in Teplitz mit seinen dort weilenden drei Schwestern einige Sommerwochen voll glücklichster Eindrücke, die so dauernd in ihm haften blieben, daß jene Landschaft in mehreren seiner Novellen wieder auftaucht, so auch in dem Roman »1812«. Über Franzensbad reiste er dann weiter nach Wunsiedel im Fichtelgebirge, dem Geburtsort Jean Pauls, und von hier zu Fuß nach Bayreuth, wo der Meister wohnte. Am 23. August 1821 langte er hier an, durchstreifte die Umgebung, deren bescheidene Wirklichkeit hinter dem Glanz, mit dem Jean Pauls Dichtungen sie umgeben hatten, weit zurückblieb, und wurde im Hause des Legationsrats Richter auf das freundlichste willkommen geheißen. Die Operndichtung »Dido« zeichnete Jean Paul mit dem Vermerk »Sub Apollinis auspiciis« aus, und auch seine ersten lyrischen Gedichte bedachte er mit manchem Lobe. Sogar in dem Häuschen der Frau Rollwenzel in der Eremitage, wo Jean Paul vormittags zu arbeiten pflegte, wurde der Fremdling vom Dichter selbst eingeführt.
    Der Zweck des Bayreuther Aufenthalts hatte sich für den angehenden Schriftsteller also voll erfüllt, und er wandte sich nun nach Weimar. Am 3. September 1821, dem Geburtstag des Großherzogs Karl August, langte er dort an. Goethe war aber in Karlsbad und kehrte erst Anfang November nach Weimar zurück. Rellstab beschloß daher seine Übersiedlung nach Heidelberg aufzuschieben und sich in der weimarischen Residenz für den Winter häuslich einzurichten. Er setzte hier seine Privatstudien fort, nahm lateinische Stunden und trieb ausgedehnte Lektüre. Daneben pflegte er nach wie vor die Musik und gab hier und da Gesangunterricht. Außerdem begann und vollendete er hier sein erstes Trauerspiel »Karl der Kühne«. Ein Brief Zelters führte ihn in das Haus des Musikdirektors Eberwein ein und ebenso in das Goethesche Haus wo er durch seine Musikkenntnis bei der Goetheschen Familie beste Aufnahme fand. Er machte die Bekanntschaft des Komponisten Hummel, verkehrte mit der Schriftstellerin Johanna Schopenhauer, deren Empfehlung die Annahme seines Trauerspiels bei dem Dresdener Intendanten von Könneritz zur Folge hatte, und wurde auch in die Theaterkreise eingeführt. In einer Beziehung aber erlebte er eine arge Enttäuschung: Goethe selbst nahm ihn ziemlich kühl auf, und obgleich er durch die Gunst der Schwiegertochter des Dichters und durch Zelters Empfehlung zu manchen Gesellschaften zugezogen, auch von Goethe mancher Ansprache gewürdigt wurde, kam doch kein vertrauteres Verhältnis und kein intimeres Gespräch zustande, das dem jungen Menschen ein tieferes Erlebnis gewesen wäre.
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