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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition)
Autoren: Ludwig Rellstab
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schildernder Zauberkraft und hat mich unvergeßlich durch mein ganzes Leben begleitet.«
    Das ereignisvolle Jahr 1806 brachte dem Knaben aber noch eine besondere Freude, er erhielt einen lieben Spielgefährten in seinemVetter Wilhelm Häring, der mit seiner verwitweten Mutter nach der Belagerung Breslaus von dort nach Berlin in das Rellstabsche Haus übersiedelte. Von da an verknüpft sich die Jugendgeschichte Rellstabs eng mit der seines Vetters, des unter dem Namen Wilibald Alexis bekannten Schriftstellers. Besonders die gemeinsam verlebten Sommerwochen im Tiergarten, im »musikalischen Tollhaus«, wie die Umwohner einen bestimmten Gebäudekomplex mit musikalischen Einwohnern nannten, brachten beiden unverlöschliche Eindrücke.
    Während dieser Ereignisse war Ludwig Rellstab so weit herangewachsen, daß er das Joachimsthalsche Gymnasium besuchen konnte. Damit begann für ihn eine neue, nur schlimmere Epoche von Schülerleiden und Lehrererfahrungen. Moderne Sprachen lernte er leicht, da ihn hierbei die häusliche Vorbildung seitens der Mutter gut unterstützte. Im Lateinischen aber ging es um so schlechter, sein »grammatischer Stumpfsinn«, wie er sich selbst ausdrückte, machte ihm sogar die theoretische Beherrschung seiner Muttersprache schwer, und sein sonst glänzendes Gedächtnis ließ ihn beim Rechnen völlig im Stich. Dazu war er kurzsichtig, was ihn in der Schule allenthalben behinderte, und er hatte eine Handschrift, die er mit Recht eine »Seltenheit der Entartung« nannte. Durch alles dies verbrachte Rellstab seine Schuljahre fast durchweg in einem Zustand der Entmutigung, Beschämung, ja des Lebensüberdrusses. Daß er durch seine Musikkenntnis seine Schulkameraden, allerdings auch mit einer Ausnahme, weit überragte und daher als williger Unterhalter, der nicht nur vom Blatt zu spielen, sondern auch auf dem Klavier frei zu phantasieren wußte, in jedem Hause gern gesehen war, gewährte ihm dann doch einige Stunden fröhlicher Erleichterung trotz der Qual, die ihm auch dieser unerbittlich durchgeführte Unterricht dauernd bereitete. Außerdem zeichnete sich Rellstab nur als Vorleser in der Klasse aus; diese Gabe hat ihm das erste Lob auf dem Gymnasium eingetragen; er dankte sie seiner Mutter, die das Talent des jungen Ludwig früh gepflegt hatte und auch sonst bestrebt war, seinen poetischen Sinn zu wecken.
    Ostern 1810 ging er auf das Werdersche Gymnasium in Berlin über, mit den besten Vorsätzen zwar, ohne aber auch hier mehr als ein erträglicher Schüler zu werden. In allem, was allein geistige Fassungskraft voraussetzte, stand er, von seinem Gedächtnis unterstützt, seinen Mann. Fleiß konnte er sich aber auch jetzt nicht abgewinnen. Seine natürliche Begabung gewann ihm dennoch das Interesse seiner Lehrer, von denen er jetzt einige freundliche Eindrücke erhielt; die Namen eines Bernhardi, Spillecke, Zumpt nannte er später mit warmer Verehrung; teuer wurde ihm der berühmte Herodotübersetzer Lange, der ihn durch seine Verherrlichung des Altertums begeisterte und Vorstellungen in seine Seele senkte, die für den zukünftigen Dichter fruchtbar waren und zu denen Rellstab noch in seinem Alter immer mit pietätvoller Freude zurückkehrte. Der Schriftsteller begann sich in diesen Jahren schon zu regen. Im deutschen Aufsatz erwies sich Rellstab als einer der Besten. Außerdem pflegte er noch ein Fach mit besonderm Nachdruck, die Mathematik, und zwar die Geometrie, denn schon damals war es für ihn beschlossene Sache, daß er sich dem Soldatenstand widmen werde. Sein völliges Versagen in den alten Sprachen ließ den Gedanken, weiter zu studieren, gar nicht mehr aufkommen. Soldaten aber verlangte der Krieg; daß der Friede zu Tilsit nur ein trügerischer war und sein durfte, darin waren sich alle Preußen, auch in jener Zeit der Erniedrigung, einig. Kein Gedanke konnte daher für ein phantastisches Kind hinreißender sein als die Hoffnung, an der Wiederherstellung der preußischen Waffenehre dereinst mithelfen zu dürfen.
    Noch lastete aber der Friede schwerer fast als der Krieg auf dem deutschen Leben. Das väterliche Geschäft war zerrüttet, die Einkünfte eines stattlichen Vermögens waren nur teilweise beizutreiben, und der Vater begann sich in dieser Verlegenheit als Schriftsteller zu betätigen. Er wurde Musikreferent der »Vossischen Zeitung«, also der Vorgänger seines eigenen Sohnes. Den Musikunterricht des letztern hatte er jetzt aufgegeben, voll Überdruß über das seinen Hoffnungen
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